SpielzeugtagGeheime Gedanken einer Kitaleitung

Geheime Gedanken einer Kita-Leitung: Die Zaubertür
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Einmal bekamen wir eine neue Kollegin, die gerade ihre Ausbildung beendet hatte und als Gruppenleiterin eingestellt wurde. Mit großem Elan wollte sie ihre Ideen und ihr Gelerntes umsetzen. Irgendwann überraschte sie uns mit dem Vorschlag, einen monatlichen Spielzeugtag einzuführen. Nach Weihnachten könne man damit starten. Es wäre für die Kinder doch sicher interessant, auch mal die Spielzeuge anderer Kinder auszuprobieren. Im Team diskutierten wir das Für und Wider, z. B. die Konkurrenz zwischen teurem und „billigem“ Spielzeug. Und so entschied sich das Team auch nur mit knapper Mehrheit für den Spielzeugtag. Die Kolleg*innen wollten so einen Tag aber erst probeweise stattfinden lassen, um zu sehen, wie er bei den Kindern ankäme.

Kurz vor Weihnachten steckten wir die Einladungen zu einem Spielzeugtag im Januar in die Fächer der Kinder. Die Kinder sollten ein (!) Spielzeug mitbringen, das ihnen besonders am Herzen liegt. Als der große Tag kam, ahnten wir schon am frühen Morgen, dass er anders werden würde, als wir es uns vorgestellt hatten. Ich saß in meinem Büro, um einige Dinge zu erledigen. Die neue Kollegin wollte die ersten Kinder in Empfang nehmen. Kurz vor sieben Uhr hörte ich fröhliche, aufgeregte Kinderstimmen. Neugierig öffnete ich die Tür zum Flur, um zu sehen, was die Kinder wohl so mitgebracht hätten. Meine Augen mussten sich zunächst an das Dämmerlicht im Flur gewöhnen, das wir morgens immer haben, damit die Kinder gemütlich in den Tag starten können. Einige Kinder saßen auf den Bänken und zogen sich ihre Hausschuhe an. Seltsam: Die Eltern schienen es heute sehr eilig zu haben. Normalerweise blieben immer noch einige und unterhielten sich oder tranken Kaffee in unserem Elterncafé. Meine Augen gewöhnten sich langsam an das gedimmte Licht und so konnte ich auch das leicht gerötete Gesicht meiner Kollegin erkennen. Sekunden später bemerkte ich riesige Taschen in der Mitte des Flurs. Im selben Moment wurde Hanna in die Kita hineingeschoben. „Guten Morgen, Frau Mönter!“, rief ihre Mutter durch den Türspalt. „Tolle Idee mit dem Spielzeugtag!“ Noch bevor ich antworten konnte, eilte sie in Richtung Parkplatz und winkte mir zu, ohne sich umzudrehen. Hanna hatte zwei riesige Plastiktüten dabei, die sehr schwer zu sein schienen. „Was hast du denn da drin?“, fragte ich irritiert. Als Hanna freudestrahlend die Tüten öffnete, war mir klar, dass irgendetwas falsch verstanden worden war. „Es ist alles mein Lieblingsspielzeug. Eigentlich wollte ich nur Agathe mitnehmen, aber dann wäre Ella traurig geworden und Fips, der Drache.“ „Wer ist Ella?“, fragte ich verdattert. „Na, die Baby Born“, erklärte Hanna und rollte mit den Augen. Mit den Tüten schritt sie stolz in den Rollenspielbereich und packte in aller Seelenruhe Windeln, Fläschchen und alles, was eine Baby Born so braucht, ins Regal.

Jetzt verstand ich meine errötete Kollegin. Ein Blick auf weitere Taschen im Flur ließ Schlimmstes befürchten. Viele Kinder hatten sich an die Vorgabe gehalten und nur ein Spielzeug mitgebracht, andere konnten sich einfach nicht entscheiden, welches ihr liebstes Spielzeug war. Die Kita platzte aus allen Nähten. Und die Eltern? Sie waren von den morgendlichen Diskussionen mit ihren Kindern total ermattet und konnten nicht mehr. Deshalb hatten sie die Kita fluchtartig verlassen. Fast taten sie mir ein wenig leid. Alles in allem verlief der Tag entgegen unseren Befürchtungen doch sehr nett. Kein Spielzeug ging verloren oder wurde hinterher vermisst. Trotz dieser gut verlaufenen Premiere beschlossen wir, so einen Tag nicht zu wiederholen. Die neue Kollegin war zwar anfangs leicht frustriert, aber ihr Gesicht hellte sich rasch wieder auf. „Spielzeugfrei, wir machen einfach einen spielzeugfreien Tag.“ In Gedanken sah ich uns schon bei Nacht und Nebel das Spielzeug in den Keller räumen. Aber ich wollte ihre Euphorie nicht bremsen. Vielleicht sollte ich mir erst mal ein paar Tage Urlaub gönnen.

Viele Grüße Ihre

Petra Mönter

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