Exerzitien-DoppelUnterwegs mit Ignatius und Bonhoeffer

Wie geht Umkehr? Zwei aktuelle Bücher können ein Kompass zum neuen Leben sein.

Von Spiritualität wird viel gesprochen und geschrieben. Dass es darunter seltsame Blüten gibt, ist kein Geheimnis. Inmitten dieser vielfältigen Versuche, geistliche Übungen denen anzubieten, die auf der Suche nach Sinn und Halt in ihrem Leben sind, gelten die Exerzitien des heiligen Ignatius von Loyola als sicherer Wegweiser. Der Jesuit Hans Schaller, der als Studentenseelsorger und Spiritual wirkte und heute Exerzitienbegleiter in Basel ist, legt hier aus seiner reichen Erfahrung Vortragsexerzitien aus mehreren Jahren vor, die er als „Einführung in die ignatianischen Exerzitien“ versteht.

Dabei folgt er dem Aufbau dieser Exerzitien in achtzehn Kapitel, angefangen beim gewusst gewählten Ort der Stille bis zur Gemeinschaft der Kirche. Der rote Faden ist dabei die „Umkehr“, auf die hin die Schritte führen sollen. Ziel ist es, „die Mitte es eigenen Lebens zu finden“, Ordnung in es zu bringen. In der Besinnung auf Gott als Schöpfer und liebenden Vater, auf die Nachfolge Jesu und in der Erkenntnis der eigenen Sündhaftigkeit sollen die Betenden die Freude in der Begegnung mit dem auferstandenen Christus finden. Leitend sind dabei Schrifttexte, aus deren Interpretation sich konkrete Einsichten für die Exerzitanten ergeben. Schaller macht sich die Aufgabe, den Menschen zu Gott hin zu öffnen, nicht leicht. Er bedenkt kritische Einwände und benennt die Schwierigkeiten, wenn er etwa davon spricht, dass der Mensch sich von Gott formen, sich wandeln lassen soll, und deshalb seine Trägheit überwinden und sich anstrengen muss.

Er unterstreicht wiederholt, wie wichtig das Gottesbild ist und welch steiniger Weg manchmal zu einem kindlichen Vertrauen auf Gott als Vater führen kann. An dieser Stelle wird Jesus als die entscheidende Wegmarke zur Sprache gebracht. Der Mensch wird eingeladen, Jesu Freundschaft zu suchen und mit ihm mitzugehen (Joh 1,35–39). Auch das ist nicht einfach. Auf Jesus zuzugehen ist ein Schritt ins Ungewisse. Vertrauen und Angst gehören zusammen, um Jesus wie Petrus auf dem Wasser entgegen zu gehen.

Wenn die Exerzitanten ihre Lebensgeschichte betrachten, werden sie unweigerlich auf die Umkehr gewiesen, es entsteht in ihnen der Wunsch, ihr Leben im Sinne Jesu zu ordnen. Aber nur das Wissen um ein unbedingtes Geliebtsein von Gott macht Umkehr möglich und die schonungslose Erkenntnis, schuldig und sündig zu sein. Dass dies nicht leicht fällt und der Gewohnheit entgegen steht, die Schuld bei anderen zu suchen, verschweigt Schaller nicht. Der Heilige Geist führt ins Konkrete, lässt erkennen, dass auch die Unterlassung Sünde ist, wenn man ihre Spätfolgen bedenkt. Schaller widmet dieser sperrigen Thematik vier lange Kapitel, bevor er von Vergebung spricht, die möglich ist, weil Jesus unsere Schuld übernommen hat.

Im Gespräch mit dem Gekreuzigten hat die Klage ihren Raum, freilich auch die Bereitschaft, das Leiden anzunehmen und dem Kreuz tragenden Jesus ähnlich zu werden. Alle Schritte der Bekehrung münden „in die große Umkehr“ zum Auferstandenen. Die Kirche endlich ist eine Kirche „der leeren Netze“ und kann zweifellos auch ein Kreuz sein, das es zu tragen gilt.

Ebenfalls nach dem Modell der ignatianischen Exerzitien legt Katharina D. Oppel Exerzitien im Alttag mit Dietrich Bonhoeffer vor: Ganz Mensch sein in einer brüchigen Welt. Diese Exerzitien sind auf vier Wochen konzipiert, wobei im Anschluss an die Suche nach einem Ort der Stille ein Bibeltext mit einem Impulstext von Bonhoeffer und Fragen zur Besinnung vorgeschlagen werden. In der wöchentlichen Zusammenkunft folgt dem ein Gespräch. Jede Woche und jeder der sieben Wochentage hat ein eigenes Thema. Im Anhang finden sich ökumenische Bonhoeffer-Andachten sowie Gedanken, Gedichte und Gebete von Dietrich Bonhoeffer. Liedvorschläge und Literaturhinweise beschließen den Band.

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Oppel, Katharina D.

Ganz Mensch sein in einer brüchigen WeltExerzitien im Alltag mit Dietrich Bonhoeffer

Schwabenverlag, Ostfildern 2022, 128 S. 20 €

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