Wenn Sufis Muslimen als Ungläubige gelten

Beim Angriff salafistischer Extremisten in der Rawdah-Sufi-Moschee im ägyptischen Nordsinai während des Freitagsgebets sind laut der Kairoer Initiative „Arab West Report“ für Religionsdialog mindestens 300 Menschen umgebracht worden. Die Angreifer zündeten eine Bombe in der Moschee und schossen anschließend auf die fliehenden Beter. Dieses Massaker zeige den abgrundtiefen Hass, der sich gegen eigene Religionsmitglieder richtet, hier der in Teilen der gebildeten Gesellschaft hoch angesehenen islamischen Mystik-Tradition der Sufis. Diese spirituelle Richtung ist beinahe so alt wie der Islam selbst. Ihr entstammten bedeutende Gelehrte wie Al-Ghazali oder der persische Dichter Rumi. In der ägyptischen Gesellschaft seien Sufis in vielen hohen Positionen vertreten. Der Großscheich der al-Azhar-Universität, Ahmed al-Tayyeb, ist ebenfalls ein Sufi.

Für strenge Salafisten aber sind diese Muslime Glaubensabtrünnige, schrieb der niederländische Journalist und Chefredakteur Cornelis Hulsman. Sie verehren Heilige und feiern deren Todestage, indem sie den jeweiligen Gedenkschrein besuchen, „ähnlich wie in der koptisch-orthodoxen Kirche“. Salafisten verdammten die islamische Mystik als bid’ah, als „überflüssige religiöse Neuerung“, und als Glaubensabfall, als Häresie. Da gibt es Parallelen zur Verfolgung der Mystiker anderer Religionen durch Glaubenswächter und vermeintlich „Rechtgläubige“. Sufis vertreten die Auffassung, dass es neben dem äußeren, schriftlichen Koran einen geistig-geistlichen inneren, inwendigen Koran eines jeden Muslim gibt. Dieser Individualismus der Deutung wird von Muslimen, die eine wortwörtliche äußere Verbindlichkeit des Koran als unmittelbar eingegebenes Gotteswort beanspruchen, scharf abgelehnt.

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