Singen in einem der berühmtesten Knabenchöre der Welt, lernen in einer großartigen Schule und leben in einer einzigartigen Atmosphäre“, so wirbt die Homepage für die Regensburger Domspatzen. Und tatsächlich: Der Chor kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Sie reicht bis in das Jahr 975 zurück, als Bischof Wolfgang von Regensburg für die Klerikerausbildung eine Domschule gründete. Aufgabe der theologisch, liturgisch und musikalisch geschulten Jungen war es von Anfang an, die Messen und das Chorgebet im Dom mitzugestalten. Mitte des 19. Jahrhunderts führte Domkapellmeister Joseph Schrems den Chor zu einer ersten Blüte. Weltberühmtheit erlangten die Domspatzen dann aber vor allem unter Theobald Schrems, der den Chor von 1924 bis 1963 leitete. Doch es gibt auch dunkle Kapitel in der Geschichte der Domspatzen. 2010 etwa wurden zahlreiche Fälle von körperlichem und sexuellem Missbrauch bekannt: Seit 1945 haben laut dem 2017 erschienenen Untersuchungsbericht 500 Jungen Gewalt erlitten, 67 sexuellen Missbrauch. Die Vorfälle ereigneten sich demnach vor allem an der Domspatzen-Vorschule in Ettershausen und Pielenhofen, doch auch im Gymnasium, im Internat und im Chor.
„Das ist etwas, was aus der Geschichte der Domspatzen leider nicht mehr wegzudenken ist“, sagt Christian Heiß mit Bedauern. Der 52-Jährige tritt im September die Nachfolge von Roland Büchner an, dem derzeitigen Domkapellmeister und Leiter der Regensburger Domspatzen. Heiß, der selbst bei den Domspatzen war, sind aus seiner Schulzeit allerdings keine sexuellen Übergriffe bekannt, darüber sei man sich auch bei Klassentreffen einig. Ebenso wenig habe er mitbekommen, dass Schüler systematisch verprügelt worden wären, so Heiß. Höchstens in der Anfangszeit habe es „die ein oder andere Watschen“ gegeben, doch vor allem in der Mittel- und Oberstufe sei es „höchst liberal“ zugegangen. „Der damalige Internatsdirektor, ein Geistlicher, ließ uns alle Freiheiten, die wir brauchten. Wir hatten wahrscheinlich mehr Freiheit als im Elternhaus“, ist er überzeugt. Er hat seine Domspatzenzeit in bester Erinnerung: die Schule, die Gemeinschaft, das geistliche Musizieren. Und das ist es auch, was er seinen zukünftigen Chorknaben mit auf den Weg geben möchte. „Es geht mir darum, dass ein Bub, der zu uns kommt, eine Gesamtpersönlichkeit wird, die dadurch geprägt ist, dass sie viel mit Musik zu tun hat und als gebildeter Mensch den Dingen, die im Leben auf einen zukommen, gewachsen ist.“ Das Singen hat dabei für Heiß eine besondere Bedeutung. „Häufig wird die kognitive, also die Seite des reinen Lernens und Einpaukens in unserer Zeit sehr überbetont“, sagte er einmal. Das Singen biete dazu ein Gegengewicht, weil es das Gefühl anspricht. Heiß nennt diese Art von Bildung „Herzensbildung“. Er selbst hat seine Heimat, auch seine geistliche, über die Musik erfahren. In ihr sieht Heiß „eine der Formen schlechthin“, Menschen vom Glauben zu erzählen. Denn die geistliche Musik sei im Glaubensleben eine große Hilfe. „Sie begleitet durchs Leben, egal ob es Lobgesang, ob es Trauer oder Klage ist“. In diesem Sinne erkennt er in der geistlichen Musik auch eine große pastorale Chance. Der studierte Kirchenmusiker hat selbst zahlreiche geistliche Werke komponiert, darunter „Cantate domino“ (2018), „Ave verum corpus“ (2014) und die „Missa pro pace“ (2012). 2011 vertonte er im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz den Primizspruch von Papst
In diesem Sinne erkennt er in der geistlichen Musik auch eine große pastorale Chance. Der studierte Kirchenmusiker hat selbst zahlreiche geistliche Werke komponiert, darunter „Cantate domino“ (2018), „Ave verum corpus“ (2014) und die „Missa pro pace“ (2012). 2011 vertonte er im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz den Primizspruch von Papst Benedikt XVI. „Non quia dominamur“ aus dem zweiten Brief an die Korinther (Nicht Herren eures Glaubens sind wir, sondern Diener eurer Freude) anlässlich von dessen Deutschlandbesuch. Heiß, der auch in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne Klavier und Orgel spielt, freut sich sehr auf die Arbeit mit den Domspatzen. „Die Chance, täglich mit einem Chor zu proben, ist einmalig“, sagt er begeistert.