Pierbattista Pizzaballa: Jetzt Patriach von Jerusalem

Der neue Lateinische Patriarch von Jerusalem ist ein alter Bekannter von Papst Franziskus. Dieser hatte ihn in den vergangenen Jahren bereits als Übergangsverwalter und Aufräumer engagiert.

Pizzaballa
© Hadas Parush/KNA

Eine göttliche Berufung: Wenn es nach ihm ginge, wäre er ja schon weg, aber durch ein Wort des Papstes wollte ihn „der Herr hierher zurückbringen“, sagte Pierbattista Pizzaballa zum Amtsantritt als Lateinischer Patriarch von Jerusalem. Unverhofft, aber mit göttlichem Sendungsauftrag kann der 55-Jährige nun den Boden weiterbeackern, den er als Übergangsverwalter nach der Emeritierung von Pariarch Fouad Twal bereitet hat.

Vier Jahre lang war es die Aufgabe des rationalen, manchmal kühlen Norditalieners, Kurie und Finanzen zu sanieren – um die 100 Millionen US-Dollar Schulden hatten sich aufgehäuft. Die Lasten reduzierte er unter anderem durch Immobilienverkäufe; er sprach von einem „schmerzlichen Verzicht“. Der Aufräumer Pizzaballa machte sich nicht nur Freunde unter denen, die jetzt seine Mitarbeiter und Gläubigen sind.

Beherztes Durchgreifen konnte ihm leichter fallen, weil er von außen kam, nicht durch Loyalitäten gegenüber Familien und Clans gebunden war. Als nach dem Jordanier Twal und dem Palästinenser Michel Sabbah nun wieder ein Italiener Patriarch wurde, blitzte Kritik auf. Pizzaballa verwahrte sich dagegen, indem er betonte, er lebe seit 30 Jahren in diesem Land und sei kein Fremder.

Pizzaballa will sich nicht in Schubladen stecken lassen. Nach Ordenseintritt und Priesterweihe folgte 1990 eine Spezialisierung am Studium Biblicum Franciscanum in Jerusalem Als junger Dozent für Bibelhebräisch und Judaistik entwickelte er eine besondere Nähe zu den hebräischsprachigen Katholiken, besonders 2001 bis 2004 als Oberer des Simeon-und-Anna-Klosters und von 2005 bis 2008 als Bischofsvikar des Patriarchats. Jetzt nimmt er die Rolle des Hirten einer mehrheitlich arabischen Gemeinde an. Pizzaballa rühmt Jerusalem als Mutterkirche, kümmert sich aber, häufig auf Reisen, ebenso um andere Regionen seines Zuständigkeitsbereichs – neben Israel und Palästina auch Jordanien und Zypern.

Für die Zusammenarbeit mit den Franziskanern, den traditionellen Hütern der Pilgerstätten im Heiligen Land, verheißt die Ernennung Pizzaballas, der selbst Franziskaner ist, Positives. Die Beziehungen zwischen dem erst 1847 wiedererrichteten Patriarchat und der Franziskaner-Kustodie mit ihrer 800-jährigen Geschichte entbehrten nicht immer der Rivalitäten. Pizzaballa verbindet beide Seiten: Zwölf Jahre war er Kustos, bevor er als Sanierer ins Patriarchat wechselte. Sein Verhältnis zu seinem Nachfolger als Kustos, Francesco Patton, ebenfalls Italiener, gilt als gut.

Auch außerhalb seines Beritts tritt Pizzaballa als Moderator und Gestalter auf. Das Friedensgebet von Israels Staatschef Shimon Peres und Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas 2014 im Vatikan stand unter seiner Regie. Als vergangenen Februar in Bari Kirchenführer aus dem Mittelmeerraum zu einer Konferenz über Frieden und Migration zusammenkamen, oblag es Pizzaballa, die Ergebnisse für den Papst zusammenzufassen. Auf dem ökumenisch heiklen Terrain Jerusalems bewegt er sich sensibel.

Als Baustellen nennt Pizzaballa neben der pastoralen Erneuerung wirtschaftliche und soziale Probleme sowie die Beziehungen zu anderen Kirchen, zu Muslimen und Juden. Auch ein „klares und sachliches Wort“ zur Politik sieht er verlangt. Aus dem dornigen Streit um den eigentums- und steuerrechtlichen Status katholischer Einrichtungen in Israel kann er sich hingegen heraushalten: Diese seit 1993 ungelösten Fragen werden zwischen dem Heiligen Stuhl und der israelischen Regierung direkt verhandelt.

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