Ein Schreiben der römischen Bildungskongregation über Geschlechterrollen und sexuelle Identitäten hat eine internationale Debatte ausgelöst. Das Dokument „Als Mann und Frau schuf er sie. Für einen Weg des Dialogs zur Genderfrage in der Bildung“, das am Pfingstmontag veröffentlicht wurde, richtet sich gegen die Vorstellung, Geschlechterrollen seien frei wählbar. „Hinter dem allgemeinen Anliegen, Diskriminierung vermeiden zu wollen, versteckt sich oft eine Ideologie, die jeden Unterschied zwischen Mann und Frau und ihr natürliches Aufeinander-Bezogensein leugnet“, heißt es darin. Dadurch würden die „anthropologischen Fundamente der Familie“ ausgehöhlt. Zugleich betonen die Autoren, dass „jede Person in ihrer Eigenheit und Unterschiedlichkeit respektiert werden“ müsse.
Die Bildungskongregation teilte mit, das Papier sei eine Reaktion auf entsprechende Anfragen aus kirchlichen Bildungseinrichtungen. Präfekt Kardinal Giuseppe Versaldi sagte dem Vatikanportal „Vatican News“, man müsse zwei Extreme vermeiden: „einerseits, zuzulassen, dass diese immer weiter vordringende Ideologie, die sich als wissenschaftlicher Fortschritt tarnt, auch unsere Institutionen durchzieht, oder, auf der anderen Seite, sich in einer Verteidigungshaltung zu verschanzen, die diejenigen ausschließt, die anders denken, obwohl doch unsere Schulen offen für den Dialog sind“.
Theologen wiesen das Vatikanpapier als veraltet zurück. Der Wiener Theologe Gerhard Marschütz kritisierte gegenüber „Kathpress“, der Text zitiere „nur kirchliche Positionen“ und verfehle so einen „Weg des Dialogs“. Der Theologe Paul Zulehner schrieb in einem Blogeintrag, der Vatikan huldige „leider einem ,Panikfamilialismus‘“.
Lucas Wiegelmann