EvolutionGlücksfall Mensch oder Zufall?

Ausdrücklich bezieht sich der amerikanische Evolutionsbiologe Jonathan B. Losos auf Stephen Jay Gould und dessen Buch „Zufall Mensch“. Offenbar bewegen sich die Paläontologie und Evolutionsbiologie zwischen den Vorstellungen von „Glück“ und „Wunder“ auf der einen und „Zufall“ und „(Un-)Wahrscheinlichkeit“ auf der anderen Seite. So liest sich die spannend geschriebene Studie wie eine Kaskade von Hypothesen, welche „das Glück, dass wir hier sind“, mit der „optimalen biologischen Lösung“ einer natürlichen Selektion versöhnen wollen.

Kann das funktionieren? Durch Losos’ Buch zieht sich die Vorstellung einer „konvergenten Evolution“, wie sie Darwin bereits beschrieben hatte: Fast auf dieselbe Weise, wie zwei verschiedene Menschen manchmal dieselbe Erfindung machen, so habe auch die natürliche Selektion ohne Vererbung von gemeinsamen Vorfahren her zu fast denselben Modifikationen geführt. Das eigentliche Rätsel der Evolution bestehe aber in der Frage, warum „kein anderes Tier eine Intelligenz entwickelt hat, die der unseren vergleichbar wäre, trotz grundsätzlich konvergenter Evolution von Intelligenz und Ichbewusstsein“. Sicher sei jedenfalls, dass Evolution niemals zufällig verlaufe, aber genauso sicher sei, dass die Entstehung der Spezies Mensch keinesfalls unvermeidlich war: Ein belangloses Ereignis in den Myriaden von Ereignissen, die das aus uns machten, was wir sind – und wir wären etwas ganz anderes geworden, erklärt Losos.

Gibt es also ein Entrinnen aus der kalten Dialektik von Zufall und Notwendigkeit, die der französische Biologe Jacques Monod schon vor fast einem halben Jahrhundert in seinem gleichnamigen, an die Philosophie Demokrits angelehnten Buch skizzierte? Jonathan B. Losos bejaht diese Frage: „Wir hatten Glück bei der Evolution, und wir sollten das Beste daraus machen“, fasst er seinen Parforceritt durch die Jahrmilliarden der Evolution zusammen. Ist es ein Unglück, so fragt sich der Leser, dass die Prinzipien der Evolutionsbiologie dem Menschen nicht enthüllen (können), worin dieses Beste liegt? Keinesfalls! Denn womöglich liegt sein Glück gerade darin, dass er sich selbst auf die Suche nach dem Besten machen muss, was ihm das Leben ermöglicht. Clemens Klünemann

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Losos, Jonathan B.

Glücksfall MenschIst Evolution vorhersehbar?

Carl Hanser Verlag, München 2018, 381 S., 26 €

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