Geschlechterstereotype in KindermedienEin Lob auf die Vielfalt

Helden aus Büchern und Filmen sind wichtig für Mädchen und Jungen. Erstaunlich erfolgreich sind immer noch starke Typen und zarte Wesen

Kinderbuchhelden stellen oft Geschlechterstereotype dar
Kinderbuchhelden stellen oft Geschlechterstereotype dar© tanuha2001 - iStock

Die gute Nachricht lautet: Unsere gesellschaftliche Vielfalt spiegelt sich zunehmend auch in Kinderbüchern und -serien wider. Die schlechte: In den auflagenstarken Bestsellern und beliebten Filmen für kleine Kinder dominieren immer noch Helden, die sich in tradierten Rollenmustern bewegen. Männer mit Vorbildfunktion sind führungsstark, erfolgreich und klug wie Bob der Baumeister oder wahre Troubleshooter, die zum Retter in der Not werden, wie Feuerwehrmann Sam. Diese Geschichten für kleine Jungen kombinieren dabei beliebte Themen wie Baustelle und Feuerwehr mit Eigenschaften wie Durchsetzungsvermögen und Teamgeist. Bei den Vorbildern für Mädchen geht es da weitaus zurückhaltender zu. Nach wie vor betört Monika Finsterbuschs Prinzessin Lillifee kleine Mädchen mit Liebreiz und Fantasie. Ihre Kinderbuch-Kollegin Conni von Liane Schneider ist deutlich bodenständiger unterwegs, obwohl nicht weniger bieder: Conni ist immer gut drauf, zickt nicht und zeigt sich gelehrig und strebsam.
Stereotype wie Prinzessin Lillifee und ihre rosaroten Schwestern stürzen Eltern und ErzieherInnen mitunter in eine Sinnkrise. Warum sie vor allem bei den Drei- bis Sechsjährigen so angesagt sind, bedarf nicht einmal einer besonders tiefgründelnden Erklärung: Sie tragen hübsche Kleider, Schuhe und schönen Schmuck, also Dinge, die viele Mädchen mögen. Hinzu kommt, dass eine unterschiedliche Rollenerziehung Jungen und Mädchen auch heute noch prägt, wie Erziehungswissenschaftler aufzeigen. Von Jungen werde mehr Körperlichkeit, Mut und Stärke erwartet, bei Mädchen lege man mehr Wert auf Kreativität und Sozialkompetenz.

Kinder wollen die Welt sortieren

Angesichts der Geschlechterstereotype in Kindermedien fragen sich viele Väter und Mütter, ob diese die kindliche Psyche nicht auf Dauer beeinflussen. Entwicklungspsychologen antworten mit einem entschiedenen Nein. Gerade im Vorschulalter sei ein extremes Aus leben von Rollenklischees ganz natürlich. Die Welt wird geordnet und sortiert. Mädchen grenzen sich sichtbar von Jungs ab und umgekehrt, mit Schminken und Schmücken oder Kampf und Wettstreit. Mit den Jahren fänden sie dann aber sehr genau heraus, wer sie sind, wo sie stehen und was sie wollen. Kindermedien mit typisierten Helden schaden also nicht – wenn Eltern und andere erwachsene Vorbilder vorleben, dass Frauen und Männer gleichermaßen fürsorglich, liebevoll, aber auch stark und selbstbewusst sein können.
In der Zwischenzeit können Eltern ihren Kindern aus Büchern vorlesen, die die Schwarz-Weiß-Welt der Geschlechterklischees auf den Kopf stellen: Wie Christina Björks Sieben Prinzessinnen und jede Menge Drachen. Darin haben die toughen Mädchen nicht nur wortwörtlich das Zepter in der Hand, sondern entführen im Bedarfsfall die Drachen gleich selbst. Eine gelungene Identifikationsfigur (nicht nur) für Jungs ist Der kleine Ritter Trenk von Kirsten Boie. Der ebenso kluge wie empfindsame Titelheld kämpft mit List, Grips, Gerechtigkeitssinn und Freundin Thekla gegen Standesschranken und doofe Könige.