Natur als Spiel- und Lernort für KinderHauptsache dreckig!

Mit den Händen im Matsch zu wühlen, finden Kinder herrlich. Diese Erfahrung macht nicht nur Spaß, sondern ist auch gesund

Hauptsache dreckig
Pitsch, Patsch, ich lieb den Matsch! © iStock, Folia

Mal ehrlich: Wenn Ihnen jemand einen Kurs für Kinder empfiehlt, der Muskulatur und Motorik, räumliches Denken, Kreativität und sinnliche Wahrnehmung gleichzeitig fördert – würden Sie da nicht sofort den Anmeldebogen ausfüllen? Dabei findet dieser erfundene Förderkurs jeden Tag ganz real vor der Haustür statt: Es geht ums Spielen in der Natur. Draußen herumzutoben ist eine Art Grundbedürfnis von Kindern, nirgendwo sonst können sie so viel entdecken.

Kein noch so perfekt ausgestattetes Kinderzimmer kann Kindern die abwechslungsreichen und vielfältigen Erlebnisse bieten, die sie beim Spielen draußen haben. Alle Sinne werden dabei angeregt. Und das macht ungeheuer neugierig und kreativ. Auf weichem Waldboden oder im Sand können Radschlag und Purzelbaum geübt werden und ein kleiner Hang lädt zum Hinunterrollen ein. Auch das Laufen, Klettern, Balancieren oder Versteckspielen schult die Motorik und stärkt die Muskulatur. In ruhigeren Phasen spielen die Kinder zum Beispiel mit Sand, pfeifen auf einem Grashalm oder knüpfen eine Blumenkette und trainieren somit ihre Feinmotorik.

Dieses Spüren, Sehen und Anfassen führt nicht nur zu lustvollem Spiel. Gleichzeitig wird den Mädchen und Jungen so die Natur immer vertrauter und sie lernen sie zu schätzen. Mit jeder neuen Erfahrung, die ein Kind im Freien macht, bilden sich in seinem Gehirn neue Synapsen. „Naturerleben fördert die kognitive Entwicklung von Kindern und ist zudem ein optimales Mittel zur Konzentrationsförderung, denn es entspannt ungemein“, sagt die Ergotherapeutin Maria Heckel. Und das Beste: Draußen spielen hält Kinder nicht nur fit – es macht vor allem Riesenspaß!

Matsch auf meiner Haut

Wunderbare Erfahrungen ermöglicht insbesondere das Spiel mit Holz, Gras, Steinen, Wasser und Erde. Davon ist auch der Bitburger Logopäde Dirk Piepho überzeugt und fordert: „Wer die Welt erforscht, muss sich auch richtig schmutzig machen dürfen.“ Wohin führt die Ameisenstraße? Wer wohnt wohl in dem kleinen Loch im Rasen? Wieviel Erde passt in die Pfütze, bis kein Wasser mehr zu sehen ist? All das will ausprobiert werden. Nur wer sich dabei auch auf den Boden legt und beherzt zugreift kann Tiere, Pflanzen und Dinge auch von Nahem genau betrachten. Das ist gut und richtig so. Wenn es draußen kühl und nass ist, sind Matschhosen dafür die beste Wahl. Noch unkomplizierter wird es bei warmen Temperaturen, wenn die Kinder nur leicht- oder unbekleidet spielen können. Wasser und Matsch sind dann direkt auf der Haut spürbar. Die Konsistenz verschiedener Materialien zu fühlen, zu erforschen und zu bearbeiten, ist sehr reizvoll. Ideale Bedingungen – und eine willkommene Alternative zum Sandkasten – bietet ein Haufen mit Muttererde, auf dem die Kinder mit Wasser, Steinen, Ästen und einfachem Werkzeug nach Herzenslust matschen und bauen können. Hier entstehen Landschaften und Burgen, Tunnel oder sogar Murmelbahnen. Wenn die Kinder zurück ins Haus kommen, sind sie meist von oben bis unten dreckig. Und richtig glücklich.

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Schutz durch Schmutz

Die Körperabwehr muss sich in den ersten Lebensjahren erst noch aufbauen, der Kontakt mit Bakterien und Keimen ist dafür ein gutes Training. Wenn Kinder oft draußen spielen und viel mit anderen zusammen sind, stärkt dies ganz nebenbei ihr Immunsystem.

Kinderärzte vermuteten schon lange, dass Dreck auch vor Allergien und Asthma schützen kann. Dies hat eine große internationale Studie 2013 erhärtet: Forscherteams untersuchten die Infektanfälligkeit und Allergiehäufigkeit von Mäusen, deren Körperabwehr stark der menschlichen ähnelt. Die Labormäuse, die in abgeschotteten und keimreduzierten Käfigen lebten, waren im Vergleich zu den anderen Versuchstieren viel anfälliger für Asthma, Allergien und Organentzündungen. Bereits im Jahr 2000 hatte die „Bauernhof- Studie“ einer Münchner Kinderärztin für Aufsehen gesorgt. Sie fand heraus, dass Kinder von bayerischen Bauernhöfen weniger anfällig für Allergien, Asthma und Neurodermitis sind als gleichaltrige Stadtkinder, die viel seltener mit Mikroben, Bakterien und Schimmelpilzen in Berührung kommen.

Wenn der Schnuller das nächste Mal in den Sandkasten fällt und die kleine Kinderhand ihn, schwupp, wieder in den Mund steckt, können Sie also ganz gelassen bleiben!

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