LateinamerikaVorbereitungen für das Bischofstreffen

Vom 13. bis 31. Mai findet im brasilianischen Wallfahrtsort Aparecida die fünfte Generalversammlung der Bischöfe Lateinamerikas statt. Benedikt XVI. wird die Konferenz eröffnen. Hans Czarkowski beobachtet für uns vor Ort die Vorbereitungen und das Treffen.

Anfang März 2007 wurde die „Synthese der Beiträge“ aller lateinamerikanischen und karibischen Bischofskonferenzen als Reaktion auf das „Dokument der Beteiligung“ (vgl. HK, Mai 2006, 247 ff.) an die Vorsitzenden der Bischofskonferenzen versandt. Damit ist die Vorbereitung der V. Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe vom 13. bis 31. Mai in Aparecida in Brasilien in die entscheidende und wichtige abschließende Phase der thematischen und konzeptionellen Arbeit eingetreten. Die inzwischen berufenen bischöflichen Mitglieder und Experten dieser Versammlung können die Endrunde ihrer Arbeit beginnen und das Papier mit den Voten ihrer Bischofskonferenzen vergleichen. Die „Synthese“ wurde bisher nur zum „persönlichen Gebrauch“ der Bischöfe den Vorsitzenden der Bischofskonferenzen vom Präsidenten der Lateinamerikanischen Bischofsrates (CELAM), Kardinal Francisco Errázuriz Ossa, zur Verfügung gestellt. Aber zumindest von der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) wurden bereits Ende 2006 Texte veröffentlicht, die den Diskussionsstand für Aparecida in dieser größten Nationalkirche Lateinamerikas spiegeln. Diese Positionen sollten zumindest aus brasilianischer Sicht in die Gesamtsynthese des Kontinents einfließen. Doch auch die im Februar 2007 veröffentlichten Texte römischer Stellen und eine Äußerung von Benedikt XVI. geben Einblick in die möglichen Perspektiven von Aparecida.

Herausforderungen für die Kirche

In seiner Ansprache vor den päpstlichen Nuntien in Lateinamerika am 17. Februar 2007 betonte der Papst, dass er sich auf die Eröffnung der Konferenz in Aparecida freue. Er verwies auf die häufigen politischen Wechsel in Lateinamerika und die „dort präsenten sozio-politischen Spannungen“ und unterstrich, dass er sich freue, persönlich Kontakt mit der Realität dieser Länder anlässlich der Eröffnung der Konferenz aufnehmen zu können. Benedikt XVI. verwies auf den Kontext der Globalisierung, in dem die Konferenz stehen werde, die Suche der Völker nach ihrer Identität und die angemessene rechtliche Stellung der katholischen Kirche in den Staaten Lateinamerikas. Er greift in seiner Ansprache den Begriff der Begegnung, („Encuentro“) der Kulturen des indigenen Amerika mit der christlichen Botschaft auf und unterstreicht: „Die Hilfe für die Armen und der Kampf gegen die Armut sind und bleiben eine fundamentale Priorität im Leben der Kirchen Lateinamerikas.“ Der Papst betont weiter, die Kirche sei aktiv in der Vermittlung bei Konflikten, zu der sie oft gebeten werde. Deutlich verweist er auf den „Proselytismus der Sekten“ und den „wachsenden Einfluss des hedonistischen, postmodernen Säkularismus.“ Außerdem ruft der Papst das große missionarische Potenzial Lateinamerikas ins Bewusstsein, das sich unter anderem in der zunehmenden Zahl geistlicher Berufe zeige. Schließlich erinnert er an wichtige kirchliche Herausforderungen, im Bereich der Familie, der Migration, der schulischen Bildung und der Rolle der Laien. Benedikt XVI. gibt seiner Hoffnung Ausdruck, dass die V. Generalversammlung ein gutes Ergebnis bringen werde, auch zum Wohl der ganzen Kirche.

Die sensiblen theologischen Fragen und kritischen Perspektiven für die Konferenz kommen in dem Text zum Vorschein, der unter dem Titel „Synthese der Beiträge der Kirche Brasiliens für die Konferenz in Aparecida“ bei der 61. Sitzung des Ständigen Rates der CNBB vom 24. bis 27. Oktober 2006 präsentiert wurde. Anders als das auf den ganzen Kontinent bezogene „Dokument der Beteiligung“ geht es deutlich von der Lage der Kirche in Brasilien aus: Es mahnt unter anderem die Situation der Armen, die Menschenrechtsfragen und die ökologischen Probleme, die Gefahren der religiösen Pluralität sowie der Vermassung in den urbanen Zentren an und fordert eine neue missionarische Pastoral, die diesen Entwicklungen aus dem Evangelium heraus Rechnung trägt.

Wesentlich schärfer forderte der brasilianische Missionswissenschaftler Paulo Suess im Dezember 2006 vor dem bischöflichen Pastoralrat in Brasilia, Aparecida müsse die Arbeit der Kirche für die Zukunft auf strukturelle Weise „operationalisieren“ und eine Antwort auf den „Schrei der Armen“ geben. Diese Forderungen gehen aber mit anderen Vorüberlegungen darin einig, dass es in Aparecida um einen ganz neuen missionarischen und ausgesprochen handlungsorientierten Wurf für die Kirche in Lateinamerika und die Karibik gehen wird. Auch deshalb wurden offenbar vom CELAM bis Mitte März 2007 im Rahmen einer kontinentalen Umfrageaktion dringend Vorschläge und Konzepte erbeten, wie nach Aparecida eine missionarisch-pastorale Kampagne in ganz Lateinamerika umgesetzt werden könnte. Dabei setzt man auch große Hoffnungen auf die Beiträge der neuen geistlichen Bewegungen und zugleich auf die Basisinitiativen. Die Konferenz in Aparecida verspricht also spannungsreich zu werden.

Eine missionarische Kampagne

Das umso mehr, als sich statistisch die Lage der katholischen Kirche in Lateinamerika seit der IV. Generalkonferenz im Jahr 1992 in Santo Domingo insgesamt nicht stabilisiert hat. Nach den eher optimistisch anzusetzenden römischen Statistiken aus den Jahren 1992 bis 2004 nahm die Bevölkerung in Lateinamerika und der Karibik in diesem Zeitraum um 91,43 Millionen Menschen auf 552,82 Millionen zu, also um 19,8 Prozent; die Zahl der Katholiken stieg um 60,86 Millionen auf 468,35 Millionen, ein Zuwachs von nur 14,93 Prozent. In vielen Großstädten Brasiliens sinkt der Anteil der Katholiken an der Bevölkerung auf rund 60 Prozent. Auch wenn der Rückgang der ausländischen Missionare durch den jungen lateinamerikanischen Diözesanklerus aufgefangen wurde – in 12 Jahren stieg die Zahl der Diözesanpriester um rund 35 Prozent von 30 795 auf 41 776 –, ging die Katholikenzahl pro Priester nur von 7360 auf 7068 zurück. Schon allein von der personellen Situation her überrascht daher die Migration der Katholiken Lateinamerikas und der Karibik in andere religiöse Gruppen nicht.

„Der Besuch von Papst Benedikt XVI. vom 9. bis 13. Mai 2007 in Sao Paulo und Aparecida wird die Kirche in Brasilien und Lateinamerika voranbringen und die V. Konferenz der lateinamerikanischen Bischöfe (13. bis 31. Mai 2007 in Aparecida) orientieren und erhellen.“ Davon ist der Erzbischof von Aparecida, Raymundo Damasceno Assis, fest überzeugt. In einem Pressegespräch wies der frühere Generalsekretär der Brasilianischen Bischofskonferenz und damalige Generalsekretär des Lateinamerikanischen Bischofsrates darauf hin, dass die Vorbereitungen für beide Ereignisse in Aparecida voll im Gang sind. Nach der Ankunft am 9. Mai und Großveranstaltungen und Begegnungen in Sao Paulo am 10. Mai, vor allem mit jugendlichen Delegierten, und einem offiziellen Treffen mit dem Präsidenten Brasiliens, Luiz Inácio Lula da Silva, wird der Papst am Sonntag, dem 13. Mai, einen Gottesdienst mit den Pilgern vor einer der größten Wallfahrtskirchen Lateinamerikas „Nossa Senhora de Aparecida“ feiern und am Nachmittag dann die V. Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe eröffnen.

Begegnung des Papstes mit der Jugend

Der Bischof berichtete, das „Colegião“, das Priesterseminar der Erzdiözese aus dem Jahr 1894, werde zur Zeit von Grund auf renoviert. Zahlreiche brasilianische Spender, auch Adveniat, hätten geholfen und Thyssen-Krupp finanziere und baue die Fahrstuhlanlage. Die Arbeiten kämen gut voran, so dass dort der Papst mit seiner Begleitung wohnen werde. Der große Ziegelbau werde nach dem Besuch als Pastoral- und Ausbildungszentrum der Erzdiözese dienen. Die rund 300 Bischöfe und die 100 weiteren Teilnehmer der Konferenz werden zum Teil in diesem Kolleg, aber auch in Hotels wohnen und in einem neuen Tagungszentrum unter der Wallfahrtskirche arbeiten. Dort wird auch das Pressezentrum nahe am Geschehen eingerichtet. Auch hier sei man im Zeitplan. Vor der Kirche werde eine neue Altarplattform eingerichtet und die Säulengänge würden verstärkt, so dass von dort die elektronischen Medien den Gottesdienst gut verfolgen könnten.

Mit Humor bemerkte Bischof Damasceno Assis, dass manche Europäer ein wenig skeptisch seien, ob alles bis zum Mai fertig gestellt sei: „Aber wir Brasilianer verstehen einiges von moderner Architektur und könnten Probleme kreativ lösen, manchmal auch mit schneller Improvisation.“ Besonders wichtig sei die Begegnung des Papstes mit der Jugend zu Beginn seines Besuches in Sao Paulo. Es gebe eine neue junge Generation in Brasiliens die in der beruflichen Welt engagiert, aber gleichzeitig für den christlichen Glauben aufgeschlossen sei. Sie wolle ihr Christsein leben und auch politisch artikulieren; sie werde die Impulse des Papstes wach aufnehmen.

Der Präfekt der Bischofskongregation, Kardinal Giovanni Battista Re, ist einer der drei vom Papst berufenen Vorsitzenden (Präsidenten) der Versammlung, dazu kommen Kardinal Francisco Xavier Errázuriz Ossa, Erzbischof von Santiago de Chile und Präsident des CELAM, sowie der Vorsitzende der Brasilianischen Bischofskonferenz (CNBB) und Erzbischof von Sao Salvador de Bahia, Kardinal Geraldo Majella Agnelo.Generalsekretär der Konferenz ist Andres Stanovnik, Bischof von Reconquista in Argentinien und Sekretär des CELAM, Exekutivsekretär ist Odilo Scherer, Weihbischof von São Paulo und Generalsekretär der CNBB. Bischof Damasceno Assis geht davon aus, dass die Generalversammlung den missionarischen Aufbruch der Kirche in Lateinamerika fortsetzt, in der Pastoral und in ihrer gesellschaftlichen Präsenz. Mit Blick auf die Zukunft vermerkte er durchaus selbstbewusst: „Vielleicht können wir in Zukunft der Kirche in Deutschland mit unseren Erfahrungen und unserem Personal helfen, auch als Dank für die Hilfe, die wir in den vergangenen Jahrzehnten erfahren haben.“

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