KommentarVerschlungen

Wann und wo findet der zweite Ökumenische Kirchentag statt?

Manchmal geht die Ökumene verschlungene Wege, und verwirrt hält inne, wer ihr zu folgen sucht. Mit dem Beschluss, den 97. Katholikentag im Jahr 2008 in Essen abzuhalten, hat die diesjährige Herbstvollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) mehr oder minder auch über Ort und Zeit für den zweiten Ökumenischen Kirchentag entschieden. Mit dem zweiten aber entscheidet man nahezu zwangsläufig auch über einen dritten und vierten. Wäre der zweite Ökumenische Kirchentag (ÖKT) beispielsweise, wie es der Deutsche Evangelische Kirchentag (DEKT) dem Vernehmen nach anfangs wünschte, wieder in Berlin zu Gast, bliebe er wohl auch künftig in der Hauptstadt. Selbstredend lässt sich eine ganze Reihe guter Gründe finden für die Entscheidung des ZdK – sowohl was den Ort als auch was den Zeitpunkt des 97. Katholikentags angeht: Denn folgt das ZdK seinem traditionellen Zwei-Jahres-Rhythmus, ist nach Ulm im Jahr 2004 und Saarbrücken 2006 im Jahr 2008 ein Katholikentag schlicht fällig. Schließlich sollte auch wieder eine größere Stadt Gastgeberin sein, und so tief im Westen war der Katholikentag zuletzt 1986 in Aachen. Zudem feiert das Ruhrbistum im Jahr 2008 sein fünfzigjähriges Bestehen und zumindest bei den älteren Katholikentagsteilnehmern wird der Beschluss lebhafte Erinnerungen hervorrufen: Vom Essener Katholikentag im unruhigen Jahr 1968 wurde die Forderung nach einer Synode, nach einem Konzil für Deutschland erhoben.

Offenbar aber war es für das ZdK jetzt auch höchste Zeit, über den 97. Katholikentag zu entscheiden, wie ZdK-Generalsekretär Stefan Vesper in einem nicht öffentlichen Brief an alle Mitglieder vor der Vollversammlung betonte. Ausführlich schilderte er dabei die Barrieren und Hindernisse auf dem Weg zu einem zweiten Ökumenischen Kirchentag. Auch für einen Katholikentag müsse es mindestens eine vierjährige Vorlaufzeit geben. Der DEKT habe sich schon 2002 mit fünfjährigem Vorlauf entschieden, einen Evangelischen Kirchentag im Jahr 2007 in Köln zu feiern. Würde sich ein solches Bild bei Geschwistern im Glauben nicht eigentlich verbieten – mit seinem Beschluss hat das ZdK dem DEKT jetzt die Pistole auf die Brust gesetzt. Oder hat es einfach nur den Schwarzen Peter zurückgespielt? Denn das DEKT-Präsidium hatte zuletzt dem ZdK das Jahr 2008 für den nächsten ÖKT vorgeschlagen. Weder das ZdK noch der DEKT hatten für 2008 konkrete Pläne. Allerdings liegt auch keine Einladung einer Landeskirche und eines Bistums vor. Noch betonen beide Seiten bei jeder Gelegenheit die gute und offene, vor allem vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre. Die Auseinandersetzung über das Wo, Wann und Wie des nächsten ÖKT scheint aber immer schwieriger zu werden. Wobei die Offenheit, mit der auch die Probleme zwischen den Partnern benannt werden (können), zweifelsohne Ausdruck einer neuen Qualität im ökumenischen Gespräch ist. Auch das gehört in die Erfolgsgeschichte von Berlin 2003.

Angesichts des allseits gefeierten Erfolgs des ersten Ökumenischen Kirchentags hatten das ZdK und der DEKT noch Ende des Jahres 2003 den Beschluss gefasst, im Zeitraum 2008 bis 2010 einen zweiten Ökumenischen Kirchentag folgen zu lassen. Zugleich betonte man, dass Katholikentage und Evangelische Kirchentage, auch für den ökumenischen Fortschritt, in Zukunft notwendig blieben. Jedoch schon anlässlich der traditionell am Vorabend des Katholikentags stattfindenden ZdK-Vollversammlung und nach einer ganzen Reihe von Gesprächen mit dem DEKT auf unterschiedlicher Ebene verwies ZdK-Präsident Hans Joachim Meyer in Ulm auf Schwierigkeiten bei den Verhandlungen über den künftigen ÖKT. Zugleich unterstrich er den eigenen Standpunkt: Der partnerschaftliche Charakter solcher Ereignisse müsse sich auch in der Wahl des Zeitpunktes und des Ortes bewähren. Für das ZdK bedeute dies unter anderem einen Wechsel von geraden und ungeraden Jahren sowie zwischen Städten unterschiedlicher konfessioneller Tradition.

Noch in der ersten Planungsphase für den Ökumenischen Kirchentag hatten beide Partner betont, auch nach einem solchen Experiment die jeweilige konfessionelle Tradition fortsetzen zu wollen. Auch der DEKT legte sich früh fest. Schon beim Frankfurter Kirchentag im Jahr 2001 lud man zum Kirchentag nach Hannover 2005. Dass man zugunsten des ökumenischen Großtreffens auf den evangelischen Kirchentag ganz verzichten könnte, ist wohl noch unvorstellbarer, als dass es eines Tages keine Katholikentage mehr gibt. Entsprechend muss für den DEKT auch alle zwei Jahre ein solcher Kirchentag stattfinden. Aber selbst für den DEKT, der sich anders als das ZdK ganz diesen Kirchentagen widmen kann, wären drei Großtreffen hintereinander eine zu hohe Belastung. So drängt man auf ein ungerades Jahr für den nächsten Ökumenischen Kirchentag. Traditionell findet der Katholikentag in geraden, der Evangelische Kirchentag in ungeraden Jahren statt. Für den ersten Ökumenischen Kirchentag hatte das ZdK diesen Zwei-Jahres-Rhythmus der Katholikentage unterbrochen und das Jahr 2002 übersprungen. Für die weiteren Ökumenischen Kirchentage favorisiert das ZdK einen Sieben-Jahres-Rhythmus, um Lasten und Vorteile zwischen den beiden Partnern gerecht zu teilen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Teilnehmerzahlen – der Kirchentag schafft es durchschnittlich auf rund 100 000, beim Katholikentag in Ulm waren 40 000 –, sorgt sich das ZdK, zu einem katholischen Anhängsel des Evangelischen Kirchentags zu werden. Entsprechend will man dort mit dem zweiten Ökumenischen Kirchentag in eine große, katholisch geprägte Stadt. Letztlich kommt hierfür nur München in Frage. Wird nun der DEKT für das Jahr 2009 einen Kirchentag in Nürnberg planen, wie schon gemunkelt wurde, da eine entsprechende Einladung schon länger vorliegt? Könnte der zweite Ökumenische Kirchentag dann dennoch in München stattfinden? Ein Datum steht in jedem Fall fest: 2005 soll die Entscheidung über den nächsten ÖKT fallen – das wollen ZdK und DEKT gemeinsam.

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