ErnährungKeine Diäten für Kinder

Übergewichtige Kinder brauchen keine Hungerkuren, sondern Spaß an Ernährung und Bewegung

Keine Diäten für Kinder
Ein gesundes Essverhalten ist lernbar © gettyimages

Auf die Welt kam Amelie mit über vier Kilogramm und auch heute ist die Fünfjährige ein „Brummer“. Ihre Mutter sagt das zwar liebevoll, doch merkt man ihr an, dass sie darüber nicht sehr glücklich ist und es auch nicht verstehen kann. Denn beide Eltern sind schlank, machen viel Sport, Fertiggerichte kommen selten auf den Tisch. Mit ihren Gefühlen ist Amelies Mutter nicht allein. Schließlich ist Übergewicht in unserer Gesellschaft ein Makel. Pummelige Kinder werden von Altersgenossen gehänselt und von Eltern und Erziehern getriezt. Die Amerikanerin Dara-Lynn Weiss hat daraus 2012 ein Buch gemacht (Wonneproppen). Doch Experten sind sich einig, dass die darin beschriebene Gewaltdiät, die ihre siebenjährige Tochter befolgen musste, für ein gesundes Essverhalten von Kindern nicht förderlich ist.

Diäten bedeuten Stress

Nicht selten entwickeln Kinder, die frühzeitig auf Kalorienzählen getrimmt werden, später eine Essstörung. Abspeckprogramme funktionieren nicht, da der Körper dabei seinen Stoffwechsel herunterfährt. Zudem mindern sie das Wohlbefinden und das wiederum kann zu Frustessen führen, auf verbotene Lebensmittel bekommen die Kinder regelrechten Heißhunger. „Mangelnder Erfolg wird aber häufig als persönliches Versagen wahrgenommen“, warnt Johannes Hebebrand, Psychologe an der Universität Duisburg. In Amelies Fall heißt es daher, Ruhe zu bewahren und abzuwarten. Denn je jünger die Kinder, desto eher wachsen sich die überschüssigen Pfunde aus. Vor allem wenn die Eltern schlank sind, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Kinder sich noch strecken.

Schwieriger wird es, wenn die Eltern selbst übergewichtig sind. Dann sollte die gesamte Familie ihre Gewohnheiten ändern. Ein gutes Frühstück und gemeinsame Familienmahlzeiten etwa beugen Übergewicht vor. „Wir empfehlen vor allem weniger kalorienreiche Getränke und Fast Food, dafür mehr Sport“, sagt Josef Kahl vom Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte. Zwar konnte in Studien nicht bewiesen werden, dass Kinder durch viel Bewegung tatsächlich Pfunde verlieren. Dafür gaben aber die aktiven Jungen und Mädchen an, sich wohler zu fühlen und mehr Sozialkontakte zu haben. Auch ausreichend Schlaf ist wichtig. Von Schlankmachern aus der Apotheke ist im Kindesalter abzuraten.

Folgenschwerer Lebensstil

Tatsächlich ist lang anhaltendes Übergewicht nicht zu verharmlosen, denn Herzkrankheiten, Prädiabetes und Gelenk beschwerden können bereits im Kindesalter auftreten. „Auch das Selbstwertgefühl nimmt Schaden“, sagt Kahl. Allerdings haben sich die Zahlen zum kindlichen Übergewicht seit 2000 bei rund 16 Prozent eingependelt, im Kindergartenalter sind es neun Prozent. Nur die Fettleibigkeit (Adipositas) nimmt weiterhin zu, sie betrifft derzeit acht Prozent aller Kinder. In einigen Bundesländern sind Kinder bei den Schuleingangsuntersuchungen sogar dünner als vor 20 Jahren. Dies ist vermutlich den diversen Gesundheitsprogrammen geschuldet, etwa der Initiative TigerKids, die in Kitas durchgeführt wird. Mediziner fordern weitere politische Maßnahmen: mindestens eine Stunde Schulsport pro Tag, Zucker- und Fettsteuer, bessere Kitaverpflegung, Verbot von Kinderwerbung, Reduzierung von Portionsgrößen und eine bessere Lebensmittelkennzeichnung.

kizz Newsletter

Ja, ich möchte den kostenlosen kizz-Newsletter abonnieren und willige in die Verwendung meiner Kontaktdaten zum Zweck des E-Mail-Marketings durch den Verlag Herder ein. Den Newsletter oder die E-Mail-Werbung kann ich jederzeit abbestellen.
Ich bin einverstanden, dass mein personenbezogenes Nutzungsverhalten in Newsletter und E-Mail-Werbung erfasst und ausgewertet wird, um die Inhalte besser auf meine Interessen auszurichten. Über einen Link in Newsletter oder E-Mail kann ich diese Funktion jederzeit ausschalten.
Weiterführende Informationen finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen.