Medienexpertin Ina Nefzer hat sich Vorlese-Roboter angeschautNützlich oder nur teuer?

Stellen Sie sich vor, Sie hätten im Team eine Fachkraft, die immer Zeit hat, den Kindern in Ihrer Einrichtung vorzulesen. Und das jeden Tag, jede Stunde und bei Bedarf immer dasselbe Buch. Hätten Sie gerne solche Kolleg*innen im Team? Im Folgenden stellen sich zwei Anwärter auf den Posten vor: Luka und Sami.

Nützlich oder nur teuer?
© Luka/ITR Industry to Retail; Sami/Ravensburger

Die beiden Vorleseroboter sollen, so versprechen es die Hersteller, kinderleicht zu bedienen sein, und das schon für Kinder ab drei Jahren. Doch das, soviel sei schon verraten, funktioniert nur bedingt mit dem in der Einrichtung vorhandenen Bücherbestand. Bei der Anschaffung muss nicht nur für das Gerät, sondern auch für Buch- oder Audiotitel zusätzlich in die Tasche gegriffen werden.

Luka - Vorleseeule

Hersteller: Ling
Höhe 17 cm
Akku-Betrieb mit Ladekabel
Voraussetzung: Stabiles W-LAN
Bedienung: manuell und per App
Kosten: ca. € 44 Gerät ohne Buchtitel, € 9,99 Guthaben für Audio
https://www.luka-world.com

„Hey, bist du da Ich fühle mich so einsam, wenn du fernsiehst oder mit deinem Handy spielst. Lass uns zusammen lesen“, animiert die Kinderstimme der kleinen Vorlesereule Luka. Durch ihre kompakte Statur hat sie einen guten Stand und ein dezentes Auftreten. Graue, gelbe und weiße Felder grenzen die für Eulen charakteristischen Körperteile − Flügel, Augen, Nase – voneinander ab. Das hat den Vorteil, dass man sich die gut sichtbaren Bedienfelder besser merken kann.

Einrichtung
Trotz der Angabe „Luka kommt im Plug-&-Play-Modus und kann ohne Installation direkt gestartet werden“, ist für Erwachsene einiges zu tun, bis Luka betriebsbereit ist. Erst muss die App installiert und ein Account eröffnet werden. Dann legt man sein Smartphone mit QR-Code vor das Gerät, um es mit dem häuslichen WLAN zu verbinden, was erstaunlich gut und reibungslos funktioniert. Infos zur weiteren Bedienung findet man auf der Internetseite mit vielen kurzen Tutorial-Videos, in der App oder in einem beigelegten Faltblatt. Fakt ist: Man muss sich Zeit nehmen und einarbeiten.

Bedienung
Die riesigen Augen der Eule sind immer in Bewegung, denn dort sitzt die integrierte Kamera. Die sucht anhand von Bildpunkten alles ab, was vor der Eule liegt. Zuerst scannt sie das Cover ein und liest es vor. Danach jede beliebige Seite, sobald sie aufgeschlagen ist. Leider funktioniert die gelbe Nase als Aus-, nicht aber als Pause-Taste, so dass man bei Unterbrechungen immer wieder von vorne beginnen muss.

Alle Körperteile haben eigene Funktionen. Die Bedienung ist dennoch nicht einfach, weil oftmals mehrere Funktionen an einer Stelle hinterlegt sind und die Druckdauer darüber entscheidet, was gestartet wird: Mit einem kurzen Druck auf die Flügel links startet man bereits aufgespielte Sprachaufnahmen – einige Märchen und Lieder wie den Sami-Song. Rechts liegen Vorlesefunktion und W-LAN-Scan. Luka selbst erklärt vieles selbst „Ich habe Angst vor Wasser. Bring mich nicht in die Nähe“.

Vorlesestoff
Doch zuerst sollte man in der App prüfen, welche Bücher überhaupt zum Luka-Fundus zählen. Hat man eins der kompatiblen Bilderbücher im heimischen Regal entdeckt, es ausgeliehen oder gekauft, reicht das alleine noch nicht aus. Obwohl Luka nur zusammen mit einem Buch funktioniert, muss jeder einzelne dieser Titel zusätzlich als professionell eingesprochene Audioversion gekauft werden. Es sei denn, man liest das Bilderbuch mit der eingebauten Aufnahmefunktion selbst ein. Luka ist mit einer Kinderstimme vertont, die Kinderbücher werden von erwachsenen Sprechern vorgelesen.

Auch für den Audio-Kauf gibt es ein besonderes System: „Luka-Coins“. Mit dem Gerät bekommt man ein Guthaben von 9,99 € geschenkt, das in die Kinderwährung umgewandelt wird. 1 Cent entspricht einer Münze. 110 Coins kostet ein Lesemaus-Heftchen des Carlsen Verlags, 220 ein Bilderbuch. Die Kindercoins sind in der sogenannten Schatztruhe untergebracht. Die Spielerei macht jedoch wenig Sinn, da Kinder womöglich ohne Blick ins Bücherregal kaufen würden. Einen Zugang zur App sollte ihnen nur offline ermöglicht werden. Denn eine Audioaufnahme ohne Buch lässt sich nicht abspielen. Luka funktioniert − sind die Audiodateien gekauft und aufgespielt − auch offline.

Einsatz
Beim Vorlesen mit Luka sollten Sie darauf achten, dass die Kindergruppe nicht zu groß ist: vier höchstens fünf Kinder. Idealerweise stellen Sie Luka auf die ebene Fläche eines kleinen runden Tisches, das aufgeschlagene Buch vor sich. Das aufgeschlagene Buch kann den Zuhörern zugewandt liegen, so dass diese während des Vorlesevortrags die Bilder betrachten können.
Die Kinder können Luka nicht ohne Anleitung bedienen. Falls Fachkräfte nicht immer dabeisitzen wollen, empfiehlt es sich, einzelne Kinder als Assistenten anzulernen. Wahlweise oder ergänzend kann ein Kind benannt werden, welches das Umblättern übernimmt. Es achtet auf das akustische Signal, mit dem hörbar wird, dass die Seite fertig vorgelesen worden ist.
Achten Sie auf den Batteriestatus: Drücken Sie regelmäßig auf Lukas gelbe Nase, um zu kontrollieren, ob der Roboter ans Netz muss.

Fazit:
+ Großer Fundus an Bilderbuchstoffen, die vorgelesen werden könnten
− Bedienung kompliziert, wichtige Funktionen wie Pausetaste oder Kopfhöreranschluss fehlen

Sami - dein Lesebär

Hersteller: Ravensburger
Höhe 14 cm
Akku-Betrieb mit Ladekabel
Bedienung: manuell und per W-LAN
Kosten: Starterset mit einem Buch: ca. € 40,−
www.sami-lesebaer.de

„Hör, was du siehst“ ist das Motto des ersten Vorlese-Roboters von Ravensburger mit Namen Sami. Wieder ist es eine Tierfigur. Der Leseeisbär trägt einen blauen Schal, hält eine Tasse in der Pfote und sitzt auf einer Scholle.

Einrichtung
Um Sami ein- und auszuschalten muss man auf seine gelbe Mütze drücken. Beim ersten Gebrauch wird der Roboter – laut beiliegendem Faltblatt - in drei Schritten mit dem heimischen W-LAN-Netzwerk verbunden, was ebenfalls reibungslos klappt. Dann kann es losgehen: Musikalisch untermalt, begrüßt Sami die Zuhörer*innen und fordert sie auf, sein Podest bzw. die Scholle auf eine markierte Stelle auf dem hinteren Einband des im Starterpaket enthaltenen Buches zu stecken. „Das hast du toll gemacht. Ich bleibe die ganze Zeit hier oben am Buch sitzen. Blättere nun zur ersten Seite…“.
Nachdem die Audiodatei heruntergeladen ist, geht es los. Der optische Sensor sitzt in die Tasse und startet die mit Geräuschkulisse untermalte Hörspielfassung. Nun liest ein*e erwachsene*r Sprecher*in vor. So sind Moderator*in und Erzähler*in gut unterscheidbar. Zudem kann mit Samis Ohren die Lautstärke variiert werden, eine Buchse für Kopfhörer gibt es auch.

Bedienung
Im Unterschied zu Luka, bauen bei Sami alle Bedienungsschritte aufeinander auf und sind vertont. Sami führt wie ein Moderator durch die Vorleselektüre, das ist sehr hilfreich. So fordert er die Kinder explizit dazu auf, umzublättern, wenn sie nach einigen Minuten nicht weitergeblättert haben. Auch schaltet er sich selbstständig nach fünf Minuten ab, wenn keine Aktion mehr stattgefunden hat.

Vorlesestoff
Sami wird als Starterset zusammen mit einem Buch angeboten und funktioniert nur mit zugehörigen Ausgaben. Wer also weitere Buchtitel vorgelesen bekommen möchte, muss nachkaufen. Ein Sami-Buch kostet € 15,99 und ist daher nicht gerade günstig. Denn es ist in einem speziellen Druckverfahren mit Codes versehen, welche der Sensor lesen kann. Die Buchcover sind mit dem Sami-Logo gekennzeichnet und dadurch leicht unterscheidbar von anderen Titeln im Regal.

Einsatz
Sami kann so stabil am Buchende befestigt werden, dass das Buch von einem Kind aufgeschlagen, das heißt schräg gehalten werden kann. Er muss nicht eben auf Tisch oder Boden stehen. Durch die durchweg vertonte Moderation und die einfache Bedienung können Kinder relativ schnell selbstständig mit dem Vorleseroboter agieren. Die Kopfhörerbuchsen ermöglichen, dass ein Kind sich alleine vorlesen lassen kann und die anderen dadurch nicht stört.

Fazit:
+ Leichte Bedienung, ein Plus ist die Pause-Taste
− Langfristig teurer aufgrund der Sami-Bücher

Resümee:

Die Bedienung der Roboter zu lernen, ist keineswegs kinderleicht und schon gar nicht für 3-Jährige machbar. Für Kinder ab 4 Jahren aber medienpädagogisch ein Gewinn. Kinder, die das gut hinbekommen, erleben Selbstwirksamkeit und gewinnen Selbstvertrauen.
Vorausgesetzt, es gibt Regeln für den Umgang. Luka und Sami können als Freunde der Kinder, aber auch als „Respektspersonen“ wahrgenommen werden. In jedem Fall dürfen Fachkräfte die jeweilige Vorlesegruppe nie ganz aus den Augen verlieren.

Die Leseroboter räumen den Kindern mehr Autonomie im Umgang mit dem Medium Buch ein. Sie sind nicht nur immer vorlesebereit, sondern lesen alle aufgeschlagene(n) Seite(n) vor. Danach haben die zuhörenden Kinder Zeit, die Bilder zu betrachten. Bei Bedarf kann vor- und zurückgeblättert werden. Die Zuhörer*innen können also selbständig bestimmen, was vorgelesen wird und wann sie umblättern wollen.

Die Leseroboter können Sie im Bücherregal mit zugehörigen Buchausgaben platzieren. So laden sie gut sichtbar zur Vorlesestunde ein und signalisieren auf den ersten Blick: Lasst uns vorlesen, wir sind bereit!

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