Staat - Ehe - KircheDie Institution

Auch ohne "echte", nur mit einer geschäftsführenden Regierung floriert die Bundesrepublik. Institutionen halten die Ordnung für gewisse Zeit sogar in Krisen aufrecht. Allerdings nicht ewig. Sie müssen stets neu mit Leben gefüllt werden.

Seit einem halben Jahr hat die Bundesrepublik Deutschland keine „echte“ Regierung, nur eine geschäftsführende. Trotzdem herrscht nicht Anarchie. Die Wirtschaft floriert, die öffentliche Ordnung ist nirgendwo zusammengebrochen. Alles geht seinen Gang. Denn Institutionen können allein aus sich für Stabilität sorgen, wenn turbulente Verhältnisse eintreten wie die jetzigen, die dieses Staatswesen so bisher nicht kannte. Die Unzuverlässigkeit und das Geschachere der Parteien haben eine schwierige Situation produziert. Wenn aber starke Institutionen als Ergänzung einer geschwächten Institution zusammenspielen, lässt sich das Problem eingrenzen. Es gibt einen arbeitsfähigen Bundestag, ein unabhängiges Bundesverfassungsgericht. Im Föderalismus tragen Landesregierungen zum demokratischen Lastenausgleich bei. Und trotz der Klagen über Bürokratie können die Bürger für eine professionelle Verwaltung nur dankbar sein, die schlichtweg tut, was zu tun ist.

Ähnliches lässt sich über die Balancen in Amerika sagen, wo ein umstrittener Präsident mit Bauch-Entscheidungen und spontanen Handlungen der Hoheit seines Amtes nicht immer gewachsen zu sein scheint. Italien hat über Jahrzehnte viele Regierungswechsel in oft kürzesten Abständen überstanden. Ehemals bedeutende programmatische Parteien wie die Democrazia Cristiana haben sich im Chaos zerlegt. An deren Stelle traten populistische Bewegungen, bisher aber ohne Gefahr fürs System.

Institutionen können über längere Zeit hinweg Halt geben, selbst wenn sie im Volk nicht mehr die Zustimmung von einst finden. So ist die Ehe nach wie vor die wesentliche Stütze von Staat und Gesellschaft trotz enorm gestiegener Scheidungszahlen. Und die Kirche sorgt als verfasstes Christentum weiter für eine gewisse kulturelle Präsenz des jesuanischen Glaubenswegs, obwohl sich viele Getaufte von ihr abgewandt haben und junge Leute nicht mehr zu ihr hinfinden.

Institutionen sind als „Hohlkörper“ allerdings darauf angewiesen, nicht dauerhaft hohl zu bleiben. Sie müssen gefüllt werden mit Substanz, Inhalt, Geist und Leben, mit Menschen, die die Bedeutung der Institution erkennen, anerkennen, achten. Ohne aktive Kirchenmitglieder gäbe es das Christentum nicht. Ohne Paare, die sich für die Ehe als beste aller Beziehungsformen entschließen, gäbe es jene Verlässlichkeit nicht, die die psychisch gesunde Entwicklung des Nachwuchses am besten fördert und den Generationenvertrag trotz aller Beziehungsturbulenzen und Partnerschaftskonflikte gewährleistet. Ohne eine zuverlässige, klare Regierungsbildung würde im Lauf der Zeit irgendwann selbst das stärkste demokratische System beschädigt. Krisen von Institutionen geben Gelegenheit, deren Sinn wiederzuentdecken. Manchmal braucht es dazu allerdings mehr als bloß eine Generation. CIG

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