Nach der internationalen Aufregung um Kardinal Sarahs BuchPapst Franziskus stellt Erzbischof Gänswein vorübergehend frei

Papst Franziskus hat den deutschen Kurienerzbischof Georg Gänswein als Präfekt des Päpstlichen Hauses vorübergehend freigestellt. Einen entsprechenden Vorabbericht der „Tagespost“ bestätigte der Pressesaal des Heiligen Stuhls Anfang Februar. Zur Begründung hieß es, Gänswein solle die Möglichkeit haben, „um mehr Zeit Benedikt XVI. widmen zu können“. Gänswein ist Privatsekretär des emeritierten Papstes. Es handele sich nicht um eine Suspendierung, so ein Sprecher, sondern um eine „normale Umverteilung der verschiedenen Aufgaben und Funktionen des Präfekten des Päpstlichen Hauses“. Wie lange der Zustand der Freistellung dauern soll, ist noch unklar.

Kurz vor Bekanntwerden der Personalie hatte ein neues Buch des guineischen Kardinals Robert Sarah weltweit Diskussionen in der Kirche ausgelöst (vgl. HK, Februar 2020, 4–5). In dem Buch „Des profondeurs de nos cœurs“ (Aus den Tiefen unserer Herzen), das im Januar im französischen Original erschien und als Plädoyer für die Beibehaltung des Zölibats gedacht ist, fand sich auch ein Beitrag Benedikts XVI. über das Wesen des katholischen Priestertums. Kritiker werteten dies als Einmischung des emeritierten Papstes in die aktuelle Kirchenpolitik und speziell in die Diskussion um die viri probati im Nachgang zur Amazoniensynode. Allerdings bewegen sich die Positionen Benedikts in dem Buch auf der Linie, die auch Papst Franziskus mit Blick auf den Zölibat bis dahin vertreten hatte.

Über das Zustandekommen des Buches und die Rolle Benedikts dabei gibt es widersprüchliche Angaben. Kardinal Sarah behauptet, neben dem Beitrag Benedikts zum Priestertum habe der emeritierte Papst auch Einleitung und Fazit als Co-Autor mitverfasst. Darin wird zum Teil scharfe Kritik am aktuellen Kurs der Kirche geübt. Die entsprechenden Teile tragen in der französischen Erstauflage des Buchs beide Namen der Autoren. Demgegenüber erklärte Gänswein nach der Veröffentlichung, Benedikt habe diese Teile nicht geschrieben, sondern lediglich vorab zur Kenntnis genommen und für gut befunden. Man habe den Verlag Fayard angewiesen, die entsprechenden Zuschreibungen und auch den Einband des Buches zu ändern, wo Benedikt XVI. mit Foto und Autorenname neben Sarah abgebildet war. Es handele sich um ein „Missverständnis“. Die zeitliche Nähe zwischen der öffentlichen Debatte um das Buch und die Freistellung Gänsweins legen einen Zusammenhang nahe, ohne dass hierzu Näheres bekannt wäre.

Die Verlage anderer Länder, die Übersetzungen des Buchs herausbringen, haben unterdessen unterschiedlich auf die Verwirrung um die Autorschaft reagiert. So nennt das Deckblatt der deutschen Version, die im fe-Medienverlag erscheint, als Autor nur Kardinal Sarah und trägt den Zusatz „Mit einem Beitrag von Benedikt XVI.“ Die italienische Übersetzung des Cantagalli-Verlags dagegen nennt als Autor „Robert Sarah mit Joseph Ratzinger – Benedikt XVI.“. Lucas Wiegelmann

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