Münsteraner PendelstreitDer Irrweg eines Foucault‘schen Pendels

In der barocken Dominikanerkirche von Münster, die profaniert, also „entweiht“ wurde, will der Maler, Bildhauer und Fotograf Gerhard Richter dauerhaft eine spektakuläre Kunst-Installation unterbringen: eine Reproduktion des weltberühmten Pariser Foucault‘schen Pendels. Der Physiker Léon Foucault hatte mit einem Pendel-Experiment 1851 die Erdumdrehung um die eigene Achse bewiesen.

Nun hat der Theologe und Philosoph Klaus Müller, langjähriger Rektor der Dominikanerkirche, in einer öffentlichen Erklärung das von der Stadt Münster geförderte Projekt sowie Äußerungen des Künstlers scharf kritisiert. Dieser habe neulich bei einer Pressekonferenz erklärt, es sei gut und es habe ihn gefreut, dass sein Pendel jetzt in einer Kirche verwirklicht wird. Damit werde ein kleiner Sieg der Naturwissenschaft über die Kirche errungen. Und ihm gefalle, dass das Pendel dort schwingen soll, wo sich früher der Altar befand. Müller verurteilt diese Worte scharf: „Platter geht es ja wohl kaum. Hat Richter vergessen, wem das abendländische Denken seine Orientierung auf Forschung und Intellektualität verdankt, auch wenn es da den einen oder anderen Konflikt zwischen Vernunft und Autorität gegeben haben mag – ganz abgesehen davon, dass das Ergebnis des Foucault‘schen Pendelversuchs nach dessen Wiederholung im Pantheon zu Rom auch von der katholischen Kirche anerkannt worden ist? Und wenn ihm gefällt, dass sein Pendel jetzt dort über den Boden kratzt, wo bis vor wenigen Wochen Christinnen und Christen am Altar das Geheimnis ihres Glaubens gefeiert haben – dann kann ich nur sagen: Von einem Künstler seines Formats hätte ich mir mehr erwartet.“

Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe habe bekundet, dass die Dominikanerkirche jetzt zu einem Ort werde, wo ungeklärte Fragen der Menschheit zum Austrag kämen und Menschen Besinnung finden könnten. „Aber was geschah dann an diesem Ort seit seiner ersten Weihe vor knapp 290 Jahren, 1728?“ Und was in den 43 Jahren, als dort katholische Professoren Gottesdiensten vorstanden und predigten? „Keine Besinnung, keine Auseinandersetzung mit den ungeklärten Fragen der Menschheit?“ So klinge es, wenn eine Provinz-Metropole sich anschicke, „Weltstadt zu spielen“. Müller kritisiert außerdem, dass es der Stadt, die einen Zuschuss zum nächsten Katholikentag dort verweigert hat, „gar nicht schnell genug gehen“ konnte mit der Profanierung. Jetzt konnte man „nach Jahren dauernder Planlosigkeit“ eine Sensation präsentieren.

Eine Ironie der Geschichte sei es außerdem, dass an dem Tag, als die Münsteraner Universitätsgemeinde sich erstmals an neuem Ort, in der Ludgeri-Kirche, versammelte, in Leipzig, der angeblich atheistischsten Stadt Deutschlands, der Neubau der evangelischen Universitätskirche Sankt Pauli eingeweiht wurde, jener Kirche, die vor sechzig Jahren von Kommunisten gesprengt worden war. In Münster hingegen müsse die Gemeinde der weltweit größten katholisch-theologischen Fakultät ihren ursprünglichen Kirchenbau aufgeben.

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