Mütter und BerufKind, Küche, Karriere?

Für Frauen ist es immer noch schwer, Kinder und Erfolg im Beruf zu haben.

Frauen müssen sich oft noch zwischen Kindern und Karriere entscheiden
Frauen müssen sich oft noch zwischen Kindern und Karriere entscheiden© Robert Kneschke - Adobe Stock

Es ist immer noch so: Die Geburt eines Kindes tangiert die Karriere von Männern in der Regel wenig. Die berufliche Entwicklung von Frauen ist jedoch sehr von ihrer Mutterschaft geprägt. Meistens sind sie es, die Stunden reduzieren, um für die Kinder da zu sein. Oft auch über einen längeren Zeitraum. Was bedeutet das für ihre Karriere? Welche Folgen hat die Teilzeitarbeit? Und sind Mütter – und auch Väter – eigentlich mit diesem Modell zufrieden?

Die Tücken der Teilzeit

Er arbeitet voll, sie verdient in Teilzeit dazu. So teilen sich die meisten Eltern in Deutschland die Erwerbs- und Familienarbeit auf. Knapp 70 Prozent der Mütter sind nach der Elternzeit in Teilzeit beschäftigt, von den Vätern sind es lediglich sechs Prozent. Die Gründe dafür sind vielfältig. Bei den meisten Paaren sind sie finanzieller Natur – noch sind es meist die Männer, die besser verdienen. Sei es, weil sie älter sind als ihre Partnerinnen und schon länger im Beruf. Oder sei es, weil sie in Branchen arbeiten, die besser entlohnen. Viele Frauen reduzieren ihre Stunden aber auch, weil dies der gesellschaftlichen Norm entspricht. Umfragen zeigen, dass die meisten Menschen in Deutschland der Meinung sind, dass eine Mutter frühestens dann wieder Vollzeit arbeiten sollte, wenn das jüngste Kind sieben Jahre alt ist.
Der größte Nachteil der Teilzeit ist der geringere Verdienst und die daraus resultierende geringere Rente. Altersarmut ist weiblich. Statistisch gesehen verdienen Frauen im Verlauf ihres Berufslebens knapp 50 Prozent weniger als Männer. Auf ein Erwerbsleben von 30 Jahren gerechnet sind das durchschnittlich knapp 400 000 Euro. Das Alterssicherungseinkommen von Frauen ist sogar 59,6 Prozent geringer als das der Männer. Solange das Paar verheiratet ist – kein Problem. Im Fall einer Scheidung sind aber die Frauen, die sich viele Jahre in erster Linie um die Familie gekümmert haben, die Verliererinnen.

Karrierekiller Teilzeit

Ein weiterer Nachteil der Teilzeitbeschäftigung sind die geringeren Karrierechancen. Immer noch ist nur in wenigen Unternehmen eine Führungsposition in Teilzeit möglich. Von den Frauen mit Führungsaufgaben arbeiten lediglich 22 Prozent in Teilzeit, die Mehrheit davon in reduzierter Vollzeit oder vollzeitnaher Teilzeit. Statistiken darüber, wie viele von diesen Frauen Mütter sind, gibt es nicht.
Welche Auswirkungen es auf die Karriere haben kann, wenn man nicht mehr Vollzeit erwerbstätig sein möchte, weiß Bettina Berninger. Für die studierte Informatikerin und Mutter von zwei Kindern (7 und 9) war immer klar: sie will Karriere machen und Kinder haben. Sie erzählt: „Dass ich in reduzierter Vollzeit nicht in den Vorstand vor rücken konnte, war mir klar. Aber dass ich keine mittlere Führungsposition in reduzierter Vollzeit innehaben kann, das verstehe ich nicht.“ Solange Berninger in Vollzeit angestellt war – vor der Geburt der Kinder – bestand kein Zweifel daran, dass sie Karriere machen würde. „Mein Vorgesetzter hat mir immer zu verstehen gegeben, dass für mich bald eine Beförderung anstehen würde. Als ich dann aber schwanger wurde und nach der Elternzeit meine Stunden von 40 auf 32 reduzierte, war das alles vergessen“, sagt sie enttäuscht. „Muss ich zufrieden sein, weil meine jetzige Position schon mehr ist als die anderer Frauen? Oder darf ich wütend sein, weil die Kollegen mit ähnlichen Fähigkeiten locker zwei, drei oder gar vier Stufen mehr erklommen haben?“ Bettina Berninger gerät ins Grübeln: „Ob das mit den Kindern so eine gute Idee war? Ich liebe die Jungs sehr. Ich hatte nur einfach ganz andere Träume“, resümiert sie. „Mehr Stunden sind auch nicht drin. Ich muss nachmittags für meine Kinder da sein. Das deutsche Schulsystem ist noch immer darauf ausgerichtet, dass ein Elternteil die Kinder beim Lernen unterstützt.“ Irgendwann einmal möchte Berninger wieder Vollzeit arbeiten und vielleicht klappt es ja dann mit der Karriere. Die Chancen stehen gut.

Der Wandel kommt, aber langsam

Es gibt bereits Unternehmen, die erkannt haben, dass sie in Zeiten von Fachkräftemangel und dem Wandel von einem Arbeitgeber- hin zu einem Arbeitnehmermarkt nur dann attraktiv bleiben, wenn sie eine familienbewusste Unternehmenskultur bieten. Dazu gehört auch „Führen in Teilzeit“. Erste Unternehmen wie Bosch, SAP oder auch Vodafone haben Teilzeit zur Norm erhoben. Alle Stellen auf allen Ebenen müssen in Teilzeit ausgeschrieben werden. Vollzeit ist lediglich noch eine Kann-Option. Die Unternehmen folgen damit einem Trend, der auch den Wünschen der Eltern entspricht. Denn Umfragen zufolge wollen sowohl Mütter als auch Väter die Familienarbeit anders unter sich aufteilen (siehe Interview auf Seite 15). Dass auch jetzt schon Kinder nicht zwangsweise ins Karriereaus führen müssen, weiß Bloggerin Emmime, Mutter von zwei Kindern (1 und 4 Jahre). Für sie kam die Mutterschaft sogar zeitgleich mit einem Karrieresprung. Nach der Geburt ihrer Kinder reduzierte sie ihre Arbeitszeit drastisch und arbeitet nun 20 Stunden pro Woche als Personalleiterin in einem mittelständischen Unternehmen. Immer schon wollte sie auf der Karriereleiter nach oben. Dass sie gleich nach der ersten Elternzeit in eine Leitungsposition „geschubst“ wurde, damit hatte sie allerdings nicht gerechnet. „Ich hätte mir wahrscheinlich einen anderen Zeitpunkt ausgesucht. Eine Führungsposition zu haben, ist herausfordernd. Es bedeutet viel Organisation und natürlich bin ich jederzeit erreichbar. Das kostet Kraft.“ Eine Rückkehr in Vollzeit? Für Emmime kommt das erst mal nicht in Frage.

Den individuellen Weg finden

Angesichts dieser Rahmenbedingungen ist es umso wichtiger, dass Mütter ihre berufliche Entwicklung und das damit verbundene Arbeitszeitmodell bewusst planen. Dazu ist es hilfreich, folgende Fragen zu klären, egal ob vor der Geburt oder nach der Elternzeit.

  • Wie wichtig ist mir mein Beruf?
  • Welche finanziellen Einbußen kann ich / können wir hinnehmen?
  • Wie stelle ich mir unser Familienleben vor?
  • Wie soll unser Kind betreut werden?
  • Wie wichtig ist mir meine Karriere?
  • Wie definiere ich Karriere und Erfolg?

Erfolg ist dabei nicht immer gleichzusetzen mit Karriere. Viele Mütter definieren Erfolg als etwas sehr Individuelles. So bezeichnet Jennifer Bretzler, stellvertretende Fachbereichsleiterin bei einem großen Mittelständler, sich beispielsweise selbst als erfolgreich, wenn sie eine Woche gut hinter sich gebracht hat, alle Katastrophen gemeistert und keine zusätzlichen Katastrophen hat aufkommen lassen. „Wenn mein Mann und mein Kind glücklich und zufrieden sind, ich selbst ein gutes Gefühl habe und nicht abgehetzt bin, dann bin ich zufrieden.“

Den Partner mit einbeziehen

In einem zweiten Schritt geht es in die Diskussion mit dem Partner, denn auch seine Bedürfnisse müssen mit in Betracht gezogen werden. Das ist nicht immer einfach und birgt einiges Konfliktpotenzial, aber nur ein Modell, das von beiden getragen wird, kann auf Dauer Bestand haben. Wobei auch hier gilt: Das Leben passiert, während wir Pläne machen. Beide Partner sollten sich daher in regelmäßigen Abständen unabhängig voneinander, aber auch als Paar, die genannten Fragen stellen. Wenn die Kinderbetreuungsmöglichkeiten und die Arbeitgeber dann auch noch mitspielen, dann klappt’s auch mit der Vereinbarkeit. Vielleicht sogar mit einer Karriere in Teilzeit.

kizz Info

Arbeitszeitmodelle

Reduzierte Vollzeit: Bei einer re duzierten Vollzeit oder auch vollzeitnahen Teilzeit wird die Arbeitszeit auf in aller Regel 80 oder 90 Prozent reduziert.

Brückenteilzeit: Planen Sie, in Zukunft Teilzeit zu arbeiten? Dann sollten Sie die Brückenteilzeit nutzen. Das heißt, Sie vereinbaren mit Ihrem Arbeitgeber, dass Sie nur für einen bestimmten Zeitraum in Teilzeit arbeiten und dann wieder in Vollzeit zurückkehren. Eine solche Vereinbarung können Sie aber auch mit Ihrem Vorgesetzten treffen, ohne es offizielle Brückenteilzeit zu nennen.

Nähere Informationen: www.bmas.de/brueckenteilzeit

Die 32-Stunden-Woche für beide: Arbeiten beide Partner 32 Stunden pro Woche, hat das viele Vorteile: Beide bleiben beruflich am Ball, eine Karriere ist in vielen Unternehmen durchaus möglich, beide zahlen in die Rentenkasse ein und die Betreuung der Kinder wird ebenfalls einfacher.  

kizz Interview

„Väter wollen eine gleichberechtigte Aufteilung von Beruf und Familie.“

kizz sprach mit Volker Baisch vom Väternetzwerk Väter gGmbH

Gemeinsam mit kununu, care.com und Xing haben Sie 2018 eine Umfrage* zum Thema Vereinbarkeit durchgeführt. Was sind die zentralen Erkenntnisse? 

Aus meiner Sicht gibt es drei zentrale Erkenntnisse. Die erste: 88 Prozent der Väter wollen die gleichberechtigte Aufteilung von Beruf und Familie. Dem gegenüber stehen 74 Prozent der Mütter. Zweitens: Vätern fehlen die Vorbilder. Nur zwei Prozent haben eine Führungskraft als Vorbild für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Sechs Prozent orientieren sich am eigenen Vater und 60 Prozent an ihrer Partnerin. Und die dritte: Sowohl die Mütter als auch die Väter brauchen, um Beruf und Familie vereinbaren zu können, die Möglichkeit zu mobilem Arbeiten und Homeoffice.

Bieten die Unternehmen das nicht an, oder trauen sich die Väter nicht, die Angebote in Anspruch zu nehmen?
Sowohl als auch. Noch immer befürchten Väter – nicht unberechtigt – berufliche Nachteile, wenn sie solche Angebote in Anspruch nehmen. Auch hier zeigt sich: Es fehlen Vorbilder.

Noch gehen in erster Linie die Mütter für längere Zeit in Elternzeit. Warum ist das so?
Das hat damit zu tun, dass die Väter sich an ihrer Partnerin orientieren. Entscheidet die Partnerin sich für zwölf Monate Elternzeit, nimmt der Vater die zwei verbleibenden Partnermonate. Das entspricht aber nicht seinen Bedürfnissen. 74 Prozent würden gerne länger in Elternzeit gehen.

Das Problem sind also nicht die Väter, sondern die Mütter?
Ja, aber auch die Unternehmen. Noch ist es für Frauen einfacher, eine längere Familienzeit zu nehmen. Weil es für die Väter kompliziert wird, wenn sie mehr als zwei Partnermonate nehmen, schrecken sie davor zurück.

Welche Argumente sprechen für eine längere Elternzeit der Väter?
Da ist zum einen die Bindung zum Kind. Die ersten Lebensjahre des Kindes sind hier entscheidend. Aber fast noch wichtiger: die Partnerschaftlichkeit. Eine Untersuchung in Schweden hat gezeigt, dass die Aufteilung der Aufgaben im Anschluss nachhaltig gerechter und die Partnerschaft insgesamt lebendiger ist, wenn ein Vater mehr als zwei Monate Elternzeit nimmt. Je besser die Qualität der Partnerschaft der Eltern, desto eher hat der Vater eine gute Beziehung zu seinen Kindern. All das senkt das Scheidungsrisiko.

Von den Vätern arbeiten nach der Elternzeit 75 Prozent wieder in Vollzeit. Bei den Frauen ist es eine von vieren. Wollen Frauen noch zu sehr der gesellschaftlichen Norm genügen?
Mütter stehen unter einem enormen Druck. Viele haben ständig ein schlechtes Gewissen. Sie denken immer, dass sie nicht genug für die Kinder, den Job und die Partnerschaft tun. Dieser Versuch, es allen recht zu machen, kann aber nicht gelingen. Nach meinen Beobachtungen sind es in erster Linie die Teilzeit-Mütter mit einem anspruchsvollen Job, die von einem Burn-out betroffen sind.

Was muss sich ändern, damit sich Väter mehr auf die Kinder und Mütter mehr auf den Beruf konzentrieren können?
Väter müssen in den Unternehmen proaktiv angesprochen werden und Vorbilder bekommen. Aber auch gesellschaftlich muss es mehr anerkannt werden, dass beide beispielsweise 80 Prozent oder Vollzeit arbeiten.

Was kann die Politik machen?
Ein erster Schritt wäre eine neue Aufteilung des Elterngeldes. Ein gutes Beispiel ist Island. Hier können beide Elternteile jeweils fünf Monate Elternzeit nehmen und weitere fünf Monate untereinander verhandeln. Außerdem brauchen wir eine noch größere gesellschaftliche Diskussion.

*Onlineumfrage unter dem Titel „Vereinbarkeit verhandeln – wie handeln Eltern berufliche und familiäre Aufgaben in der Partnerschaft aus?“ mit 848 Teilnehmenden, davon 25 Prozent Männer und 75 Prozent Frauen.

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