Mit den Händen sprechenGesten und Gebärden für Krippenkinder

Mithilfe von Gebärden können sich Babys und Kleinkinder schon vor dem Sprechen differenziert mitteilen. Wie dies gelingt und worauf es dabei ankommt, klärt der folgende Beitrag.

Mit den Händen sprechen
© Wiebke Gericke

Vorab eine Stimme aus der Praxis von Kindheitspädagogin Eva Michaelsen: „Ich gehörte zu den großen Kritikerinnen der Zeichensprache für gesunde, normal entwickelte Babys. ,So ein überflüssiger Quatsch', dachte ich – bis ich selbst Mutter wurde und das Ganze einfach mal mit den Gebärden AN und AUS ausprobierte. Im Alter von neun Monaten schaute mich mein Sohn sehr intensiv an, öffnete und schloss seine Hand zweimal. Anfangs dachte ich: ‚Juhu, er winkt!‘ Bis ich dann den Zusammenhang entdeckte, dass wir kurz vor der Bewegung seiner Hand das Licht ein- und ausgeschaltet hatten. Er zeigte mir also seine erste Gebärde für ‚Licht an und aus‘. Mittlerweile schäme ich mich für meine damalige Ansicht. Diese Art, mit Kindern zu kommunizieren, wird auch mein zukünftiges pädagogisches Handeln um so viele Facetten erweitern.“

Wie sich Sprache entwickelt

Die kindliche Sprachentwicklung beginnt schon lange, bevor ein Kind die ersten Worte sprechen kann. Die Fähigkeit zu hören, die Umgebungssprache langsam zu verstehen und aktiv mit anderen Menschen zu kommunizieren, entwickeln Babys bereits in ihrem ersten Lebensjahr. In dieser Zeit vermitteln die Bezugspersonen dem Kind Wertschätzung, indem sie ihm signalisieren: „Es ist mir wichtig, was du brauchst und versuchst, mir mitzuteilen.“ Das Kind spürt diese feinfühlige Zuwendung und entwickelt zunehmend Freude an erster Kommunikation: Mit Gesten, Blicken, Handbewegungen, Lauten und über erste Sprechversuche versuchen die Jüngsten, sich verständlich zu machen. Was tun die Erwachsenen in dieser Zeit? Sie beginnen, dem Kind die Umgebung zu benennen, z. B. „Ball“ oder „Auto“, damit es die passenden Worte hört und im Laufe seiner Entwicklung selbst beginnt, diese zu sprechen. Der kindliche Spracherwerb ist ein natürlicher Prozess, der im täglichen Miteinander nebenbei passiert. Auf lange Sicht gesehen, ist die gelungene Kommunikation mit dem Kleinkind von großer Wichtigkeit für die Freude im alltäglichen Miteinander.

Gebärden sinnvoll einsetzen

Gebärden mit Babys und Kleinkindern sind bewusst ausgewählte Handbewegungen, die identisch mit Gebärden aus der Deutschen Gebärdensprache sind. Sie dienen dem Kind als Brücke zum Sprechenlernen. Wenn die Bezugspersonen dem Kind in der frühen Phase des Spracherwerbs Gebärden zeigen, so stellen diese keinen Ersatz der gesprochenen Worte dar. Stattdessen nutzen die Erwachsenen Gebärden zusätzlich als visuelle Erweiterung, um ein Wort sichtbar darzustellen. Eine Gebärde ergänzt dabei nur einzelne Schlüsselworte und betont auf diese Weise eine Aussage, z. B.: „Siehst du die Kuh?“ Es ist selbstverständlich auch möglich, sich Gesten individuell auszudenken.
Mit Krippenkindern zu gebärden, eignet sich für pädagogische Fachkräfte, die bereit sind, das eigene kommunikative Angebot an die zu betreuenden Kinder zu erweitern. Zunächst einmal überprüft die Fachkraft typische Situationen ihres pädagogischen Alltags und sucht die für sie passenden Gebärden dazu heraus. Es geht dabei nur um eine kleine Auswahl von bspw. sechs Gebärden. Diese lernt die pädagogische Fachkraft von ihrer Bewegung her am besten auswendig und verortet sie im Alltag zunächst gedanklich und dann praktisch.

Vorteile von Gebärden

Setzen Bezugspersonen Gebärden ein, so verändert sich die Beziehung zum Kind dahingehend, dass die gegenseitige Zugewandtheit sich steigert. So suchen die Bezugspersonen bspw. häufiger den Blickkontakt zum Kind. Die Kleinkinder wiederum fühlen sich noch mehr gesehen und mit der Zeit, wenn sie aktiv gebärden, auch besser von den Erwachsenen verstanden. Kinder mit mehrsprachigem Hintergrund, schüchterne Mädchen und Jungen sowie Kinder mit besonderen Bedürfnissen nutzen Gebärden, da diese sie dabei unterstützen, besser zu verstehen und sich selbst verständlich zu machen.

Mit Gebärden starten

Je häufiger ein Kind die einzelnen Gebärden zu sehen bekommt, umso schneller wird es den Sinnzusammenhang verstehen und ggf. die Gebärden selbst zeigen. Wenn ein Kind beginnt, sich mit einer Gebärde mitzuteilen, so sind die kleinen Handbewegungen zunächst nicht immer eindeutig zu erkennen. So wie die Aussprache bei den ersten Worten häufig nur erahnen lässt, was das Kind meint, so können auch die ersten Gesten und Gebärden zunächst verwaschen aussehen. Mit der Zeit jedoch lässt sich am Ausdruck des Kindes erkennen, dass es gerade etwas mitteilen möchte, und der Blick der Erwachsenen schärft sich, auch die kindlichen Handbewegungen wertschätzend mitauszuwerten. Das Gefühl „Ich glaube, er/sie wollte mir gerade etwas mit den Händen sagen“ bestätigt sich dann, wenn die Handbewegungen deutlicher werden.

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