Bewährte Männer, „wenigstens“ Diakoninnen – oder bleibt doch alles beim Alten?

Die Diskussion um die Öffnung des Weiheamtes für „bewährte Männer“ in der katholischen Kirche hat weiter an Fahrt aufgenommen. So legte jetzt der Münsteraner Kirchengeschichtler Hubert Wolf ein neues Buch vor („Zölibat. 16 Thesen“, C.H.Beck), in dem er theologisch präzise zeigt, dass Ehe und Weihe einander nicht ausschließen. Mit kundigen Verweisen etwa auf die frühe Kirche und die Praxis der Ostkirchen hält er fest: Eine Entscheidung für die Zulassung verheirateter Männer wäre kein Bruch mit der kirchlichen Tradition. „Der priesterliche Zölibat ist kein Dogma, das unveränderlich wäre, sondern ein bloßes Kirchengesetz, das jederzeit geändert werden kann. Er gehört nicht zum Wesen des Priestertums. Die Lehre der Kirche steht der Ehe von Priestern nicht im Weg.“

Es gebe im Gegenteil heute gute Gründe, die verpflichtende Ehelosigkeit der Priester aufzuheben, so der Wissenschaftler. In erster Linie sei dabei die Feier der Eucharistie zu nennen. Der Papst und die Bischöfe müssten eine Güterabwägung treffen: „Vor die Wahl gestellt, dem Priestermangel abzuhelfen oder den Zölibat beizubehalten, muss sich die Kirche im Interesse der heilsnotwendigen Eucharistie gegen den nicht heilsnotwendigen Zölibat entscheiden“, so Wolf.

Ähnlich argumentiert der frühere Diözesanbischof im brasilianischen Xingu, Erwin Kräutler. Es sei „beinahe ein Skandal“, dass aufgrund des Priestermangels in Amazonien in entlegenen Gemeinden praktisch nicht mehr Eucharistie gefeiert werden kann. „Wir wollen, dass in jeder Gemeinde ein Priester ist, der mit den Leuten lebt … und sie nicht nur ein, zwei Mal im Jahr besucht“, sagte der Achtzigjährige.

Konkrete Schritte erwartet sich Kräutler von der Amazonas-Synode im Oktober. Papst Franziskus könnte es regionalen Bischofskonferenzen freistellen, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen. Frauen wiederum, die zu zwei Dritteln die dortigen Gemeinden „kompetent und mit viel Einfühlungsvermögen“ leiten, sollten „wenigstens“ Diakoninnen werden, so Kräutler. „Und dann sehen wir weiter.“ Aber im Grunde befürworte er die Priesterweihe von Frauen. Es gehe um Geschlechtergerechtigkeit und nicht darum, den Priestermangel abzumildern. „Frauen sind doch keine Notnägel, weil es an Männern fehlt.“

Der emeritierte Kardinal Walter Kasper erklärte dagegen, er sehe wenig Chancen für die Priesterweihe von Frauen. Er verwies unter anderem auf „bis heute nicht gelöste Zerreißproben“ in der anglikanischen Gemeinschaft wegen der Weihe von Frauen. „Das möchte ich in meiner Kirche nicht. Dazu bestünde in der weltweiten katholischen Kirche auch keinerlei Konsens. Ganz im Gegenteil.“ Ähnlich äußerte sich Kardinal Gerhard Ludwig Müller, der frühere Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation. „Die Selbstsäkularisierung der Kirche nach dem Modell des liberalen Protestantismus ist nicht der erste Schritt ihrer Modernisierung, sondern der letzte vor ihrer Selbstabschaffung“, schreibt er in seinem neuen Buch „Römische Begegnungen“ (Verlag Herder).

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