Glauben als orthodoxe ChristenDie Stimme der Orthodoxie

Eine gute Einführung für alle Nichtorthodoxen: Über Frömmigkeit, Gottesdienst und soziales Handeln der östlich-orthodoxen Kirchen.

In den vergangenen Jahren sind die orthodoxen Christen vielen Westeuropäern durch die politischen wie kirchlichen Konflikte in der Ukraine näher ins Bewusstsein gerückt. Dabei galt das besondere Interesse der Politisierung der Kirchen. Mangels gut lesbarer aktueller Einführungen in den Glauben orthodoxer Christen blieb so ein sehr einseitiger Eindruck zurück.

Das Erscheinen des Buches „Begegnung mit dem Mysterium“ des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I., der am 29. Februar achtzig Jahre alt wurde, soll diese Lücke schließen. Das Werk ist eine Übersetzung des 2008 auf Englisch erschienenen Originals. In acht Kapiteln stellt der Verfasser Aspekte der Geschichte, der Kunst, des Theologieverständnisses, des Mönchtums und der Liturgie beziehungsweise Spiritualität dar und wendet sich auch der Ökologie, den Menschenrechten sowie Fragen sozialer Gerechtigkeit zu. Damit setzt Bartholomaios I. Akzente, die ihn persönlich bewegen und die ihn in der westlichen Welt in den vergangenen Jahrzehnten zu einem geschätzten Gesprächspartner gemacht haben. Dass er sozialethische Themen in den Mittelpunkt stellt, unterscheidet ihn von anderen orthodoxen Führungspersönlichkeiten und ermöglicht es, im ökumenischen Gespräch die wichtige orthodoxe Stimme hörbar zu machen.

In mehrfacher Hinsicht ist das Buch äußerst gut zu lesen: zum einen durch eine einfache und dennoch eindringliche Sprache, die fast vollständig ohne theologische Fachbegriffe auskommt, zum anderen dadurch, dass sich der Autor außer auf das Fundament der Kirchenväter auch ausführlich auf herausragende orthodoxe Theologen des 20. Jahrhunderts bezieht und so das Potenzial orthodoxer Theologie für den Dialog mit der modernen Welt verdeutlicht.

Dieser Blick auf die Haltung der Orthodoxie in den gesellschaftlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts unterscheidet das Werk auch von dem ebenfalls 2019 und bereits in dritter Auflage veröffentlichten Werk „Geheimnis des Glaubens“ des russischen Metropoliten Hilarion (Alfeev), dem Außenamtschef des Moskauer Patriarchats. Beide Einführungen ergänzen sich darum – auch, um die unterschiedlichen Akzente und die Vielfalt innerhalb der orthodoxen Theologie wahrzunehmen. Die engagierte Zuwendung des Ökumenischen Patriarchen zu den drängenden gesellschaftlichen Fragen des 21. Jahrhunderts hat selbst mehr als zehn Jahre nach dem Verfassen nichts an Aktualität verloren.

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Bartholomaios I.

Begegnung mit dem MysteriumDas orthodoxe Christentum von heute verstehen

Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2019, 199 S., 39,90 €

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