Warum Präpositionen manchmal unter den Tisch fallenNeben, unter, auf und nach

Der Stift liegt unter dem Tisch, neben dem Tisch, auf dem Tisch – es gibt viele Möglichkeiten, in welcher Beziehung zwei Gegenstände zueinander stehen. Um diese Beziehung auszudrücken, benötigt man die Wortart der Präpositionen. Auf den ersten Blick scheint die Verwendung dieser kleinen Wörtchen einfach, dennoch fällt immer wieder auf, dass gerade auch mehrsprachige Kinder sich mit dem korrekten Einsatz dieser Wortart schwertun. Woran liegt das? Was ist daran so schwierig? Schauen wir uns doch folgendes Beispiel genauer an: Der Stift liegt unter dem Tisch. Vermutlich haben Sie sofort ein Bild im Kopf, das diesen Gegenstand auf dem Boden liegend zeigt: und zwar eben unter einem Tisch. Aber wo genau liegt der Stift? Wirklich unter dem ganzen Tisch, also eingeklemmt zwischen Tischbein und Boden? Oder nicht vielleicht nur unter der Tischplatte?
Ohne es zu hinterfragen, ist für uns die zweite Variante selbstverständlich, dabei gehören die Tischbeine doch eigentlich genauso zu dem Begriff Tisch dazu. Allerdings werden die Beine beim Finden der Präposition nicht berücksichtigt. Das liegt daran, dass lediglich die Platte des Tisches prominent ist. Prominent? Ja, fast alle Gegenstände haben einen sogenannten prominenten Teil, nach dem sich die ergänzenden Bezeichnungen richten. So ist ein Tisch mit einer eckigen Tischplatte ein eckiger Tisch, auch wenn die Beine rund sind. Denn prominent, im Sinne von besonders wichtig ist die Platte, nicht die Beine. Und genau nach diesem prominenten Teil, und eben nur nach diesem, richten sich auch die Präpositionen. Das muss ein Kind natürlich erst einmal durchschauen.
Doch warum gibt es Kinder, die die Präpositionen gänzlich weglassen? Manche handeln einfach nach dem Motto: Was mir zu schwierig ist, das spreche ich nicht. Außerdem spielen bestimmt auch solche Gedanken eine Rolle: Wie wichtig kann so ein kleines Wort wie „in“ schon sein? Die sogenannten Tilgungen sind im Spracherwerb aber nicht ungewöhnlich und verschwinden, sobald Kinder mehr Sicherheit mit einer grammatikalischen Struktur haben.
Manchmal hat das Weglassen der Präpositionen aber auch mit der jeweiligen Muttersprache zu tun. Die türkische Sprache zum Beispiel kennt keine Entsprechung zu unseren Präpositionen. Die nötigen Informationen über die Beziehung zweier Gegenstände werden durch eine Endung am Hauptwort kenntlich gemacht. Der im Deutschen unvollständige Satz „Ich gehe Turnraum“ wäre bei einer wörtlichen Übersetzung ins Türkische nämlich richtig.
Bleibt die Frage, wie man damit umgeht, wenn Kinder falsche oder keine Präpositionen verwenden. Grundsätzlich gilt, was immer zu empfehlen ist: selbst ein gutes Sprachvorbild zu sein und die Kinder zu korrigieren, indem ich den Satz um die fehlenden Wörter ergänzt wiederhole. Aber im Alltag bieten sich auch viele andere Gelegenheiten, die Verwendung dieser Wörter bewusst und gezielt einzufordern, zum Beispiel beim Versteckenspielen: Wo genau wurde ein Kind gefunden? Unter dem Tisch, neben dem Tisch, auf dem Tisch …?

Wie sich die korrekte Aussprache entwickelt, erfahren Sie in einer der kommenden Ausgaben.

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