Feuer der FreiheitFür die Freiheit

Der Philosoph Wolfram Eilenberger stellt vier große Denkerinnen vor.

Schon sein Erstling hatte Furore gemacht: „Zeit der Zauberer“ brachte die schöpferischen Anfänge von vier maßgeblichen Denkern ins Gespräch. Mit derselben faszinierenden Collage-Technik stellt Wolfram Eilenberger nun vier Frauen dar, deren Leben und Denken sich in Auseinandersetzung mit den totalitären Tendenzen ihrer Zeit formte und bis heute wirkt. Offenkundig ist das bei Hannah Arendt, die derzeit ikonengleich im Gespräch ist. Aber es gilt auch für Simone de Beauvoir und Simone Weil, diesen nicht nur feministisch völlig ungleichen Schwestern. Die Vierte im Bunde, Ayn Rand, kann mit ihrer radikalen Theorie des Individualismus als eine Vordenkerin jener „First“-Ideologie gelten, die seit „Tea-Party“ und Trump so viele Anhänger in Amerika findet – aber keineswegs nur dort.

Das Denken dieser höchst unterschiedlichen Frauen ist in einem Punkt verbunden: in der Frage, wie die Balance zwischen Individualität und Gesellschaft zu schaffen ist, ohne ins Totalitäre oder Libertäre zu geraten. Simone Weil etwa analysiert nach einer Reise durch das unruhige Deutschland mit erstaunlicher Hellsicht, wie ähnlich die faschistischen Strukturen denen der Stalinisten sind. Nicht zuletzt durch das Schicksal als jüdische Emigrantin ist Hannah Arendt ihr Leben lang von politischen Grundfragen wie der nach gerechten Herrschafts- und Vergemeinschaftungsformen umgetrieben.

Im radikalen Selbstexperiment ist besonders Simone de Beauvoir auf der Suche nach weiblicher Identität in noch und nachpatriarchalen Verhältnissen. Ohne ihre Arbeiten sind die gegenwärtigen Gender-Debatten nicht zu verstehen. Und Ayn Rand, russische Emigrantin in den USA, kritisiert mit scharfer Konsequenz alle Formen von Altruismus und plädiert in ihren dort viel gelesenen Werken für eine Kultur der Selbstwerdung mit dem „Mut zum Ich“.

Eilenberger gelingt es auf spannende Weise, mit der literarischen Form einer „staunenden Selbstbefragung“ der Frauen jeweils zeittypische Grundkonflikte ans Licht zu bringen. In geschickter Mischung von Originalzitaten und zeitgeschichtlichen Informationen entsteht tatsächlich ein Dialogzusammenhang, obwohl sich nur die beiden Französinnen tatsächlich einmal auch persönlich begegnet sind. Im Kleinformat der jeweiligen Biografie kommen stets philosophische Kernfragen um Subjekt und Gesellschaft, um Freiheit und Macht, um Gerechtigkeit und Liebe in den Blick. Und deutlich wird, dass Philosophie nicht verstaubte Doktrin oder lebloser Gedanke ist, sondern mit Existenz und Überleben zu tun hat.

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Eilenberger, Wolfram

Feuer der FreiheitDie Rettung der Philosophie in finsteren Zeiten 1933-1943

Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2020, 396 S., 25 €

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