Bundesarbeitsgericht urteilt zur EinstellungspraxisWie gläubig müssen Kirchenmitarbeiter sein?

Das jüngste Grundsatz-Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur kirchlichen Einstellungspraxis wird kontrovers bewertet. Hat es womöglich zur Folge, dass künftig staatliche Richter beurteilen, ob für eine Stelle bei der Kirche ein persönliches christliches Bekenntnis erforderlich ist? Wäre das nicht eine unzulässige Einmischung und eine Einschränkung der gesetzlich festgeschriebenen kirchlichen Selbstbestimmung? Oder ist es im Gegenteil gerade richtig, dass all die vielen Kirchenangestellten, deren Tätigkeit nicht unmittelbar mit Verkündigung zu tun hat, sich darauf verlassen können, dass sie nur nach weltlichen Maßstäben beurteilt werden, also hinsichtlich ihrer Eignung und Qualifikation?

Geklagt hatte eine Frau, die sich auf eine Referentenstelle bei der Diakonie beworben hatte. In der Ausschreibung sei neben den fachlichen Anforderungen die Zugehörigkeit zu einer Kirche als Einstellungsvoraussetzung genannt worden. Dies sah die Klägerin, eine Konfessionslose aus Berlin, als Diskriminierung an. Dabei berief sie sich auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Der hatte im April entschieden, dass die Notwendigkeit einer Kirchenmitgliedschaft bei einer Stellenbesetzung „wesentlich, rechtmäßig und gerechtfertigt“ sowie gerichtlich überprüfbar sein müsse. Das Bundesarbeitsgericht gab der Frau nun recht und sprach ihr eine Entschädigung von knapp 4000 Euro zu.

Kirchenvertreter reagierten enttäuscht auf das Urteil. „Es muss der Kirche und Diakonie möglich bleiben, die kirchlichen Aufgaben aus einer christlichen Perspektive zu erfüllen“, sagte der Kirchenamtspräsident der evangelischen Kirche in Deutschland, Hans Ulrich Anke. Dazu gehöre auch, Mitarbeitende auszuwählen und einstellen zu können, die sich durch ihre Mitgliedschaft zum Auftrag der Kirche bekennen.

Das Urteil berührt tatsächlich grundsätzliche Fragen. Die Kirchen sind neben dem Staat die größten Arbeitgeber in Deutschland. Vielfach handeln sie wie weltliche Betriebe: Sie nehmen dem Staat Aufgaben ab, lassen sich dies aber durch Steuergelder bezahlen. Von daher ist es nur recht und billig, dass die öffentliche Hand auch ihre Gesetzmäßigkeiten und Regeln zur Geltung bringen will. Wenn die Kirchen dagegen bewusst Wert auf die christliche Prägung ihrer Einrichtungen legen, können sie – da es das entsprechende, gläubige Personal in der benötigten Zahl nicht mehr gibt – möglicherweise auch ihre Angebote zurückfahren.

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