WissenschaftLob der Theologie im Wettbewerb

Die Vielfalt der christlichen Konfessionen in Deutschland hat dazu geführt, dass die wissenschaftliche Theologie hierzulande zum Wettbewerb gezwungen und somit „weltweit führend wurde und es auf Dauer blieb“. Das erklärte der Göttinger Kirchenhistoriker Thomas Kaufmann in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Mit der Reformation traten die verschiedenen Konfessionen in Konkurrenz zueinander. Der Streit um die richtige Auslegung der Bibel machte gelehrte Theologen nötig, die fundiert argumentieren konnten. Diese Ausbildung geschah in den Universitäten. Die Idee, Theologie „zu allgemeinen Rationalitäts- und Wissenschaftsstandards zu verpflichten, ist ein bis heute bestimmendes Leitmotiv unserer Gesellschafts-, Religions- und Kulturpolitik geblieben“.

Die heutige universitäre Ausbildung der christlichen Theologen und jüdischen Rabbiner soll die Gesellschaft vor einer vernunftfeindlichen Religion schützen, die innere Reformen und öffentliche Debatten verweigert. Angesichts einer „machtvollen Rückkehr der Religion“ sei eine innovative, kritische Theologie dringend geboten, die sich der Aufklärung stellt und argumentativ in Kultur und Gesellschaft präsent ist. „Auch die christliche Religion ist vor Talibanisierungstendenzen nicht gefeit; sie bedarf permanent der kultivierenden Kraft theologischer Wissenschaft.“

Die Religionswissenschaft blicke bloß von außen auf den Glauben und könne daher wenig zu seiner Gestaltung beitragen. Die „Theologie hingegen ringt innerlich mit und arbeitet an“ der Religion. Wer diese Wissenschaft betreibt, wolle die eigene Glaubensüberzeugung so gegenüber dem Gemeinwesen vertreten, dass auch diejenigen, denen die Religion fremd ist, die Argumente nachvollziehen können. Nur so kann die Gesellschaft den kulturellen Fliehkräften entgegenwirken.

Das universitäre Ausbildungsmodell, wie es hierzulande üblich ist, setzt voraus, dass der Staat ein Interesse daran hat, dass die Theologie zwar loyal, aber doch unabhängig von den Religionsgemeinschaften arbeiten kann. Die islamische Theologie habe in dieser Hinsicht noch viel Arbeit vor sich. „Doch auch bei den christlichen Theologien läuft das Verhältnis zu den Kirchen keineswegs störungsfrei“, so Kaufmann.

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