Das persönliche Lebensgefühl Ökumene

In seinen Lebenserinnerungen hat der Benediktiner Emmanuel Jungclaussen davon gesprochen, dass Einheit der mystische Urgrund des christlichen Glaubens sei. Jungclaussen, der dieser Zeitschrift eng verbunden war und der neulich 91-jährig gestorben ist, war evangelisch getauft und mit neunzehn Jahren in die katholische Kirche übergetreten. Er wurde Mönch der Abtei Niederaltaich, war von 1989 bis 2001 ihr Abt. Dort leben seit Jahrzehnten die Ordensmänner auch liturgisch die Ökumene, indem ein Teil der Mönche – die sogenannte byzantinische Dekanie – Gottesdienste im ostkirchlichen Ritus feiert und sich in die entsprechende Spiritualität vertieft.

Bedeutsam war Jungclaussen auch als geistlicher Autor („Die aufrichtigen Erzählungen eines russischen Pilgers“) und Kontemplationslehrer des ostkirchlichen Jesus-Gebets. Die Mystik anderer Religionen, ja das Gemeinsame der Religionen überhaupt, bewegte Jungclaussen zeit seines Lebens. Breiter bekannt wurde er durch seinen umweltschützenden Einsatz gegen den Donau-Ausbau in Niederbayern.

Auch für den Theologen Harding Meyer entsprach die Ökumene dem eigenen Lebensgefühl. Meyer, der neunzigjährig gestorben ist, lehrte unter anderem in Brasilien. Er leitete das Ökumene-Institut des Lutherischen Weltbunds in Straßburg und hat maßgeblich an der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre mitgearbeitet. Er war außerdem der Vater der im katholisch-evangelischen Dialog maßgeblichen Formeln von der „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ oder vom „differenzierten Konsens“. Auch in katholisch-ökumenischen Milieus hatten die von ihm verantworteten ersten zwei Bände „Dokumente wachsender Übereinstimmung“ eine große Wirkung. Harding Meyer war ein aufklärerischer Theologe lutherischer Prägung. Er wollte sich nicht damit abfinden, dass theologisch schon einiges erreicht ist, suchte stattdessen Wege, um Ökumene als Praxis in den Gemeinden erfahrbar zu machen. So war er der Meinung, dass der Konsens in Fragen der Eucharistie ausreiche, um gelegentlich eucharistische Gastfreundschaft zu gewähren.

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