Regionalwahlen in FrankreichDie Mitte ist zurück

Der politische Umsturz in Frankreich bleibt aus – nach den chaotischen Monaten der Pandemie ist allein das schon eine gute Neuigkeit. Und vielleicht ein Vorgeschmack auf eine Rückkehr zur Normalität.

Zugegeben, politisch geht es bei den französischen Regionalwahlen nicht um sehr viel. Berichten zufolge weiß ein bedeutender Anteil der Wähler gar nicht genau, für wen bei den recht neu eingeführten Wahlen überhaupt abgestimmt wird. Dementsprechend niedrig war die Wahlbeteiligung: Zwei von drei Stimmberechtigten blieben am 20. Juni zuhause. Das ist ein historisch niedriger Wert.

Die überraschenden Sieger

Umso überraschender ist das Ergebnis. Denn das alte Narrativ, nach dem niedrige Wahlbeteiligung den politischen Rändern nützt, ging hier nicht auf. Stattdessen waren die Republikaner und andere gemäßigt Konservative die unerwarteten Gewinner. Und das nach einem Jahrzehnt der politischen Niederlagen. Von den zwölf Regionen auf dem französischen Festland gingen in der zweiten Wahlrunde sieben an die konservativen Listen, teils mit großem Abstand.

Die rechte Marine Le Pen, die erstmals eine Region gewinnen wollte und deren Partei vor der Wahl beste Chancen eingeräumt wurden, ging leer aus. Zehn Monate vor der Präsidentschaftswahl kann das ein starkes Signal sein. „Plötzlich wirkt es so, als könnten die Konservativen das erwartete Duell zwischen Emmanuel Macron und Le Pen im April 2022 aufmischen“, heißt es im „Spiegel“. Läuft es auf einen Wahlkampf der Gemäßigten hinaus, in dem es am Ende gar um echte Argumente statt billige Stimmungsmache und das Schüren von Ängsten geht?

Endlich wieder normal?

Das wäre eine willkommene Überraschung, denn bisher gingen Experten davon aus, dass die Verunsicherungen und oft unbeliebten staatlichen Maßnahmen während der Corona-Monate radikalen Parteien in die Karten spielen. Nicht nur in Frankreich, sondern auf einer globalen Ebene. Die einen bedienten Verschwörungsmythen und stellten die Gefahr des Virus in Frage. Andere freuten sich über die plötzlich wieder geschlossenen Grenzen und erklärten die Globalisierung genüsslich für gescheitert. In sozialen Netzwerken wurden Hass-Kampagnen losgetreten gegen alle Parteien, die sich für Corona-Maßnahmen einsetzten.

Inzwischen weist diese Theorie deutliche Risse auf. In Amerika hat der Corona-Verharmloser Trump sein Amt verloren und in Frankreich deutet jetzt einiges darauf hin, dass der befürchtete Schwung nach rechts an Kraft verliert. Es ist gut möglich, dass viele Menschen nach den Monaten der Unsicherheit und täglichen Schreckensmeldungen vor allem eins wollen: Normalität, Sicherheit, Routine. Vielleicht wird in der Krise so manchem klar, dass es deutlich schlimmere Alternativen gibt als die zugegebenermaßen oft behäbige, manchmal langweilige, aber doch verlässliche Politik der etablierten Parteien.

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