Mit Kindern Mathematik im Alltag erlebenWie viele sind das?

Das ganze Leben steckt voller Mathematik. Eltern können mit ihren Kindern im Alltag auf eine spannende Entdeckungsreise gehen und nebenbei Grundlagen für das Rechnenlernen schaffen

Wie viele sind das?
2 x 3 macht 4, Widdewiddewitt und Drei macht Neune! © photocase

Der Morgen beginnt mit mathematischen Fragestellungen: Wie spät ist es? Wer hat mehr Zahncreme auf der Bürste oder Müsli im Teller? Wer zieht sich schneller an? Welche Muster entdecken wir auf dem gepflasterten Weg zur Kita? Und welchen Zahlen begegnen wir unterwegs?

Wer sich die mathematische Brille aufsetzt, stellt schnell fest: Mathematik ist überall. Denn neben den Ziffern, den Zahlen und deren Beziehungen untereinander, gehören auch die Geometrie (Formen in der Ebene – Körper im Raum – Muster – Symmetrien), die Größen und das Messen (Geldwerte – Längen – Zeit – Gewicht – Hohlmaße), und vor allem das Forschen und Fragen ganz klar zu dieser Wissenschaft.

Mathe in Kinderzimmer und Küche

Der Familienalltag bietet jede Menge mathematischer Erfahrungen. Wer mit Kindern aufräumt, stellt schnell fest, dass deren Ordnungssysteme nicht immer mit den eigenen übereinstimmen. Mathematisch gesehen ist jedoch nur wichtig, dass die Zuordnung verschiedener Dinge („Elemente“) eindeutig ist. Und dass klar benannt wird, aufgrund welcher Eigenschaft diese zusammengehören. So passen alle Tiere aus Kunststoff – im Gegensatz zu denen aus Holz –, oder eben alle Pferde – im Gegensatz zu den Kühen – in eine Box.

Kleine Rechnungen lassen sich mit Spielmaterial vollziehen. Wenn in einer Schale zwei blaue Murmeln liegen, in der anderen drei grüne, sind das nach dem Zusammenschütten wie viele Murmeln? Wichtig für den Lerneffekt ist, dass das Kind Interesse für solche Fragestellungen mitbringt, die Handlungen selbst vollzieht und dabei benennt. Es erfährt, dass bei diesen Rechnungen einzig die Anzahl von Bedeutung ist und es keine Rolle spielt, wie groß die Murmeln sind, welche Farbe sie haben oder ob es sich um andere Gegenstände (Ostereier, Socken) handelt.

Spiele mit Würfeln trainieren das schnelle Erkennen der Punkte und das Übersetzen in Spielzüge. Die Kinder prägen sich das Punktebild auf dem Würfel ein, die Simultanerfassung wird angebahnt: Mengen bis etwa fünf, bei entsprechender Übung sogar bis acht, können wir auf einen Blick erfassen, ohne nachzählen zu müssen.

Insbesondere das Kochen und Backen ist ein weites mathematisches Lernfeld. Der Umgang mit Waage und Messbecher vermittelt Kindern ein Gefühl für Volumina und Massen, sie zählen die Eier ab, ebenso ihre Schalenhälften und portionieren das fertige Essen. Auch beim Tischdecken sind mathematische Beziehungen im Spiel, denn zu jedem Teller gehören Besteck und Becher, deren Anzahl sich an der jeweiligen Personenzahl orientiert und die in einer bestimmten Anordnung aufgedeckt werden.

Stellen Sie an warmen Tagen verschiedene, am besten durchsichtige Gefäße ins Freie. Kinder lieben es, diese mit Wasser zu füllen und es immer wieder aufs Neue hin und her zu schütten. Dabei können sie gut beobachten, dass eine bestimmte Wassermenge in einem schmalen Gefäß ganz anders wirkt als in einem breiten.

Malen, falten, Muster finden

Am Basteltisch zeigt die Mathematik ihr ästhetisches Gesicht. Beim Falten erleben die Kinder, wie aus einem großen Papier ein kleineres wird und dass sie ein Quadrat anders falten können als ein Rechteck. Schneiden sie an der Faltkante ein Dreieck ein, wird beim Öffnen des Papiers daraus ein Viereck. Aus einem zweidimensionalen Blatt entsteht eine dreidimensionale Schachtel und Farbkleckse werden durch Falten des Blattes spiegelbildlich ergänzt. Bunte Perlen reihen sich zu Ketten mit unterschiedlichen Mustern, aus geometrischen Legeplättchen wachsen vielerlei Formen, auch achsensymmetrische.

All dies sind spielerische Handlungen, die Kindern Freude machen und sich ihnen einprägen. Es geht dabei nicht um Mathematik, wie wir Erwachsene sie verstehen (und manchmal auch fürchten), sondern darum, Grundlagen für ein mathematisches Denken zu schaffen.

Kinder lernen mit ihrem Körper

Kinder im Kitaalter brauchen keine mathematischen Übungen mit Papier und Stift oder mit der Tastatur. Viel wichtiger ist Bewegung! Denn die Orientierung im Raum ist eine Voraussetzung dafür, dass sich Kinder später auch im Zahlenraum zurechtfinden können. Die beste Vorbereitung auf den späteren Mathematikunterricht: über Hindernisse und unter ihnen hindurchklettern, kleine und große Schritte gehen, in die Höhe und in die Tiefe springen, auf einer Linie balancieren, sich rhythmisch bewegen, Hüpfspiele machen, sich kopfüber an eine Reckstange hängen, spiegelbildlich Bewegungen nachahmen …

Wache Sinne und ein gutes Gedächtnis helfen ebenso beim Lösen mathematischer Fragestellungen. Spiele wie Ich sehe was, was du nicht siehst, Alle Vögel fliegen hoch!, Ich packe meinen Koffer sowie kleine Experimente rund ums Riechen, Schmecken, Hören und Tasten fördern Ihr Kind in diesen Bereichen. Auch das gemeinsame Singen von Liedern oder Aufsagen von Reimen wirkt sich positiv aus.

Wissenswertes für Erwachsene

Wir schreiben unsere Zahlen im Dezimalsystem und brauchen somit nur zehn Ziffern, um beliebige Zahlen darzustellen. Links neben den Einern (per Definition: 100) stehen die Zehner (101), die Hunderter (102), und so weiter. Steht zum Beispiel die Fünf an der Einerstelle, bedeutet sie Fünf, steht sie an der Zehnerstelle, bedeutet sie Fünfzig. Dieselbe Ziffer hat also je nach Standort eine unterschiedliche Bedeutung. Mit der Ziffer Null kann eine leere Menge beschrieben werden, aber auch beim Schreiben großer Zahlen ist sie von größter Bedeutung. Denn erst die Nullen machen beispielsweise aus der Eins eine Million. Das Verständnis des Dezimalsystems ist wichtig, um über den Zehner, den Hunderter oder Tausender hinaus rechnen zu können.

kizz Interview

kizz sprach mit Angelika Sitte, Leiterin der Frobenius-Thomsin-Schule in Blumberg-Riedöschingen

Viele Eltern fürchten, Mathe könnte in der Schule das „Horrorfach“ werden.

Das hängt oft mit deren eigenen Erfahrungen zusammen. Es wäre schön, wenn die Eltern insgesamt entspannter und offener damit umgingen. Denn Mathematik bedeutet vor allem auch nachzudenken, eigene Strategien zu entwickeln, zu knobeln, an einem Problem dranzubleiben und zu versuchen, dieses zu lösen, nicht sofort aufzugeben. Die Kinder bringen somit bereits vielfältige Fähigkeiten mit, an die der Unterricht anknüpft.

Mathematik bedeutet mehr, als zählen zu können. Was wird beim Mengenverständnis aufgebaut?

Es geht um die Zuordnung einer Menge zu einem Zahlbegriff. Die meisten Kinder können mit Schuleintritt schon bis zehn oder sogar bis hundert zählen. Allerdings sind das oft auswendig gelernte Zahlenreihen und die Kinder haben keine Vorstellung von der Menge, die hinter den Zahlen steckt. Doch erst wenn das Mengenverständnis vorhanden ist, können Zahlen miteinander in Beziehung gesetzt und Rechenoperationen durchgeführt werden.

Wie können Eltern ihr Kind unterstützen?

Sie sollen auf keinen Fall schon mit den Kindern zu Hause „Rechnen“ üben. Viel bedeutsamer ist es, mit den Kindern zu spielen, sie ausprobieren zu lassen und sie bei ihren mathematischen Entdeckungen zu begleiten.

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