An Jesu Wort Maß nehmen

Für alle, die unter der Agonie der Kirche leiden und die ihre Hoffnung auf ein Wiedererstarken noch nicht aufgegeben haben, ist dieses kleine Buch höchst lesenswert. Der Würzburger Hochschulpfarrer Burkhard Hose konfrontiert das Erscheinungsbild der Kirche mit Worten und Taten Jesu. Diese sind den verantwortlichen Kirchenführern wohlbekannt und werden häufig zitiert – aber sie handeln nicht danach. Lieber verwaltet die Kirchenleitung das kontrollierte Schrumpfen, als sich unkontrolliertem Wachstum auszusetzen. Sie sollte stattdessen lernen, eher „in den Fragen zu leben, statt Antworten zu geben.“ Statt zu verurteilen und zu exkommunizieren, sollten „neue Visionen“ gewagt und realisiert werden. So schlägt der Autor vor, das Abendmahl für alle zu öffnen, die daran teilnehmen wollen. Nach einem Jahr könnte man dann fragen: Ging dadurch etwas verloren, oder hat die Eucharistie an Kraft gewonnen?

Ein besonders kritischer Punkt ist die Ausübung von Macht. Sie sollte andere Menschen nicht kleiner, sondern groß machen, ja größer werden lassen. Macht aufgrund biologischer Merkmale zu übertragen (nur Männer dürfen Priester sein), erscheint absurd. Das hierarchische Prinzip bisheriger Kirchenstruktur wurde von vielen als „Distanz und Unnahbarkeit, Befehl und Gehorsam, Willkür und Intransparenz, oben und unten, Herrschaftswissen bei gleichzeitig fehlender Kompetenz“ erfahren. Hierarchie, die „heilige Herrschaft“, war (und ist) viel zu oft alles andere als „heilig“. Das Zweiklassensystem – „Geweihte“ gegenüber „Laien“ – erzeugt klerikales Dominanzgehabe. Eine Form von Machtverzicht wäre es, Weiheämter nicht auf „ewig“, sondern auf Zeit zu vergeben. Auch sollten leitende Funktionen nicht aufgrund einer „Weihevollmacht“ übertragen werden, sondern aufgrund psychischer, emotionaler und intellektueller Eignung.

Burkhard Hose setzt auf eine Kirche, in der „jesuanische Kraft“ lebendig und wirksam ist. Auf eine „verkehrte Kirche“, die „sich berühren lässt von den Leiden der Menschen, die in der Kirche zu Opfern gemacht wurden“. Die „alles daran setzt, mit anderen Bündnisse zu schmieden, damit Menschen endlich als Menschen mit der gleichen Würde gesehen und anerkannt werden“. Die „Menschen zutraut, dass sie selbst ihre Wahrheit entdecken“.

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Hose, Burkhard

Warum wir aufhören sollten, die Kirche zu rettenFür eine neue Vision von Christsein

(Vier-Türme-Verlag, Münsterschwarzach 2019, 159 S., 18 €)

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