Der lange Weg zu bundeseinheitlicher Kita-QualitätWas bisher geschah

Mitte Mai verständigte sich die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) auf Eckpunkte eines zukünftigen Qualitätsentwicklungsgesetzes. Dem ging ein zweieinhalb Jahre dauernder Prozess voraus, den die bisherige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig Ende 2014 zusammen mit ihren Ministerkolleg(inn)en aus den Bundesländern angestoßen hatte.

Der lange Weg zu bundeseinheitlicher Kita-Qualität
© BMFSFJ

Bereits mit Inkrafttreten des U3-Rechtsanspruchs am 1. August 2013 hatten Gewerkschaften, Träger, Sozial- und Kinderschutzverbände die Politik dringend dazu aufgefordert, nicht beim quantitativen Ausbau der Betreuungsplätze stehen zu bleiben, sondern als Nächstes die Qualität in deutschen Kitas zu verbessern. Zwar vereinbarten CDU und SPD nach der Bundestagswahl vom Herbst 2013 im Koalitionsvertrag Investitionen in Höhe von 6 Milliarden Euro für Kitas, Schulen und Hochschulen. Davon blieben aber am Ende – anstelle einer ursprünglich vorgesehenen gleichmäßigen Verteilung auf alle drei Bereiche – „nur“ noch 1 Milliarde Euro für frühkindliche Bildung übrig.

Gute Absichten einer neuen Ministerin

Ende Mai 2014 unternahm die damals neue Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig den Vorstoß zu einer ersten Bund-Länder-Konferenz noch im selben Jahr über die Qualität in der Kindertagesbetreuung. Im Zuge ihrer Ankündigung wurde von Bildungsforschern, Gewerkschaften, Verbänden und Stiftungen (erneut oder wieder) der Ruf nach einem Bundesqualitätsgesetz und deutschlandweit gleichen Qualitätsstandards laut. Doch offensichtlich hatte man nicht mit dem Widerstand einiger Bundesländer gegen ein solches Gesetz gerechnet. So musste im Juli 2014 die Bundesfamilienministerin wohl oder übel die Verschiebung eines bundesweiten Qualitätsgesetzes auf die Legislaturperiode nach 2017 bekanntgeben.

Der Kita-Gipfel Ende 2014

Hohe Erwartungen an die Weichenstellung für ein Kita-Qualitätsgesetz wurden in den Kita-Gipfel mit Bundesfamilienministerin Schwesig Anfang November 2014 gesetzt. Die GEW forderte damals, dass die Länderminister/-innen den Weg frei machen für eine neue Finanzstruktur bei Kitas, damit sich der Bund dauerhaft an der Finanzierung der notwendigen Qualitätsstandards beteilige. Was am Ende herauskam, war nicht mehr (aber auch nicht weniger) als ein Startschuss zur Entwicklung gemeinsamer Qualitätsziele in der Kindertagesbetreuung. Partizipativ einbezogen werden sollten in diesen Prozess Akteurinnen und Akteure von Verbänden und Organisationen, aus Praxis und Wissenschaft. Grundlage für den Prozess wurde das verabschiedete Communiqué „Frühe Bildung weiterentwickeln und finanziell sichern“. Bereits darin sind – bezogen auf Kitas – sieben Aspekte eines qualitätsvollen Angebots in der Kindertagesbetreuung benannt:

  1. Bedarfsgerechtes Bildungs-, Erziehungs- und Betreuungsangebot: Gemeint sind hier die Bedarfe von Eltern und Kindern unter den Stichworten Kindeswohl, entwicklungsangemessene frühe Förderung sowie Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
  2. Inhaltliche Herausforderungen: Hier geht es um die Orientierung am professionellen fachlichen Anspruch und dessen kontinuierliche Weiterentwicklung.
  3. Guter Fachkraft-Kind-Schlüssel: Er wird als wesentliche Voraussetzung für die pädagogische Arbeit mit den Kindern, die Bildungs-und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern sowie für die mittelbare pädagogische Arbeit und Leitungsverantwortung definiert.
  4. Qualifizierte Fachkräfte: Dieser Aspekt hebt auf gut ausgebildete und zufriedene Fachkräfte ab, außerdem sollen die Attraktivität des Berufs gesteigert und die Ausbildung optimiert werden. Mit Blick auf Inklusion wird außerdem die Notwendigkeit multiprofessioneller Teams betont.
  5. Stärkung der Leitung: Dieser Aspekt anerkennt die Schlüsselposition Leitung bei der Entwicklung/Sicherung der Einrichtungsqualität. Deshalb müsse ihr hinreichende Leitungszeit gewährt werden. Ihre Position müsse mit entsprechend aus- und weitergebildeten Persönlichkeiten besetzt werden.
  6. Räumliche Gestaltung: Als Voraussetzung für gute Bildung und Betreuung werden sowohl eine anregende, ansprechende und möglichst barrierefreie Raumgestaltung als auch eine vielfältige und hochwertige Materialausstattung genannt. Beides solle auch die Gesundheit der Fachkräfte berücksichtigen.
  7. Bildung, Entwicklungsförderung und Gesundheit: Dieser Punkt beschäftigt sich in erster Linie mit Gesundheitsförderung als Querschnittsaufgabe. Er fokussiert eine gesunde, ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und eine gesunde Lebensführung als wesentlich für die kindliche Entwicklung.

Zwischenbericht 2016 von Bund und Ländern und Erklärung der Bund-Länder-Konferenz

Im November vorigen Jahres veröffentlichte die AG „Frühe Bildung“ den Zwischenbericht 2016, der zunächst auf knapp 60 Seiten die Handlungsfelder von Qualität aus dem Communiqué von 2014 erläutert: ihre Bedeutung für die Sicherung und Weiterentwicklung einer guten Kindertagesbetreuung, den identifizierten und erforderlichen Handlungsbedarf, die Handlungsziele sowie Aspekte, die bei deren Umsetzung zu berücksichtigen sind. Der zweite Teil des Berichts beschäftigt sich daran anschließend auf weiteren 20 Seiten mit der Frage, wie die Finanzierung des Ganzen zu sichern ist. Angehängt sind dann noch einmal 25 Seiten mit Positionen von Verbänden und Organisationen aus dem Expertendialog. In der vorgeschalteten Erklärung der Bund-Länder-Konferenz stellt diese unter Punkt 4. fest, „dass bei der Beschreibung der Handlungsziele und des Handlungsbedarfs im Zwischenbericht 2016 die inhaltlichen, strukturellen und zeitlichen Umsetzungsfragen nicht im Mittelpunkt standen“. Damit folge der Zwischenbericht dem Auftrag, ein Kompendium für sehr gute Qualität in der Kindertagesbetreuung vorzulegen. Diese Feststellung ist natürlich sehr erfreulich, erlaubt aber lediglich Mutmaßungen darüber, wann denn ein Bundesqualitätsgesetz tatsächlich einmal in Kraft treten werde.

Die JFMK vom Mai 2017

Die bereits beschriebenen Handlungsfelder von Qualität in der Kindertagesbetreuung hat die diesjährige JFMK als Ziele eines zukünftigen Qualitätsentwicklungsgesetzes im Wesentlichen bestätigt und ergänzt. Neben der Fachkräftegewinnung und starken Kita-Leitungen kamen beispielsweise noch Gebührenfreiheit und die Integration von Kindern mit Fluchterfahrung hinzu. Allerdings soll das Gesetz auch die unterschiedlichen Stärken und Entwicklungsbedarfe der Bundesländer berücksichtigen. Jedes Land soll aus einer Palette von Qualitätsmaßnahmen die für seinen Bedarf geeigneten auswählen können, welche dann mit Bundesmitteln finanziert werden. Laut den verabschiedeten Eckpunkten ist nämlich vorgesehen, dass der Bund sein finanzielles Engagement spürbar und dauerhaft erhöht. Denn gleichzeitig signalisierten die Bundesländer, dass bei ihrer finanziellen Beteiligung inzwischen das Limit erreicht sei. Um die jüngsten Vereinbarungen und das zukünftige Gesetz wirkungsvoll zu machen, müssen die Bundesländer regelmäßig Bericht erstatten und ein qualifiziertes Monitoring abliefern.

In ersten Reaktionen auf die Eckpunkte der JFMK formulierte die AWO ihre Erwartung, dass an dem Qualitätsgesetz in der kommenden Legislaturperiode zügig gearbeitet werde. Ein Kita-Experte der GEW kündigte an, Kita-Qualität zu einem zentralen Thema im bevorstehenden Bundestagswahlkampf zu machen.

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