Der Apostel Petrus im Neuen TestamentZwischen Caesarea Philippi und Rom

Was hat Petrus mit dem Papst zu tun? Und was der Papst mit Petrus? Was das Neue Testament wirklich über den Schlüsseldienst des Simon lehrt.

Eine Figur des Apostels Petrus.
© KNA

In Caesarea Philippi, am nördlichsten Punkt der Verkündigungswanderungen Jesu, spielt die legendäre Szene, in der Jesus seine Jünger nach der Meinung der Leute über ihn fragt, um ihnen danach persönlich die Glaubensfrage zu stellen: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Kein anderer gibt die Antwort als Petrus: „Du bist der Christus“ (Mk 8,29 parr.). Bei Matthäus, nur bei ihm, antwortet Jesus auf dieses Bekenntnis mit einer Seligpreisung, einer Verheißung und einer Bevollmächtigung: „Selig bist du, Simon Barjona, denn nicht Fleisch und Blut haben dir dies offenbart, sondern mein Vater in den Himmeln. Und ich sage dir: Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreiches geben. Alles, was du auf Erden bindest, wird auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden löst, wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt 16,17–19).

In diesem Wort ist weder von Rom noch vom Papst die Rede. Aber wer unter der Kuppel im Petersdom steht, darf oben das Felsenwort bewundern – geschrieben in zweieinhalb Meter hohen Lettern, die vergoldet sind. Eine Etage tiefer zieht sich durch den gesamten Kirchenraum ein langes Schriftband, das große Teile der Petrusgeschichte erzählt, von der Berufung am See Genezareth (Mk 1,16–20 parr.) bis zur Beauftragung durch den Auferstandenen am selben See: „Weide meine Schafe ‒ weide meine Lämmer“ (Joh 21,15–23). Prominenter ist die Heilige Schrift in wenigen Kirchen präsent.

Allerdings ist die Petrusgeschichte keineswegs vollständig dokumentiert. Denn auch bei Matthäus gehört zur Szene von Caesarea die Fortsetzung, dass Jesus sich als Menschensohn offenbart, der leiden und sterben wird, bevor er von den Toten aufersteht, und dass Petrus widerspricht, worauf Jesus ihn zurechtweist: „Geh, hinter mich, Satan. Du bist mir ein Ärgernis. Denn du denkst nicht, was Gottes, sondern was der Menschen ist“ (Mt 16,23). Ausgerechnet dieses Wort fehlt im Petersdom. Auch die Verleugnung Christi wird übergangen. Man muss bis draußen vor die Türe gehen, um an der Jubiläumspforte den Hahn schreien zu sehen; und nur wer den biblischen Kontext im Blick hat, erkennt den dunklen Hintergrund der Petrustradition am Schriftwort im linken Seitenflügel: „Wenn du dich dann bekehrt hast, stärke deine Brüder“ (Lk 22,32).

Starke Spannungen

Ulrich Luz hat im EKK-Kommentar sorgfältig analysiert, wer wann und wo die Matthäusperikope als Begründung für das Papstamt in Rom herangezogen und bestritten hat (Das Evangelium nach Matthäus II [EKK II/1], Neukirchen-Vluyn 1990, 472–483). Er selbst ist skeptisch, dass man eine enge Beziehung auf die Bibel stützen kann. Tatsächlich ist die Verbindung lange nicht so alt, wie manche glauben. Papst Stephan (254–257) scheint der Erste gewesen zu sein, der Mt 16 zur Legitimation der eigenen Stellung herangezogen hat. Unstrittig war und ist der Bezug nie, besonders im Osten, aber nach der Reformation auch im Westen. Gleichwohl (oder deshalb) hat das Erste Vatikanische Konzil erklärt: „Wer also sagt, der selige Apostel Petrus sei nicht der von Christus, dem Herrn, eingesetzte Fürst aller Apostel und das sichtbare Oberhaupt der ganzen streitenden Kirche, oder derselbe habe nur den Ehren-, nicht auch den wahren und eigentlichen Jurisdiktionsprimat von ebendiesem unserem Herrn Jesus Christus direkt und unmittelbar empfangen, der sei mit dem Anathema belegt“ (DH 3505).

Dieses Dogma hat seine eigene Sprache und Logik. Die theologische Aufgabe der Exegese wie der Kirchen- und Dogmengeschichte besteht nicht darin, das Dogma zu bestätigen oder zu falsifizieren, sondern die Interpretationswege zu rekonstruieren, auf denen es entstanden ist, und die Rezeptionswege zu vermessen, die es ausgelöst hat – nicht ohne Alternativen ins Gespräch zu bringen.

Die historisch-kritische Exegese hat die Autorität der Matthäusstelle dadurch zu schwächen versucht, dass sie nachweisen wollte, es handele sich nicht um ein ipsissimum verbum Jesu. Philologisch ist dieses Urteil richtig, aber theologisch betrachtet ist es schwach; denn die genauere Befassung mit der Traditionsgeschichte der Evangelien zeigt, dass es an keiner einzigen Stelle möglich sein wird, ein ureigenes Wort Jesu aus dem Strom der Überlieferung herauszufischen, von „Abba“ und „Amen“ einmal abgesehen. Jedes ist durch den Filter und Verstärker der Überlieferung gegangen. Deshalb ist die Einteilung „echt“ oder „unecht“ unterkomplex. Zu fragen ist vielmehr, mit welchen Ausschnitten, Verzerrungen und Verstärkungen ein Text präsentiert, was als Echo der Verkündigung Jesu in der griechischen Übersetzungsgestalt der Evangelien reflektiert worden ist.

Die Matthäustradition verdichtet das besondere Verhältnis Jesu zum Ersten der Zwölf, die eschatologische Bedeutung der Berufung zur Nachfolge und die Beauftragung und Bevollmächtigung der Jünger, „bis zur Vollendung der Weltzeit“ (Mt 28,20) Sünden zu vergeben und Pfade zum Reich Gottes zu zeigen.

Starke Resonanzen

Hermeneutisch interessanter als die Auseinandersetzung mit der historistisch verstandenen Echtheitsfrage ist das Ausloten des kanonisch gewordenen Wortsinns. Bei Matthäus selbst ist die Binde- und Lösegewalt nicht exklusiv an Petrus gebunden, sondern wird nach der Gemeinderede Jesu an die Gemeinschaft der Jünger – das sind bei Matthäus die Apostel – übertragen, so dass auf ihr Gebet hin, weil Jesus selbst in ihrer Mitte ist, Sünden vergeben werden können (Mt 18,18–20).

Diese Abfolge wird zwar von Teilen der evangelischen Exegese so ausgelegt, dass die Petrusvollmacht auf die ganze Gemeinde und alle Gläubigen übertragen worden sei. Aber diese These überzeugt nicht, weil die Szene von Caesarea Philippi mit der Seligpreisung wie mit der felsenfesten Zusage einen Bedeutungsüberschuss hat. Ebensowenig überzeugt eine katholische Apologie älterer Bauart, die sich denkt, die Apostel („also“ die Bischöfe) würden ihre Vollmacht von Petrus („also“ vom Papst) empfangen. Das eine Interpretationsmuster ist so unhistorisch wie das andere. Bei Matthäus ist klar, dass Petrus nicht isoliert ist, sondern immer mit den anderen Jüngern zusammengehört – so wie die aber auch nicht ohne Simon Petrus sind.

Die antike wie die moderne Auslegung hat teils auf das Bekenntnis abgestellt, das Petrus abgelegt hat, teils wurde Christus selbst als Fels identifiziert (vgl. 1 Kor 3,11). Beide Deutungen haben ein Wahrheitsmoment, erfassen aber nicht den Textsinn. Das Jesuswort ist an Simon Petrus adressiert: „Du bist …“. Simon ist Petrus, der „Fels“ – als Bekenner, als Apostel Jesu Christi: nicht gegenüber dem Jüngerkreis, sondern in ihm und mit ihm. Man kann zu argumentieren versuchen, das Wort sei exklusiv auf Simon Petrus gemünzt, unterschätzt dann aber die Bedeutung, die im Matthäusevangelium die Jünger, auch Petrus, für die Identitätsbildung und die Rollenmuster der nachösterlichen Kirche haben.

Matthäus hat nicht im Ernst daran gedacht, mit dem Petruswort den Status des Bischofs von Rom zu legitimieren. Aber er hat festgehalten, dass es keine gesichtslose, keine namenlose Nachfolge gibt, sondern dass die Kirche aller Zeiten auf das Zeugnis gegründet ist, das sich bis auf die Jünger und besonders auf Petrus zurückverfolgen lässt. Die theologische Struktur von Mt 16 ist nicht wesentlich anders als die der Paulusschule, wenn sie die Apostel und Propheten als „Fundament“ der Kirche sieht (Eph 2,20–21), weil sie auf das geschichtlich vermittelte Christuszeugnis des Anfangs angewiesen bleibt – nur, dass Matthäus eine Geschichte erzählt und in ihr die Apostel nicht unterschiedslos nennt, sondern eigens Petrus hervorhebt.

Starke Prägungen

Nach allen Evangelien waren die Jünger die Ersten, die Jesus als Christus bekannt haben, auch wenn ihnen der Sinn dieses Wortes vor Ostern noch verschlossen geblieben ist, weil sie Jesus nicht leiden und sterben sehen wollten. In dieser Erstmaligkeit liegt die Einmaligkeit ihres Glaubenszeugnisses. Nach allen Evangelien soll das Bekenntnis zu Jesus als Christus immer neu gesprochen werden. Der nachhaltigen Verbindung dient das kirchliche Amt, das in apostolischer Sukzession ausgeübt wird (vgl. 1 Tim 4,6). Die lebendige Tradition entsteht durch das Wirken des Geistes, der nicht nur die Kirche immer hic et nunc aufbaut, sondern auch die Generationen miteinander verbindet (Michael Böhnke, Gottes Geist im Handeln der Menschen. Praktische Pneumatologie, Freiburg 2017).

Starke Zumutungen

Bei Matthäus sendet der Auferstandene auf dem Berg in Galiläa die verbliebenen „Elf“ in alle Welt, damit sie aus allen Völkern Jünger gewinnen, die in genau dieselbe Nähe zu Jesus wie sie selbst finden und dann ihrerseits durch Taufen und Lehren weitere Jünger gewinnen sollen (Mt 28,16–20). Wer die wesentlichen Inhalte dieser Lehre studieren will, muss das Matthäusevangelium lesen – das aber dadurch kein papierener Papst wird, sondern ein Medium des Glaubens ist, geschrieben, um so gelesen zu werden, dass die Nähe Jesu wahrgenommen und dadurch die Einheit der Jüngerschaft gestärkt wird.

Matthäus selbst erzählt seine Jesusgeschichte, weil er den menschlichen Faktor der Offenbarung beschreiben will: auf Seiten Jesu ebenso wie auf Seiten seiner Jünger. Petrus spielt eine Schlüsselrolle. Nach dem Seewandel und der Rettung des sinkenden Petrus sind es alle Jünger, die sich zur Gottessohnschaft Jesu bekennen (Mt 14,33). In Caesarea Philippi agiert Petrus als ihr Sprecher. Aus dieser Rolle folgen nicht sofort Canones des Kirchenrechts, die den Jurisdiktionsprimat ausdrücken. Aber die Erinnerung an Jesus ist bei Matthäus durch das Zeugnis nicht nur aller Jünger, sondern besonders auch des Petrus geprägt. Diese Prägung muss in einem Konzept apostolischer Sukzession, das an Matthäus nicht vorbeigeht, berücksichtigt werden. Es gibt demnach im Neuen Testament – zumindest bei Matthäus – durchaus einen Petrusdienst, der, von der Verheißung und Beauftragung Jesu getragen, in der Sprecherrolle zum Ausdruck kommt.

Wenn das Felsenwort von Caesarea Philippi bei Matthäus eine grundlegende Bedeutung für die Kirche hat, werden zwei Aspekte brisant. Der eine ergibt sich aus einem Vergleich mit der Weherede: „Aber wehe euch, Pharisäer und Schriftgelehrte, Heuchler, weil ihr das Reich der Himmel vor den Menschen verschließt. Ihr geht selbst nicht hinein und lasst diejenigen, die hineingehen, nicht hineinkommen“ (Mt 23,13). Für (un-)christlichen Antijudaismus bietet dieses Wort keine Rechtfertigung, aber zu kirchlicher Selbstkritik jeden Anlass. Den Pharisäern und Schriftgelehrten wird – in einem innerjüdischen Disput – vorgeworfen, das Gesetz so streng auszulegen, dass die Wege ins Reich Gottes versperrt scheinen.

Wer an diesem Kriterium den Rigorismus beurteilt, der vom römischen Lehramt in moralischen und dogmatischen Fragen aufgebaut worden ist, erkennt eine Ursache der gegenwärtigen Krise: überspannte Autoritätsansprüche, die nicht der Freiheit des Glaubens dienen, sondern die Abhängigkeit der Menschen zementieren wollen.

Die andere Bestimmung ergibt sich daraus, dass derselbe Petrus, der als Fels die Lebensdauer der Kirche gegen die Mächte des Todes personifiziert, an Jesus schuldig geworden ist: durch seinen Widerspruch in Caesarea Philippi, der zumindest menschlich ist, und durch seine Verleugnung Christi, die zwar nicht unverständlich, aber katastrophal ist. Joseph Ratzinger konnte noch nicht wissen, dass er einmal als Benedikt XVI. der 264. Nachfolger sein würde, als er 1991 über Petrus schrieb: „Er, der von Gott her Felsgrund sein darf, ist vom Eigenen her ein Stein auf dem Weg, der den Fuß zum Stolpern bringen will (…) irgendwie ist hier das ganze Drama der Papstgeschichte vorweggenommen, in der uns immer wieder beides begegnet: dass das Papsttum durch eine nicht aus ihm selbst stammende Kraft Fundament der Kirche bleibt und dass zugleich einzelne Päpste aus dem Eigenen ihres Menschseins heraus immer wieder zum Skandalon werden, weil sie Christus vorangehen, nicht nachfolgen wollen“ (Zur Gemeinschaft gerufen, Freiburg 2005, 56.57).

Reicht es aber, mit dem Neuen Testament einzelne Päpste, nicht aber auch das Papstamt zu kritisieren? Das Dogma der Irrtumslosigkeit, vom Ersten Vatikanischen Konzil festgestellt, kann im Licht der Schrift und angesichts der Geschichte nicht so verstanden werden, dass nicht in der Autoritätsfülle selbst enorme Versuchungen liegen, denen die Kirche immer wieder erlegen ist. Was bislang im römischen Horizont der Papsttheologie fehlt, ist die Dialektik von Caesarea Philippi. Welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen, dass Petrus nicht nur Bekenner, sondern auch Verleugner Christi ist? Jesus hat an ihm festgehalten. Was braucht die Kirche, um an Jesus festzuhalten, auch mit dem Papst?

Starke Bindungen

Petrus ist bis nach Rom gelangt und hat dort das Martyrium erlitten. Dies wird im Neuen Testament nicht erzählt und ist vor einiger Zeit erstmals seit dem preußischen Kulturkampf wieder in Zweifel gezogen worden (Otto Zwierlein, Petrus in Rom, 2010). Aber die Gründe sind schwach, die Lokaltradition hingegen ist stark (Stefan Heid [Hg.], Petrus und Paulus in Rom, 2011; vgl. dieses Heft, 14). Aus der Überlieferung, dass nicht nur Petrus, sondern auch Paulus in Rom für Christus gestorben ist, hat die Kirche der Hauptstadt zuerst ihr Selbstbewusstsein bezogen und später auch erste Primatsansprüche zu begründen versucht.

Die Apostelgeschichte endet mit der Gefangenschaft des Paulus in Rom und erwähnt Petrus nach dem Apostelkonzil gar nicht mehr (Apg 15). Paulus weiß aber, dass Petrus – mit seiner Frau, über die man leider aus den Quellen so gut wie gar nichts erfährt – regelmäßig auf Missionsreise gewesen ist (1 Kor 9,5) und dass es in Korinth eine Kephas-Partei gibt (1 Kor 1,12). Durch die Begegnung mit Jesus ist der Fischer vom See Genezareth zum Weltenbürger geworden. Nicht nur in Caesarea Philippi, sondern auch in Rom hat er Jesus als Christus bezeugt.

Das Neue Testament bezeugt die Verbindung von Petrus und Rom indirekt, aber einflussreich. Der Erste Petrusrief, der dem Apostel ein literarisches Denkmal setzt, ist in „Babylon“ lokalisiert, wahrscheinlich ein Deckname für Rom (1 Petr 5,13). „Petrus“ wendet sich als „Apostel“ an Christen in Kleinasien (1 Petr 1,1). Während die Mission, der Apostelgeschichte zufolge, von Ost nach West erfolgt, so dass Rom in den Fokus rückt, wird nun die Brücke zurück in den Osten geschlagen: ein starkes Zeichen kirchlicher Einheit.

„Petrus, Apostel Jesu Christi“ (1 Petr 1,1) spricht im Brief als „Presbyter“; er redet denen ins Gewissen, die ihrerseits als Presbyter wirken (1 Petr 5,1). Petrus ist Presbyter nicht „vor“ oder „über“, sondern „mit“ den anderen Presbytern. So wird er als Nummer 1 gezeichnet, der bewusst ein Mannschaftsspieler sein will. „Presbyter“ sind für die römische Form der Kirchenleitung lange Zeit prägend. Sie stehen nicht im Gegensatz zu „Episkopen“, sondern sollen in ihrem Hirtendienst bischöfliche Aufgaben erfüllen (1 Petr 5,1). Von den Presbytern verlangt „Petrus“, nicht als Herrscher ihrer Gemeinden zu agieren, sondern als Vorbilder (1Petr 5,3). Das fängt bei ihm selbst an. Er will nicht seinen Willen durchsetzen, sondern den Christen Mut machen, die Drangsal der Gegenwart nicht nur als Ungerechtigkeit anzusehen, sondern auch als Chance, den Glauben zu entdecken und zu bezeugen (1Petr 5,12).

Die besondere Stellung des Petrus erklärt sich im Brieftext dadurch, dass er „Zeuge der Leiden Christi“ ist (1 Petr 5,1); leider fehlt jeder Hinweis auf den Widerspruch von Caesarea Philippi und das: „Ich kenne diesen Menschen nicht“. In der Zeugenschaft ist brennpunktartig erfasst, was den Apostolat ausmacht. Ohne eine solche Zeugenschaft, wie sie der Brief mit Petrus und Rom verbindet, das freilich Babylon ist, gäbe es keine Einheit der Kirche und kein Wachstum in der Gnade.

Starke Hoffnungen

Für die Verbindung von Petrus und Rom gibt es keine metaphysischen, sondern historische Gründe – weniger in einer Fülle von Fakten als in einem Kosmos von Symbolen. Rom wächst deshalb ein Petrus-Charisma zu, das den Charme der Stadt ausmacht.

Allerdings gefährdet Rom seine petrinische Sendung im selben Maße, wie der Vatikan die kirchliche Kommandozentrale sein will. Johannes Paul II. hat in seiner Ökumene-Enzyklika „Ut unum sint“ wenigstens den Mut aufgebracht, die Frage zu stellen, was sich ändern müsse, damit das Papsttum nicht zum Stein des Anstoßes, sondern zur Brücke zwischen den Kirchen wird. Eine Antwort hat er nicht gegeben. Sie ist überfällig, zumal längst auch innerkatholisch gefragt wird, wie sich regionale Differenzierungen mit kirchlicher Einheit vermitteln lassen. Bislang gibt es, auch unter Papst Franziskus, zwar einige Deklarationen, aber keine Konkretionen.

Zukunft hat das Papsttum, wenn das neutestamentliche Petruszeugnis strukturbildend wird: weniger moralische Appelle, mehr Bekenntnis zu Christus, weniger Anspruch auf Gehorsam, mehr Einsicht in das eigene Versagen; weniger Oberhirte, mehr „Mit-Presbyter“, weniger Betonmischer, mehr Schlüsseldienst.

Was hat Simon Petrus mit dem Papst zu tun? Mehr als gedacht. Und was der Papst mit Simon Petrus? Weniger als erhofft. In der Beziehung zwischen Caesarea Philippi und Rom ist noch Luft nach oben.

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