Früchte der AchtsamkeitDie Gedichte der Kaiserin

Schön ist nach japanischer Tradition, was die Unbeständigkeit der Dinge und die Selbstkultivierung des Menschen zum Gegenstand hat. Eine Auswahl von Gedichten der Kaiserin Michiko ist jetzt auf Deutsch erschienen.

Schön ist nach japanischer Tradition nicht, was als formvollendet und unverfügbar erscheint – sondern im Gegenteil das, was die Unbeständigkeit der Dinge und die Selbstkultivierung des Menschen zum Gegenstand hat. Es ist die älteste Weisheit der Natur: Nach dem Urknall wurde mit dem Abkühlen des Universums dessen Gleichmaß gebrochen. Aus einer einmaligen Einheitlichkeit ist es sofort in die harmonische Vielfalt dynamischer Bezüge übergegangen. In den sogenannten Wegkünsten – etwa in der Literatur – kann der Mensch wiederum dieses Prinzip spiegeln und so sein eigenes Geheimnis ergründen.

Diesen Weg ist Kaiserin Michiko, die Ehefrau des amtierenden Tenno Akihito, gegangen. Darauf deutet die vorliegende Auswahl von fünfzig Gedichten aus ihrer Feder hin, die sie im Zeitraum mehrerer Jahrzehnte verfasst hat. Die Kaiserin folgt einer bestimmten Form japanischer Lyrik, die in der Regel einstrophige Kurzgedichte mit jeweils fünf Versen hervorbringt und insgesamt aus 31 Silben besteht.

Es sind beseelte Worte, die den Leser erwarten: Sie handeln von Naturerfahrungen und Familienerinnerungen, von privaten und öffentlichen Ereignissen, von Festtagen und Katastrophen. Immer sprechen sie die Sprache des Mitgefühls und der Gelassenheit, zeugen sie von religiöser Tiefe und geistiger Weite, suchen sie das Edle im Unscheinbaren ohne den geringsten süßlichen Beiklang.

Jede Übersetzung ins Deutsche hat eine Kalligrafie des Kunstexperten beim Kaiserlichen Hofamt, Hakko Ishitobi, an ihrer Seite. Ein Vorwort des Verlegers Manuel Herder, in dem er das vorliegende Buch als „einen gewichtigen Höhepunkt“ in der Geschichte seines Hauses bezeichnet, sowie ein ausführliches Nachwort des Literaturwissenschaftlers Toru Haga, welches das literarische Schaffen und die Bildungsbiografie der Kaiserin würdigt, bieten viel Hintergrundwissen. Ein Anhang, der nochmals alle Gedichte im Original – sowohl in japanischen Schriftzeichen als auch in lateinischen Buchstaben – übersichtlich versammelt, rundet dieses liebevoll gestaltete Buch ab, dessen einnehmende Warmherzigkeit zum Innehalten einlädt.

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