Schnitzen macht LauneKinder ans Messer

„Messer, Gabel, Schere, Licht sind für kleine Kinder nicht.“ Diesen Spruch kennen wir alle. Der frühe Umgang mit einem Messer ist jedoch nicht nur sinnvoll, er macht auch Spaß – zum Beispiel beim Schnitzen

Keine Angst vor scharfen Klingen. Mit einem guten Messer schnitzt es sich leichter
Keine Angst vor scharfen Klingen. Mit einem guten Messer schnitzt es sich leichter© Westend61 - Getty images

Kinder von Gefahren wie scharfen oder spitzen Gegenständen fernzuhalten, gehört zu unseren stärksten Bedürfnissen. Allerdings sollten wir dem nicht zu oft nach geben. Denn Messer und Schere gehören zu den alltäglichen Dingen, die uns in jedem Haushalt begegnen. Kinder wollen es den „Großen“ gleichtun, sie nach ahmen, mitmachen und sich beteiligen. Viel riskanter ist es, wenn sie alleine und heimlich ihre ersten Erfahrungen mit solchen Gegenständen machen.

Gefahren richtig einschätzen

Denken Sie einmal zurück: Wie hat Ihr Kind laufen gelernt? Genau, durch Laufen! Zunächst an der Hand, tapsig und vermutlich mit dem einen oder anderen Sturz oder einer kleinen Schramme. Neues auszuprobieren ist immer mit Risiken verbunden. Es liegt an uns Erwachsenen, den Rahmen dafür so zu gestalten, dass Kinder keine schwerwiegenden Verletzungen erleiden.

Kinder entwickeln nach und nach Risiko kompetenz. Das heißt, sie lernen einzuschätzen, wo wirkliche Gefahr lauert und wo vielleicht ein Risiko besteht – aber eines, bei dem nicht mit drastischen Auswirkungen zu rechnen ist und das sie bewältigen können. Sie lernen, rechtzeitig Hilfe zu holen oder auch, sich einer Situation selbstbewusst zu entziehen. Nämlich genau dann, wenn es zu gefährlich wird.

Vielfältige Erfahrungen mit unterschiedlichen Werkzeugen und Materialien führen zu Sicherheit und Routine. Wer mit dem Küchenmesser weiche Gurken und harte Karotten schält und schneidet, lernt, den Fingerdruck zu dosieren und die Klinge zu führen. Die Küche ist ein wunderbares Übungsfeld für das Schnitzen, für den Umgang mit Messer und Holz.

Ran an die Zweige

Schnitzen ist – pädagogisch betrachtet – fantastisch! Es schult die Feinmotorik, die Ausdauer, die Kreativität und fördert das Selbstbewusstsein. Außerdem ist es ein willkommener Anlass, in den Wald zu gehen, dort zu stöbern, verschiedene Bäume und Sträucher zu betrachten, kennenzulernen und deren Holz auf seine „Schnitztauglichkeit“ zu untersuchen.

Fingerübungen fürs erste Schnitzen

  • Ein „Wurststecken“ ist ein sehr gutes Übungsstück, um erste Erfahrungen im Schnitzen zu sammeln: Einen daumendicken Zweig an einem Ende anspitzen. Wer mag, kann den Stock noch durch Ablösen der Rinde verzieren. Dafür die Rinde anritzen und mit der Messer spitze abhebeln. Außerdem macht Schnitzen hungrig und was ist schöner, als am Feuer eine Wurst zu grillen?
  • Aus einer kleinen Astgabel lässt sich eine Essgabel schnitzen: Die Rinde an den Zinken abschälen und die Enden der Gabel anspitzen.
  • Halten Sie es mit Michelangelo. Der berühmte Künstler soll nach Fertig stellung seines „David“ gesagt haben: „Der David war immer schon da gewesen. Ich musste lediglich den überfl üssigen Marmor um ihn herum entfernen.“ Betrachten Sie mit Ihrem Kind verschiedene Holzstücke: In dem einen steckt ein Hase, in einem anderen ein kleiner Zwerg, im nächsten ein Hund. Wer neben dem Schnitzmesser noch eine Feile, einen Handbohrer und Schleifpapier hat, kann aus Holzstücken seine eigene Figur „herausschälen“.
  • Fingerdicke Holunderzweige eignen sich wunderbar, um Perlen herzustellen. Erst mit einem Messer kleine Verzierungen einritzen. Dann den Zweig in Abschnitte von einigen Zentimetern sägen. Das Mark lässt sich leicht mit einem Handbohrer, einem langen Schaschlikspieß oder auch einer alten Fahrradspeiche herauslösen. Perlen auf eine Lederschnur aufziehen, fertig ist die Naturkette!

Bevor Sie mit Ihrem Kind in den Wald aufbrechen, sollten Sie folgende Tipps und Regeln berücksichtigen:

Die Vorbereitung

  • Schnitzen Sie selbst! Und zwar (auch), bevor Sie mit Ihrem Kind aktiv werden.
  • Ein Handbohrer, etwas Schleifpapier und ein wenig Schnur sind hilfreich.
  • Pflaster nicht vergessen!

Das Messer

  • Wer schnitzen möchte, braucht eine scharfe Klinge.
  • Sinnvoll sind Klingen mit einer abgerundeten Spitze, um Stichverletzungen zu vermeiden.
  • Meist benötigen Kinder ein wenig Hilfe beim Aufklappen der Klinge.
  • Bei Taschenmessern gilt: Nur EIN Werkzeug ausklappen! Bevor ein weiteres genutzt wird, muss das andere ein geklappt werden. Besser geeignet sind Messer mit nur einer Klinge. Sie liegen auch besser in der Hand.

Das Holz

  • Laubholz eignet sich besser als Nadelholz. Geeignet sind zum Beispiel Hasel, Weide, Holunder, Linde.
  • Frisches Holz (Grünholz) ist weicher als trockenes Holz und lässt sich besser bearbeiten. Keine Zweige von Bäumen und Sträuchern abbrechen!
  • Für den Anfang am besten Äste und Stöcke mit einem Durchmesser von ein bis zwei Zentimetern verwenden. Sie lassen sich gut halten und brechen nicht.

Das Schnitzen

  • Wer das Schnitzmesser benutzt, ist dafür verantwortlich.
  • Wer schnitzt, sitzt! Die Klinge erst am Schnitzplatz öffnen.
  • Sobald jemand am Schnitzplatz vorbeigeht, im Schnitzen innehalten.
  • Etwa drei Armlängen Abstand halten zum nächsten Schnitzenden.
  • Die Schnitzbewegungen führen immer vom Körper weg.
  • Die Hand, die das Holz hält, liegt näher am Körper als das Messer.

Auch wenn es anstrengend sein kann: Es gilt, diese Schnitz regeln konsequent einzuhalten – sowohl für die Erwachsenen als auch für die Kinder. Denn sie minimieren das Verletzungsrisiko. Wer gegen die Regeln verstößt, muss pausieren. Beobachten Sie Ihr Kind beim Schnitzen und greifen Sie ein, sobald Sie es für nötig erachten. Aber nehmen Sie ihm das Schnitzen nicht ab. Die meisten Kinder können weit mehr, als wir ihnen zutrauen!

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