Nicaragua geht gegen Kritiker vor – und verbietet die JesuitenWillkürlicher Amtsmissbrauch

Die linken Sandinisten in Nicaragua haben den Jesuitenorden verboten und das Ordensvermögen beschlagnahmt. Es ist nur die jüngste einer Reihe autoritärer Maßnahmen gegen die katholische Kirche und Oppositionelle.

Die Sanktionen sind sehr konkret. Aber irgendwie auch hochsymbolisch. Die linksautoritäre Regierung von Daniel Ortega in Nicaragua hat den Jesuitenorden im Land für illegal erklärt und die Beschlagnahmung seines gesamten Vermögens angeordnet. In dem staatlichen Beschluss wird behauptet, der Orden habe versäumt, Steuererklärungen abzugeben.

Die Ordensleitung der Jesuiten-Provinz Mittelamerika protestiert – und hält fest, die staatliche Maßnahme stehe in einem „nationalen Kontext systematischer Unterdrückung“. Es gebe mehr als 3000 ähnliche Fälle, in denen die Machthaber gegen regierungskritische Institutionen vorgingen. Es handle sich schlicht um willkürlichen Amtsmissbrauch.

Tatsächlich ist es den Sandinisten in den vergangenen Monaten gelungen, fast alle Tätigkeiten nicht genehmer Nichtregierungsorganisationen zu unterbinden; indem sie behördlich kriminalisiert, enteignet und/oder aufgelöst wurden. Darunter sind auch quasi sämtliche kirchlichen Einrichtungen etwa für Bildung, Ausbildung, Gesundheitsfürsorge etc. Wer sie ersetzen soll? Völlig unklar.

Im Brennpunkt des Konflikts steht die Zentralamerikanische Universität (UCA) in Managua, die von den Jesuiten getragen wird. Sie wurde als erstes geschlossen und ihre Vermögenswerte beschlagnahmt. Der Vorwurf: Die Hochschule sei ein „Zentrum des Terrorismus“. Tatsächlich gingen von den Universitäten des Landes seit 2018 die Studierendenproteste gegen massive Abholzung der Regenwälder, für soziale Gerechtigkeit, indigene Rechte und Demokratie aus. In der Stellungnahme der Jesuiten heißt es deshalb auch: „Die faktische Enteignung der UCA ist der Preis für die Suche nach einer gerechteren Gesellschaft, für den Schutz des Lebens, der Wahrheit und der Freiheit des nicaraguanischen Volkes.“

Die prestigeträchtige Lehr- und Forschungsarbeit, welche die Universität in den 63 Jahren ihres Bestehens geleistet habe, sei national und international anerkannt und stehe in Einklang mit der Bildungstradition der Gesellschaft Jesu und den Leitlinien der katholischen Kirche. „Diese neue Aggression der Regierung gegen die Universität ist kein Einzelfall; sie ist Teil einer Reihe von ungerechtfertigten Angriffen gegen die nicaraguanische Bevölkerung und andere Bildungs- und soziale Einrichtungen der Zivilgesellschaft, die ein Klima der Gewalt und Unsicherheit schaffen und die soziopolitische Krise im Land verschärfen“, schreiben die Jesuiten weiter.

Man mag es als Ironie der Geschichte deuten, dass der Bannstrahl der Sandinisten den Jesuitenorden ausgerechnet jetzt trifft, wo mit Papst Franziskus erstmals ein Lateinamerikaner Oberhaupt der katholischen Weltkirche ist – und erstmals ein Jesuit. Eine zweite Kuriosität: Bis auf wenige Wochen exakt 250 Jahre zurück liegt das große Jesuitenverbot vom 21. Juli 1773. Damals freilich war es der Papst persönlich, der dem politischen Druck der Kolonialmächte in Lateinamerika nachgab und den von Gegnern und Neidern bekämpften Orden auflöste.

Derzeit deutet nichts auf ein versöhnliches Ende der innenpolitischen Spaltung Nicaraguas hin, die in der Vergangenheit bereits Hunderte Tote bei Ausschreitungen gefordert hat.

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