Vom Schrebergarten zum Kita-AußengeländeEin Paradies entsteht

Mit Corona wurde das Außengelände der Kita „Spatzennest“ zu klein. Eine schnelle Lösung musste her. So entsteht zwischen Obstbäumen und Gemüsebeeten neuer Lebensraum für die Kinder und ihre Familien.

Ein Paradies entsteht
© DRK Kita „Spatzennest“, Wurzen

Der erste Lockdown 2020 – auf einmal war alles anders. Wir manövrierten uns durch die zahlreichen Bestimmungen und folgten den Richtlinien, die Gruppen getrennt zu halten. Die Anordnung, den Außenbereich nur noch gruppenweise und zu festgelegten Zeiten zu nutzen, war für alle Beteiligten keineswegs zufriedenstellend. Wie sollten wir dem Bewegungsdrang der Kinder nachkommen?
Eine Kollegin, die inzwischen im Ruhestand ist, brachte uns auf eine Idee: „Warum mieten wir keinen Garten an?“ Wir kontaktierten den Vorstand des Gartenvereins Wurzen Ost. Unbürokratisch wurden uns vier brachliegende Parzellen zur Verfügung gestellt, die gegenüber unserer Kita liegen, zwei davon sogar kostenlos. Gemeinsam mit unserem Hausmeister und dem Gartenvorstand organisierten wir eine Erstbesichtigung und überlegten, für welche Aktivitäten und Angebote wir die verschiedenen Gärten nutzen könnten. Einer der Gärten eignete sich für aktive Bewegung und als Bolzplatz. Ein anderer lud aufgrund der großen Bäume zu Gesellschaftsspielen, Picknick, zum Vorlesen und als Rückzugsort ein. Der dritte Garten bot die Möglichkeit, mit Naturmaterialien tätig zu werden. Im vierten waren Beete für die Aussaat von Gemüse vorgesehen.
Durch Nutzung der Schrebergärten konnte sich jede Gruppe trotz eingeschränkten Regelbetriebs ausreichend im Freien aufhalten. Die Finanzierung der jährlichen Pacht in Höhe von 60 Euro für zwei Gärten erwirtschaften Kinder, Eltern und das Team durch die ganzjährige Altpapiersammelaktion, bei der sich neben den Familien das gesamte Wohngebiet beteiligt hat.

Vom wilden Gestrüpp zum Nutzgarten

Mitte Mai übernahm die Gruppe „Erfinderkinder“ mit ihren Erzieherinnen einen der vier Gärten. In viel Freizeit gelang es, innerhalb von zwei Monaten Spenden zu sammeln, die völlig verrottete und einsturzgefährdete Hütte abzureißen, eine neue aufzubauen und sie himmelblau anzustreichen. Mit den Kindern wurden Beete für Tomaten-, Gurken- und Erdbeerpflanzen angelegt und Beerensträucher gepflanzt. Die Eltern installierten fünf Wasseranschlüsse, die von den Kindern zum Spielen, Experimentieren und Erfrischen genutzt werden. Auch eine Regentonne für Gießwasser wurde aufgestellt.

Ein Komposter aus Europaletten

Um das viele Grünzeug zu entsorgen, wollten die Kinder einen Komposter bauen. Doch die Baumärkte waren geschlossen und Geld gab es auch keins. Der Mann einer Kollegin lieferte kurzerhand vier Europaletten und spendierte obendrein Winkel und Schrauben.
Die Kinder überlegten, was sie für das Zusammenschrauben der Paletten noch benötigten, und baten den Hausmeister um Hilfe. Er stellte Schutzbrillen, Schutzhandschuhe und einen Akkuschrauber bereit. Das gemeinsame Werkeln hat sich gelohnt, der Komposter war im Nu fertig. Unsere Schrebergärten gibt es nach wie vor. Sie bieten einen Raum für Bewegung und Spiel, Kommunikation und Ruhe, Naturerleben, Umweltbildung, kreatives Gestalten und unterstützen die Entwicklung persönlicher, sozialer und körperlicher Fähigkeiten, die über die Erfahrungen im regulären Außengelände hinausgehen.
Wir können Bildungsbereiche variabler gestalten, denn es gibt unzählige Möglichkeiten zum Forschen und Experimentieren. In den Apfelbäumen hängen nicht nur wohlschmeckende Früchte, die zu Saft verarbeitet werden, sondern auch selbst hergestellte Klangspiele aus Holz und Steinen. Eigens errichtete Insektenhäuser und Futterplätze für Vögel ermöglichen den Kindern ganzjährig Tierbeobachtungen. Eine Zauneidechse und eine Erdkröte waren bisher die aufregendsten Entdeckungen.
Die Kinder spielen mit Schüsseln und Töpfen aus Emaille, ausgedienten Löffeln und diversen Küchenutensilien. Alte Steinkacheln, Ziegelsteine und Stöcke regen zum Bauen, Konstruieren und kreativen Rollenspiel an. Auch Gießkannen und Besen, Eimer und Arbeitshandschuhe, Schaufeln und Rechen stehen den Kindern zur tatkräftigen Gemüse- und Kräuterpflege zur Verfügung.

Stressausgleich für die Kinder und ihre Familien

Durch die Erweiterung des Kita-Geländes um zwei kostenfreie und zwei gepachtete Kleingärten haben die Kinder und pädagogischen Fachkräfte einen größeren und flexibleren Bewegungsspielraum für Projekte und Aktionen, der auch nach der Pandemie verfügbar ist.
Das Gartenareal ist zu einer bereichernden Form des Stressausgleichs geworden, auch für Familien. Somit fördert das Gartenprojekt die körperliche, geistige und seelische Gesundheit aller Beteiligten auf neue Weise. Die Kinder sind ausgeglichener, sie können ihrem Spiel- und Bewegungsdrang nachkommen und eigene Ideen wie den Bau des Komposters in die Gestaltung der Gärten einbringen. Wir haben gemerkt, wie viel selbstbewusster sie geworden sind. Außerdem entwickeln sie ein besseres Empfinden für Sorgfalt, Rücksichtnahme und Fürsorge gegenüber der Natur.
Elterngespräche, Kindergeburtstage und Elternabende mit Grill und Feuerschale wurden in den Garten verlegt. Das Gartenprojekt hat qualitativ zur Teambildung und Zusammenarbeit mit Eltern beigetragen. Ebenso freuen sich die langjährigen Gartenbesitzer*innen über mehr Leben und Austausch in ihrer Anlage und unterstützen die Kinder mit Tipps und Geräten, wo sie können.

Ausgezeichnet mit dem kindergarten-heute-Förderpreis

Träger: Deutsches Rotes Kreuz-Kreisverband-Muldental e. V.
Name: DRK Kindertagesstätte „Spatzennest“
Ort: Wurzen
Gruppen: 202 Plätze für Kinder im Alter von 0–6 Jahren im bereichsoffenen Konzept
Schwerpunkte: naturwissenschaftliche, mathematische, technische Bildung und Erziehung, seit 2012 regelmäßig zertifiziert als „Haus der kleinen Forscher“
Mitarbeiter*innen: 35 (inkl. Wirtschafts- und Technikbereich)
Öffnungszeiten: im Regelbetrieb Mo–Fr 6.00 bis 17.00 Uhr
Kontakt: www.drkmuldental.de

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