Sklaverei und ChristentumSklaverei im Namen der Bibel

War die Kirche schon immer gegen Sklavenhandel und für Menschenrechte für alle? Ein Kirchenhistoriker schlägt ein düsteres Kapitel in der Geschichte des Christentums auf.

Die Kirche hätte sich immer gegen Sklaverei ausgesprochen, hieß es lange Zeit. Dabei haben die Päpste bis ins 19. Jahrhundert kein Wort zur Verteidigung von Schwarzafrikanern verloren, schreibt der Kirchenhistoriker und Seelsorger im Dekanat Ostalb der Diözese Rottenburg-Stuttgart, Pius Adiele, in der Bistumszeitung. Die Jesuiten in den Vereinigten Staaten von Amerika hatten gar ein eigenes Sklavenschiff und ließen bis 1838 Sklaven auf ihren Plantagen arbeiten. Erst als endlich der Papst die Sklaverei anprangerte, hörten sie damit auf – nicht etwa, indem sie ihre Sklaven befreiten, sondern indem diese verkauft wurden.

Es ist an der Zeit, die Beziehung zwischen der Kirche und der Sklaverei aufzuarbeiten, fordert Adiele. In seiner Doktorarbeit befasste sich der gebürtige Nigerianer mit diesem dunklen Fleck in der Geschichte der katholischen Kirche und mit der Frage, warum damals die christliche Lehre von der Gleichheit aller Menschen nicht für Schwarzafrikaner galt. Stattdessen hatte Papst Nikolaus V. sogar in zwei Bullen aus den Jahren 1452 und 1454 die Sklaverei ausdrücklich erlaubt. Begründet wurde das mit dem Buch Genesis, in dem Noah seinen Sohn Ham und dessen Nachkommen dazu verflucht, Sklave seiner Brüder zu werden. Es wurde behauptet, schwarze Menschen wären die Nachfahren des Ham und damit von der Bibel als Sklaven vorgesehen. Nikolaus V. gab zusätzlich den Erlass, die Sklaven zu taufen. Aber auch dadurch erhielten sie nicht die gleichen Rechte.

1537 erließ Papst Paul III. eine Befreiungsbulle, in der er die Versklavung der Indios in Südamerika verdammte. „Aber der Papst hat kein Wort verloren, um die Versklavung der Afrikaner anzuprangern. Bei den Afrikanern war die Taufe anscheinend nicht ausreichend, um sie aus der Sklavenhaltung zu befreien. Das ist das, was mich irritiert: dass das für uns nicht gegolten hat. Die Kirche hat also sehr früh begonnen, die Versklavung anzuprangern. Es galt aber nicht für uns Afrikaner. Erst 1839, als man in Europa von der Sklaverei schon abgelassen hatte, gibt es mit ‚In Supremo Apostolatus‘ die erste Bulle, in der auch die Humanität der Afrikaner verteidigt wird“, erklärt Adiele.

Seither wurde behauptet, die Kirche hätte sich immer schon gegen Versklavung ausgesprochen. „Erst Johannes Paul II. hat sich 1992 auf einer Reise nach Afrika geäußert und diese als Übel angeprangert.“ Doch auch in seiner großen Vergebungsbitte zum neuen Jahrtausend wurde nicht eigens die Versklavung schwarzer Menschen erwähnt. Adieles Glauben kann das aber nicht erschüttern: „Es ist nicht Gott, der dieses Unrecht geschaffen hat, sondern Menschen haben das gemacht. Es sind Menschen, die die Bibel falsch gedeutet und das Christentum missbraucht haben. Als Christen und als Kirche sind wir in einem ständigen Bekehrungsprozess. Meinen Schock habe ich überwunden. Ich pflege meine Beziehung zu Gott und bin gerne Priester. Das ist mir wichtig.“

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