Ein Interview mit dem Medienpädagogen Thomas HartmannMehr Musikkultur für Kinder

Mehr Musikkultur für Kinder
© Katrin Chodor, Köln

Gar nicht so einfach, wirklich gute Kindermusik zu finden, oder? Der Medienpädagoge Thomas Hartmann hat über die „unterschätze Gattung“ ein Buch geschrieben.

Herr Hartmann, woran erkennen Erzieher*innen gute Kindermusik?
Ein gutes Kinderlied fühlt sich musikalisch, inhaltlich und klanglich der Stilbildung von Kindern verpflichtet. Heißt: Gute Kindermusiker*innen benutzen echte Instrumente und treten in ihren jeweiligen Genres stilsicher auf. Ihre inhaltlichen Botschaften gehen über reine Animationslyrik hinaus und eine professionell umgesetzte Produktion rundet den Gesamteindruck stimmig ab. Gute Musikangebote für Kinder finden Erzieher*innen beispielsweise beim Netzwerk kindermusik.de, auf den Preisträgerlisten vom Leopold-Preis – und natürlich auf meiner Webseite.

Wie wichtig ist der Inhalt bei Kinderliedern?
Pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn die Relevanz eines Kinderlied-Textes hängt vom Alter eines Kindes sowie von der konkreten Hörsituation ab. Bei Kleinkindern spielen Inhalt und Botschaft sicher noch eine untergeordnete Rolle. Mit zunehmendem Alter steigen die Ansprüche von Kindern aber rasant an – genauso wie ihre Gefühls- und Erlebniswelt komplexer wird. Finden diese Ansprüche im Kinderlied keine angemessene Entsprechung – fühlen sich Kinder im Kinderlied also nicht ernst genommen oder zu kindisch behandelt – lässt ihr Interesse an Kindermusik nachweislich rasch nach. Es gilt die Faustregel: Eher überfordern als unterfordern.

Welche Lieder eignen sich gut, um mit den Kindern zu singen?
Kinder haben eine schnelle Auffassungsgabe, ein gutes Erinnerungsvermögen und meist einen unverkrampften Zugang zum aktiven Musizieren. Vor diesem Hintergrund darf man sie beim gemeinsamen Singen ruhig herausfordern. Maßstab für die Komplexität von Melodie oder Text sind ohnehin nicht nur die musikalischen Fähigkeiten der Kinder, sondern auch die der sie begleitenden Erzieher*innen. Denn Kinder lernen nun mal von ihren Vorbildern! Und übrigens hören sie manchmal auch sehr gerne Musik, ohne sie gleich mitsingen zu wollen. Auch dafür sollten ihnen Rückzugsräume zur Verfügung stehen.

Worauf ist bei der Musikauswahl für Kita-Kinder zu achten?
Gerade junge Kita-Kinder nehmen vergleichsweise einfach gehaltene Spiel- und Bewegungslieder mit klaren rhythmischen Betonungen, einfachen Abläufen und eingängigen Melodien als sehr anregend wahr, denn in diesem Alter machen sie vor allem kollektive und soziale Erfahrungen mit Musik. Auch traditionelle Kinderlieder fallen in diesem Kontext auf fruchtbaren Boden, denn sie sind wunderbare Begleiter durch die Jahreszeiten, Feiertage und unsere kulturellen Bräuche. Die musikalischen Ansprüche von Kleinkindern sind allerdings nicht mit denen von 6-Jährigen zu vergleichen. Kinder entwickeln sich ständig und vor allem rasend schnell weiter. Zum Glück gibt es inzwischen viele gute Kindermusik-Angebote, die sie in diesem Prozess auf Augenhöhe begleiten.

Jazz, Reggae oder Punk – gibt’s das auch für Kita-Kinder?
Ja, das gibt es! Die ersten Alben der Band Julianes Wilde Bande oder die Veröffentlichungen von Corinna Bilke bieten Kindern jazzige Musikerlebnisse. Der Reggaemusiker Tom Lugo hat mit „Tom Lugos Abenteuer Musik“ ein phantastisches Album mit Spiel- und Bewegungsliedern für Kita-Kinder produziert. Und auch die Musikhörspiele vom „Reggaehasen Boooo“ sind Freund*innen des Offbeats wärmstens zu empfehlen. Punkige Töne schlagen wiederum Bands wie Randale oder Jonny Karacho an. Viele andere Interpret*innen und Bands toben sich in weiteren Genres aus. Um die stilistische Vielfalt und auch die musikalische Professionalität steht es in der Gattung Kindermusik also deutlich besser, als gemeinhin angenommen wird.

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