Vorgeburtliche DiagnostikNicht nur ein Test

Der Bluttest auf Trisomien wird eine Kassenleistung. Das ist eine schlechte Nachricht für Menschen mit Behinderung und die gesamte Gesellschaft.

Das Große und Wichtige im Leben ist, dass man sich von Kindern überraschen lässt. Jeder, der sich seinen Kindern ernsthaft stellt…, wird alles tun, die Kinder, so wie sie sind, in ihren Talenten zu fördern und ihnen mit ihren Gaben und auch mit ihren fehlenden Gaben ein glückliches Leben zu ermöglichen.“ Eine treffende Aussage ist das. Sie stammt von Peter Dabrock, dem Vorsitzenden des Deutschen Ethikrats. Gesagt hat er das in der Diskussion über sogenannte Designerbabys. Auch er lehnt es ab, dass Eltern sich mithilfe der Molekulargenetik ein „Wunschkind“ machen lassen.

Derselbe Peter Dabrock hat sich aber stets dafür ausgesprochen, dass der Bluttest auf das Down-Syndrom eine Kassenleistung wird. So kommt es jetzt auch. Kinder annehmen, wie sie sind? Mit ihren Gaben und auch mit ihren fehlenden Gaben? Das scheint im Falle behinderter Kinder nicht zu gelten. Hier argumentiert Dabrock ganz pragmatisch, so wie es viele tun, auch die evangelische Kirche: Man muss halt akzeptieren, dass Eltern bereits während der Schwangerschaft Bescheid wissen wollen. Ihnen solle man deshalb das Verfahren ermöglichen, das für Mutter und Kind die wenigsten Risiken hat. Und das ist eben der Bluttest, der ja tatsächlich ungefährlicher vonstatten geht als etwa eine Fruchtwasseruntersuchung.

So leicht darf man es sich nicht machen. Die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses von letzter Woche hat eine immense Tragweite. Denn natürlich kann man niemandem den Test verbieten. Genauso wenig wie man eine Frau zwingen kann, ein mutmaßlich behindertes Kind auf die Welt zu bringen. Das sind individuelle Entscheidungen, die jede Frau – bestenfalls mit ihrem Mann – vor sich und vor Gott verantworten muss. Aber indem künftig die Kasse den Test bezahlt, kommt noch eine andere Dimension hinzu. Nämlich das Signal, dass die Gesellschaft geradezu will, dass Schwangere gezielt nach Behinderungen suchen – und der Allgemeinheit die zu erwartenden Kosten mit einer Abtreibung ersparen. All die vermeintlichen Sicherungen, die man in die Regelung eingebaut hat, taugen nicht viel. Es richtet sich nur an Risikoschwangere? Die Kriterien sind derart weit gefasst, dass die meisten Frauen darunter fallen. Und dass die verpflichtende Beratung durch Ärzte oft nicht hilft, sondern im Gegenteil sogar noch den Druck auf Frauen erhöht, ist bekannt.

Nein, diese Entscheidung war falsch. Sie geht zulasten von Menschen mit Behinderung, ob geboren oder ungeboren. Und sie verändert die Gesellschaft zum Unguten. Zwar wird viel von Inklusion gesprochen. Aber willkommen scheint dann doch nur das „starke“ und „gesunde“ Leben. Das verheißt nichts Gutes, zumal die Entwicklung genetischer Tests erst am Anfang steht.

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