Eine Kollegin nimmt im Kreis oft ein Kind auf den Schoß

Eine Frage aus der Praxis

Frage aus der Praxis
© Florian Nütten

„Im Morgenkreis nimmt meine Kollegin ein Kind oft auf ihren Schoß. Ich bin unsicher, ob das Kind das möchte und weiß nicht, wie ich damit umgehen soll .“

(Liane Markovski aus Stützerbach)

Antwort der Expertinnen:

Bei der Beantwortung dieser Frage spielen mehrere Aspekte eine Rolle: Aus welchem Grund sitzt das Kind auf dem Schoß der Fachkraft? Geht es um das Bedürfnis des Kindes, der Fachkraft oder handelt es sich gar um eine Strafe? Wenn es sich um das Bedürfnis des Kindes, bspw. nach Nähe und Sicherheit handelt, hat es den Schoß selbstständig aufgesucht und der körperlichen Nähe in irgendeiner Weise zugestimmt. Dann ist dem Auf-dem-Schoß-Sitzen nichts entgegenzusetzen. Manchmal kommt es jedoch vor, dass sich Fachkräfte eigene, tiefsitzende, ungestillte Bedürfnisse erfüllen, indem sie Kinder „bekuscheln“. In einem meist unbewussten Prozess, der vielen Fachkräften verborgen bleibt, sind sie auf der Suche nach Nähe und Zuwendung. Auch hier gilt: Wenn das Kind diesem Körperkontakt zustimmt, ist das in Ordnung. Zeigt es jedoch Signale, die darauf hindeuten, dass jemand seine körperliche Grenze überschreitet, sollte Ihre Kollegin die Grenze des Kindes achten und ihr eigenes Bedürfnis zurückstellen. Das Kind ist nicht für die Erfüllung der Bedürfnisse Ihrer Kollegin nach Nähe verantwortlich. Es würde einerseits zu viel Last tragen und andererseits seine eigenen Grenzen übergehen. Beobachten Sie immer die Feinzeichen von Kindern und hinterfragen Sie:

  • Um wessen Bedürfnis handelt es sich?
  • Ist es immer ein bestimmtes Kind?
  • Falls ja, was genau gibt dieses Kind der Fachkraft?

Rutscht das Kind bspw. unruhig auf dem Schoß herum, schaut es abwesend durch den Raum oder versucht es, dezent Abstand von der Person zu halten, ist davon auszugehen, dass das Kind nicht aus freien Stücken auf dem Schoß sitzt. Zu bedenken ist, dass viele Kinder dazu neigen, eigene Grenzen zugunsten der Beziehung zu übergehen. Eher würden sie das Auf-dem-Schoß-Sitzen „ertragen“, als die Beziehung zur Fachkraft zu gefährden. Es sei denn, Erwachsene bestärken sie immer wieder darin, ihre Grenzen wahrzunehmen und zu kommunizieren.
Wenn Sie beobachten, dass dem Kind der Körperkontakt auf einem Schoß nicht behagt, sprechen Sie die Kollegin im Morgenkreis direkt an und sagen z. B. : „Ich beobachte, dass sich Lara auf deinem Schoß immer wieder wegdreht. Ich habe das Gefühl, sie möchte vielleicht im Moment lieber allein sitzen. Was meinst du?” Später können Sie die Situation noch einmal in einem ruhigen Vier-Augen-Gespräch aufgreifen. Erläutern Sie, wie wichtig es Ihnen ist, die Grenzen der Kinder zu achten und fragen Sie, wie Ihre Kollegin die Situation wahrgenommen hat. Dies kann auch eine Diskussion zum ­ Thema „körperliche Grenzen achten” auslösen, in der Sie gemeinsam einen intensiveren Austausch im gesamten Team eingehen.

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