Teamführung mit dem Enneagramm

Beim Enneagramm handelt es sich um ein Modell aus der Typenforschung, das ein differenziertes Bild des einzelnen Menschen ermöglicht. Die Unterschiede zu erkennen – bei sich und bei anderen – hilft, Missverständnisse zu vermeiden, Verschiedenheiten zu verstehen, die Kommunikation zu verbessern und Führung zu erleichtern. Gerade für Leitungen in sozialen Einrichtungen stellt das Enneagramm ein gutes Instrument für gelingende Führung dar.

Teamführung mit dem Enneagramm

Das eigene Kommunikationsverhalten der Leitung ist ausschlaggebend für die Gesprächskultur in der Einrichtung sowie die Arbeitsmotivation der einzelnen Teammitglieder und trägt damit wesentlich zu einem guten Klima und qualitativ hochwertiger Arbeit bei. Deshalb ist der Ausgangspunkt die Auseinandersetzung mit dem eigenen Muster im Enneagramm. Das Erkennen des eigenen Musters ist zugleich das Schwierigste: Es erfordert Übung und wachsames Beobachten des eigenen Verhaltens und der Reaktionen anderer. Dazu empfehlen wir Ihnen Zeit, Geduld und Achtsamkeit mit sich selbst und den verschiedenen Seiten Ihres Selbst.

Um das Enneagramm als Instrument der Kommunikation und Führung zu nutzen, sollten Sie sich wertschätzend an Ihr eigenes Muster sowie achtsam und respektvoll an die Muster Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herantrauen. Wieder ist der Weg das Ziel. Fangen Sie einfach mal an, ohne perfekt sein zu wollen. Jeder Schritt wird erfolgreich sein – mal mehr, mal weniger –, und immer geht es in Richtung des Zieles „entspannt führen“ voran.

Das Enneagramm und seine Muster

Das Enneagramm beschreibt neun Muster oder Typen von Menschen. Jeder ist durch bestimmte Haltungen geprägt, die bei genauer Beobachtung (und Selbstbeobachtung) gut zu erkennen sind. Jeder Grundtyp ist wertneutral, also weder gut noch schlecht. Aus ihm leitet sich ein Selbstbild ab, eine Vorstellung über die eigene Identität. Auch wenn uns dies nicht bewusst ist, so liegt es doch in der Natur des Menschen, diese Identität möglichst positiv zu erleben und in der Regel auch zu zeigen.

Das Enneagramm als Leitungsinstrument

Für die Leitung einer Kita ist es wichtig zu wissen: Wie wirke ich auf die anderen? Wie motiviere ich meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter? Wie gelingt eine gute Teamführung durch Kommunikation? Dazu bedarf es der Erforschung und Erkenntnis der eigenen Persönlichkeit und der unterschiedlichen Persönlichkeiten im Team. Das Enneagramm ist dafür ein gutes Instrument. Das Enneagramm möchte eine wertschätzende Offenheit für unterschiedliche Persönlichkeiten in einem Team anbieten. Die Muster liefern keine starren Typenbeschreibungen, sondern sind offen für Veränderungen der Person. Diese Veränderungen können bewusst gewollt sein oder auf veränderte Einflüsse der Umgebung, auf Kommunikationserlebnisse und Erfahrungen zurückgehen. Sie sind jedoch, so die Grundannahme des Enneagramms, nicht beliebig, sondern lediglich Manifestationen von Neigungen, die im jeweiligen Muster angelegt sind.

Damit ist das Enneagramm kein statisches Kategoriensystem. Vielmehr stehen die neun Persönlichkeitstypen innerhalb des Enneagramms dynamisch miteinander in Verbindung. Für jeden der neun Typen ist eine Entwicklung in die positive wie in die problematische, die aufbauende wie die zerstörende Richtung möglich; es kann also bergauf oder bergab gehen.

Schauen wir uns im Folgenden die neun Menschentypen oder auch die neun Facetten des Menschen an, wie sie das Enneagramm beschreibt. Wir vermuten, es wird Ihnen nicht schwerfallen, darin viele Ihrer Gesprächspartner und hoffentlich auch sich selbst wiederzufinden. Freilich werden Sie wohl nur selten einen Menschen finden, der völlig zu einer der Typenbeschreibungen passt.

Die EINS: Perfektionist und Reformer: Einser wollen alles richtig machen. Und sie wissen auch, wie man das macht. Einser sind kompetent, und es ist ihnen bewusst. Sie sind genau, kümmern sich auch um Details und erwarten von anderen ebenfalls, dass sie das tun. Einser wissen, dass sie nur dann gut sind, wenn sie sich ständig verbessern. Andere verbessern sie auch. Manche meinen, sie seien typische Lehrer. Lehrer sehen das natürlich anders.

Die ZWEI: Helfer und Geber: Zweier sind die „Mutter Teresa“ jeder Gruppe und jeder Einrichtung. Sie wollen helfen, und sie tun das auch. Hat jemand ein Problem, kann er sich immer an die Zwei wenden; tut er das nicht, wird die Zwei ihm Hilfe anbieten. Für diese Aufopferung erwartet die Zwei natürlich auch Anerkennung. Manche meinen deshalb, sie sei gar nicht so selbstlos, wie sie auftritt. Aber damit täten sie der hilfsbereiten Zwei unrecht.

Die DREI: Erfolgsorientierter Macher: Dreier brauchen eine Bühne und lassen kein Mikrofon oder gar eine Kamera aus. Sie achten auf Effizienz, und das sichert ihnen den Erfolg, an den sie glauben und den sie brauchen. Sie sind innovativ, schon weil man sich damit einen Namen macht. Natürlich nehmen sie ihre Kolleginnen und Kollegen bei allen Aktionen mit – solange sie selbst im Mittelpunkt stehen. Doch das steht außer Frage: Schließlich können sie alles Wichtige auch am besten.

Die VIER: Besonderer Individualist: Vierer sind anders. Sie sind Individualisten, aber nur, wenn nicht auch alle anderen diese Eigenschaft für sich beanspruchen. Ein bisschen fühlen sie sich immer als Künstler: kreativ, besonders und letztlich immer unverstanden. Sie brauchen den Applaus nicht. Ihr Vergnügen ist es eher, andere zu beeinflussen, ohne dass die es merken. Man könnte von Manipulation sprechen, aber eigentlich kommt dabei nur ihre ausgeprägte Empathie zum Tragen. Wenn man den Vierer ärgern will, sagt man, dass man ihn völlig versteht. Glauben wird das der Vierer freilich ohnehin nicht.

Die FÜNF: Forscher und Denker: Fünfer sind wissbegierig und wollen den Dingen auf den Grund gehen. Mit nur vorläufigen Erkenntnissen wollen sie nicht an die Öffentlichkeit – und eigentlich sind alle Erkenntnisse nur vorläufig. Fünfer bleiben deshalb gerne im Hintergrund und gelten als zurückgezogen. Aber sie sind bei allem Wichtigen aufmerksam dabei – als Beobachter und kritische Analytiker.

Die SECHS: Loyaler Skeptiker: Sechser sind sensibel – jedenfalls wenn es darum geht, Gefahren zu erahnen und Risiken zu erkennen. Sie warnen dann davor, gerade, wenn dabei noch gegen Regeln verstoßen werden könnte. Deshalb gelten sie oft als Bedenkenträger. Aber Team wie Vorgesetzte können sich auf Sechser unbedingt verlassen, solange sie sich selbst an die Regeln halten. Der Sechser achtet darauf, dass nicht jeder tut, was er will, sondern alle tun, was sie sollen. Die Sechser sind es deshalb, die eine Gemeinschaft zusammenhalten.

Die SIEBEN: Glücklicher Optimist: Siebener lassen sich gern begeistern – vor allem von der Schönheit des Lebens. Sie tragen dazu bei, dass sie selbst und andere sich wohlfühlen. Für Siebener ist die Welt voller Möglichkeiten. Wenn der Pessimist das Glas als halb leer bezeichnet, sagt der Siebener einfach „Prost!“. In einer Gruppe mit einem Siebener werden sich alle wohlfühlen.

Die ACHT: Anführer: Achter fühlen sich stark und zeigen das auch. Sie wollen alles unter Kontrolle haben – nicht nur für sich, sondern auch, um sich so besser für andere einsetzen zu können, wenn denen Unrecht geschieht. Sie übernehmen die Führung im Kampf um Gerechtigkeit und zum Schutz für Schwächere. Manche meinen freilich, die Achter wollten auf diese Weise auch darüber bestimmen, was für andere gut ist.

Die NEUN: Vermittler ins „Paradies“: Neunern geht Harmonie über alles. Wenn anders kein Ausgleich zwischen kontroversen Standpunkten möglich ist, verzichtet der Neuner auf seine eigenen Interessen. Er zieht eine Vertagung einer schnellen Entscheidung vor, solange noch nicht alle gehört wurden und einverstanden sind. Er hält die Gruppe zusammen, weil keiner ausgeschlossen wird. Mehrheitsentscheidungen mit Siegern und Verlierern sind ihm ein Gräuel. Dann lieber zunächst gar keine Entscheidung.

Ein visionärer Blick – Die ideale Aufgabenteilung im Kita-Team

In einer großen Kindertageseinrichtung, in der neun pädagogische Fachkräfte arbeiten, die jeweils einem der unterschiedlichen Enneagramm- Typen angehören, ist die ideale Aufgabenteilung im Kita-Team leicht zu finden:

Die DREI übernimmt die Leitung und vertritt die Einrichtung nach außen. Das macht sie perfekt. Die VIER ist die Stellvertretung, die „Chefin im Hintergrund“. Sie genießt es, dass sie nicht nur bei Abwesenheit der Leitung, sondern auch sonst über ihre Vorschläge und Empfehlungen den „Laden“ steuert.

Die EINS ist zusammen mit der SIEBEN zuständig für die Teamentwicklung: Typ Eins richtet seinen Blick auf Organisation, Aufgabenverteilung und Ergebnisse; Typ Sieben sorgt dafür, dass sich alle im Team wohlfühlen.

Die SIEBEN hat die Tische dekoriert und die Buntstifte zum Flipchart gelegt. Wenn bei einer Sitzung auch noch Kuchen bereitsteht, hat ihn wahrscheinlich die ZWEI besorgt.

Die FÜNF entwickelt Vorschläge für die Erprobung neuer Methoden und Modelle, sie liest die Fachliteratur. Typ Fünf übernimmt es, die pädagogischen Erkenntnisse auf ihre Anwendbarkeit in der Einrichtung zu überprüfen.

Die ZWEI kümmert sich um das Wohlergehen der Kinder, unternimmt und spielt viel mit ihnen. Sie pflegt zusammen mit dem Kind sein Portfolio, bereitet Entwicklungsberichte auf, um auch den Eltern die Fortschritte ihrer Kinder nahebringen zu können.

Die SECHS weiß genau, welche Anforderungen an sie gestellt werden, und gibt sich alle Mühe, die Aufgaben verlässlich zu erfüllen. Wer sein Kind in ihrer Gruppe hat, ist auf der sicheren Seite: Die Aufsichtspflicht sowie die Vorgaben des Trägers sind ihr wichtig und werden strikt eingehalten.

Die ACHT will die Kinder fit machen fürs Leben. Bei ihr lernen sie, sich in der Welt zu behaupten. Häufig hat sie eine Zusatzausbildung in Erlebnispädagogik – ein regelmäßiger Waldtag, Iglu-Bauen im Winter und vielleicht auch ein wenig Judo gehören zu ihren Angeboten.

Die NEUN ist der Ruhepol in ihrer Gruppe. Stets erweist sie sich als gute Zuhörerin für alle. Wenn es im Team oder mit Eltern einmal zu Problemen kommt, kann man sich auf ihr Konfliktmanagement verlassen. Sie findet einen Ausweg, der keinen im Regen stehen lässt. Eigentlich hält sie das Team zusammen – aber das kann die DREI nicht erkennen.

Aber auch hier gilt: Das Enneagramm ist kein Rezept, keine einfache Handlungsanweisung. Es muss in der Praxis erprobt werden – zunächst im Rahmen der Selbsteinschätzung, anschließend in der Einschätzung der anderen (nach den jeweiligen Mustern). Und erst dann macht es Sinn, die Beziehungen untereinander anzugehen.  

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