Zeitmanagement in FamilienEng getaktet

Im hektischen Familienalltag ist Zeit Mangel ware. Um sie zu managen, brauchen Eltern mehr als gute Organisation und den richtigen Kitaplatz

Alltagsstress: vom Job in die Kita und dann auch noch einkaufen und kochen
Alltagsstress: vom Job in die Kita und dann auch noch einkaufen und kochen © RioPatuca Images - Adobe Stock

Zeit ist in Familien zum knappen Gut geworden. Das betrifft nicht nur die Eltern – die Kinder spüren den Druck genauso. Wenn beide Eltern arbeiten, steht objektiv weniger Zeit für Haushalt und Beziehungspflege zur Verfügung als etwa in der Generation mit dem klassischen Familienmodell. Gleichzeitig spüren wir den Zwang, unsere Kinder optimal zu fördern, ihren Bildungsweg zu unterstützen und biologisch-dynamisch zu ernähren. Das alles kostet Zeit.
Zeitmanagement ist in Familien eine Frage der Mangelverwaltung. Die Zeit ist begrenzt, mehr als 24 Stunden lassen sich pro Tag nicht rausholen. Eltern stehen damit vor einer ähnlichen Aufgabe wie ein überlasteter CEO, der unter schwierigsten Produktionsbedingungen mit renitentem Personal etwas Kleines ganz groß machen will.

Vorsicht, Effizienzspirale!

Wer mehr in weniger Zeit schaffen will, muss natürlich schneller werden. Effizienter sein. Viele Teilzeitarbeitende begeben sich gleich doppelt in die Spirale und versuchen, fast die gleichen Aufgaben bei deutlich reduziertem Stundenumfang zu erledigen. Also erhöhen sie die Taktzahl, streichen Kaffeepausen und halten keinen Schwatz mehr mit den Kollegen. Zu Hause geht es sofort weiter, Schlagwort Multitasking: Mit dem Kind auf dem Arm noch schnell saugen, neben dem Füttern das Geburtstagsgeschenk im Internet bestellen und während des Aufräumens ein Kuscheltier suchen, fünf Whatsapps beantworten und durch die Wohnung brüllen, dass endlich die Zähne geputzt werden sollen. Geht doch? Dann geht noch mehr. Gleich morgen.
Der Weg durch die Effizienzspirale führt direkt in den Burn-out. Aussteigen funktioniert nur über ein einziges Wort: ein freundliches „Nein“. Nein, diese Aufgabe kann ich leider nicht zusätzlich bearbeiten. Nein, meine Tochter kann diesen pädagogisch wertvollen Kurs leider nicht besuchen. Und nein, mein Schatz, leider habe ich auch heute keine Wäsche gewaschen.

Prioritäten setzen

Über lange Phasen in unserem Leben erscheinen uns Erfolg im Beruf, eine liebevolle Beziehung, gute Freunde, genug Zeit für Hobbys und ein toller Körper zumindest erreichbar. Erst wenn Kinder da sind, stellen wir fest, dass wir nicht alles gleichzeitig haben können, uns fehlt schlicht die Zeit. Wir müssen uns zum Beispiel entscheiden, ob wir die große Karrierechance ergreifen oder lieber bei jedem Entwicklungsschritt unseres Kindes dabei sein wollen.
Auch der ganz alltägliche Wahnsinn erfordert es immer wieder, Prioritäten zu setzen. Wenn Sie vor lauter Aufgaben nicht wissen, wo Ihnen der Kopf steht, schreiben Sie am besten alles auf und sortieren es dann nach Wichtigkeit und Dringlichkeit:

  • Was ist wichtig und dringend? Gleich erledigen! Ersehnte Geburtstagsgeschenke, die rechtzeitig ankommen müssen, bestellen Sie am besten sofort.
  • Was ist wichtig, aber nicht dringend? Termin setzen! Sommersandalen können auch noch nächste Woche gekauft werden, finden Sie eine Lücke in Ihrem Terminkalender.
  • Was ist eilig, geht aber ohne Sie? Delegieren! Bitten Sie die Oma oder andere Unterstützer, den Impftermin des Kindes am Nachmittag wahrzunehmen.
  • Aufgaben, die weder wichtig noch dringend sind, werden gestrichen. Auch wenn es schön wäre, einen aufgeräumten Keller zu haben.

Wer alle unwichtigen Aufgaben gestrichen hat und sich trotzdem wie ein Hamster im Laufrad fühlt, sollte sein Leben, sein Arbeiten und sein Elternsein generell überdenken. Haben Sie die innere Größe, Abstriche zu machen. Nicht jeder muss eine gute Hausfrau oder ein guter Hausmann sein. Auch im Job muss man nicht alles möglich machen. Die Kritik, der man sich dadurch aussetzt, kann man getrost an sich abprallen lassen.

Die große Kunst zu delegieren

Delegieren schafft zeitliche Spielräume. Wer Aufgaben an Partner oder Partnerin übertragen möchte, sollte sichergehen, dass dessen beziehungsweise deren Zeitkonto nicht genauso überzogen ist wie das eigene. Sonst braucht man Großeltern und gute Freunde oder muss andere Menschen dafür bezahlen, dass sie einem die Arbeit abnehmen. Viele Familien funktionieren nur dank des großflächigen Einsatzes von Putzfrauen, Tagesmüttern und Lieferdiensten.
Wer sich entscheidet, Aufgaben zu delegieren, muss die Verantwortung mit abgeben. Akzeptieren Sie, dass Tagesmutter, Opa oder Freunde manche Dinge anders handhaben. Für Kinder kann es eine Bereicherung sein zu erleben, dass anderswo andere Regeln gelten. Vielfalt fördert Toleranz.

Gute Planung

Ein häufiger Stressfaktor in Familien sind Termine, die plötzlich „aufpoppen“. Führen Sie einen Familienkalender ein, der für alle bindend ist, und besprechen Sie einmal pro Woche, was ansteht. Ob der Kalender klassisch an der Wand hängt oder digital synchronisiert wird, ist Geschmackssache.
Machen Sie sich bewusst: Kinderturnen, musikalische Früherziehung, Mini-Yoga und Bastelkurse vereinnahmen in vielen Familien einen erheblichen Teil der Zeit, die nach Kindergarten oder Betreuung übrigbleibt. Auch am Wochenende hetzen wir häufig von Termin zu Termin – oder verbringen es mit fahrintensiven Besuchen bei Freunden oder Familie. Halten Sie sich an die Faustregel, dass für jede fest verplante Freizeiteinheit genauso viel ungebundene Zeit für freies Spielen, elterliche Entspannung oder spontane Bedürfnisse zur Verfügung stehen sollte.
Wie Großprojekte in der Wirtschaft muss auch Familie realistisch geplant werden. Wenn es jeden Morgen Stress gibt, bis alle aus dem Haus gehen, hilft nur früheres Aufstehen. Kinder funktionieren selten nach Plan. Bauen Sie deshalb immer ausreichend große Zeitpuffer ein. Stress überträgt sich. Wenn Eltern permanent unter Druck stehen, tut das der ganzen Familie nicht gut. Familienmanager haben die Pflicht, auch ihre eigenen Bedürfnisse nach vorne zu stellen und Zeit dafür einzuplanen. Dazu gehört zum Beispiel Zeit, um abends zum Sport zu gehen, sich mit Freunden zu treffen, ein Buch zu lesen und – ganz wichtig! – auch Zeit zu zweit als Paar.

Welche Zeitpersönlichkeit sind Sie?

Wie wir mit Zeitmangel umgehen und was uns wirklich stresst, hängt von unserer Persönlichkeit* ab:

Gesellige Menschen …

schätzen zwischenmenschliche Beziehungen und Kontinuität. Zeitdruck und nicht einschätzbare neue Aufgaben stressen sie. Als Herzensmenschen sind sie sehr hilfsbereit und verzetteln sich häufig dabei.

Zeitmanagement-Tipp: Ihre Stärke ist Ihr Netzwerk und Ihre Kontaktfreude: Statt beim nächsten Kindergartenfest drei Kuchen und zwei Standdienste zu übernehmen, überlassen Sie den anderen Eltern einen Teil der Arbeit.

Die Macher …

 lieben neue Herausforderungen, sind spontan und entscheidungsfreudig. Abhängigkeiten, die ihren Handlungsspielraum einschränken, stressen sie. Ihrem Kind dabei zuzuschauen, wie es in Zeitlupe die Schuhe anzieht, lässt den Blutdruck steigen. Sie neigen dazu, auch das Privatleben mit Aktionen und Terminen zu überfrachten.

Zeitmanagement-Tipp: Beruf und Familie laufen bei Machern häufig in anderen Geschwindigkeiten ab. Versuchen Sie, Ihr Tempo bewusst zu drosseln, bevor Sie die Kinder einsammeln. Planen Sie großzügige Zeitpuffer bei allen Aktivitäten der Familie ein.

Analytische Menschen …

 sind meist strukturiert und diszipliniert und durchdringen Sachverhalte gerne vollständig. Sie neigen zu Perfektionismus. Unordnung und spontane Forderungen stressen sie. Da sie gerne alleine sind, ist eine chaotische Familie nicht immer ein Quell der Freude für sie.

Zeitmanagement-Tipp: Analytiker brauchen Zeit für sich selbst – schaffen Sie diese Möglichkeit. Da Ihnen ein sauberes und ordentliches Zuhause ein Grundbedürfnis ist, kann eine Putz- und Aufräumhilfe viel zum Familienfrieden beitragen.

* Eva Brandt: Zeitmanagement im Takt der Persönlichkeit, Beltz 2017, € 26,95

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