Nach dem Konsistorium in RomVeröffentlichung belastet neu ernannten Kardinal Oscar Cantoni

Über das Konsistorium, zu dem Papst Franziskus die Kardinäle Ende August nach Rom gerufen hatte, hatte es im Vorfeld zahlreiche Spekulationen gegeben. Doch weder hat der Papst seinen Rücktritt bekannt gegeben, noch andere außergewöhnliche Entscheidungen mitgeteilt. Neben der Kardinalserhebung von 20 neuen Mitgliedern des Kollegiums standen an den folgenden Tagen Beratungen zur Kurienreform auf dem Programm. Abermals hat Franziskus bei seinen Ernennungen Persönlichkeiten aus weit entlegenen, kleinen oder wenig bedeutenden Ortskirchen bevorzugt (vgl. HK, Juli 2022, 36).

Für große Aufmerksamkeit sorgte die launige Ansprache des Erzbischofs von Mailand, Enrico Delpini, bei einem Gottesdienst am 31. August. Er gratulierte seinem Amtsbruder Oscar Cantoni, Bischof des kleinen Mailänder Suffraganbistums Como, zur Kardinalserhebung. Delpini reagierte damit auf die Tatsache, dass er als Erzbischof von Mailand zum wiederholten Male übergangen wurde, mit souveränem Witz.

Wenige Tage später zitierte das italienische Blog „silerenonpossum.it“ aus einem brisanten Dekret der Glaubenskongregation vom 9. November 2012, das ein schlechtes Licht auf den neuen Kardinal wirft. Es geht darin um den Fall des italienischen Priesters Mauro Inzoli, eine vormals einflussreiche Gestalt in der Bewegung „Communione e Liberazione“ (vgl. HK, November 2017, 11–12).Im Auftrag der Glaubenskongregation führte Cantoni als damaliger Bischof von Crema ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Inzoli. Dieser hatte gestanden, zahlreiche Jugendliche auch während der Beichte sexuell missbraucht zu haben. Trotzdem sollte die Strafe nach dem Willen von Cantoni lediglich darin bestehen, sich für fünf Jahre außerhalb des Bistums aufzuhalten und sich nicht in der Seelsorge zu betätigen. Die Glaubenskongregation unter Gerhard Ludwig Müller wies Cantoni jedoch an, das Urteil abzuändern und die „Höchststrafe“ – Entlassung aus dem Klerikerstand – zu verfügen. 2014 wurde die Strafe wiederum abgemildert – wie später bekannt wurde, aufgrund einer persönlichen Intervention von Papst Franziskus. Inzoli sollte nun lediglich ein „Leben in Gebet und demütiger Zurückhaltung“ führen. Erst als die italienische Justiz den Priester zu einer langen Haftstrafe verurteilte, nahm Franziskus seine Entscheidung 2016 zurück. Nach der Blog-Veröffentlichung berichtete auch die Tageszeitung „Il Messaggero“ über den Vorgang.

Pünktlich zur Kardinalskreierung von Cantoni wurde also ein Dekret der Glaubenskongregation durchgestochen, das den Neuernannten belastet – und das in einem Fall, in den auch Franziskus persönlich verstrickt ist. Offensichtlich sind in der Kurie und in der italienischen Kirche längst nicht alle mit dem Kurs und den Ernennungen des Papstes einverstanden.

Bereits im Vorfeld hatte es Kritik an der Ernennung von Robert McElroy gegeben (vgl. HK, Juli 2022, 8). Ihm warfen amerikanische Medien vor, bereits 2016 von Anschuldigungen gegen Theodore McCarrick erfahren, die Informationen aber nicht ernst genommen zu haben. Benjamin Leven

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