Das Motu Proprio „Magnum Principium“Wer hat das letzte Wort?

Seit in der katholischen Kirche kaum noch Latein gesprochen wird, führen Fragen der Übersetzung für den Gottesdienst immer wieder zum Streit. Nun hat Papst Franziskus die Zuständigkeiten in diesem Bereich neu ausbalanciert.

Ein medial ausgetragener Konflikt zwischen Papst Franziskus und dem Präfekten der Gottesdienstkongregation, Kardinal Robert Sarah, sorgte kürzlich für Aufsehen. Es ist ungewöhnlich, wenn der Papst einen seiner ranghöchsten Mitarbeiter, den er selbst eingesetzt hat, mit einem Brief öffentlich zurechtweist. Sein Schreiben war eine direkte Reaktion auf einen ebenfalls öffentlich lancierten Kommentar Kardinal Sarahs zum Motu proprio „Magnum Principium“ vom 3. September 2017, das die Erstellung volksprachlicher Ausgaben von liturgischen Büchern neu regelt.

Für Außenstehende ist oft schwer nachvollziehbar, warum gerade liturgische Übersetzungen die Gemüter derart erhitzen. Der Konflikt schwelt schon lange. Er nahm seinen Ausgang im Umfeld des Zweiten Vatikanischen Konzils und erreichte mit der römischen Übersetzungsinstruktion „Liturgiam Authenticam“ vom 28. März 2001 seinen Höhepunkt. Letztlich ging es um eine veritable Machtfrage: Wer sollte das letzte Wort über die in der Liturgie verwendeten Texte haben? Nun ist die Übersetzung von Büchern für den Gottesdienst keine Quisquilie. Die Frage zielt vielmehr ins Zentrum der Liturgiereform des Konzils.

Das erste Dokument, das vom Zweiten Vatikanischen Konzil veröffentlicht wurde, war 1963 die Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ (SC). Zentrales Prinzip der Konstitution war die aktive Teilnahme der Gläubigen am Gottesdienst: die actuosa participatio. Die Konzilsväter wollten die lateinische Sprache im Gottesdienst prinzipiell erhalten, ermöglichten aber eine Öfffnung für die Muttesprache in bestimmten Teilen der Liturgie (vgl. SC 36). Den Wunsch des Konzils, die alte Sakralsprache mit den modernen Landessprachen in der Liturgie zu verschränken, gab man aber schon früh auf.

Das bedeutete nun jedoch nicht – zum Bedauern vieler Liturgieexperten –, dass die Ortskirchen in loser Verbindung zum römischen Original nationale Sonderliturgien entwerfen durften. Bis heute gilt der Grundsatz, dass sich die authentische Liturgie der Kirche aus vom Heiligen Stuhl festgelegten lateinischen Urtexten zusammensetzt, auch wenn diese in der Praxis keine bedeutende Rolle spielen. Die Herausforderung liturgischer Übersetzungen besteht darin, sowohl die Verbindung zur Quellsprache sichtbar zu machen als auch den Anforderungen der Zielsprache Genüge zu tun. Die Kontroversen der vergangenen fünf Jahrzehnte entzündeten sich primär an der Frage, wie weit sich die muttersprachlichen Liturgien vom Original freispielen dürfen.

Die Botschaft übertragen

Schon im Titel der beiden römischen Übersetzungsinstruktionen ist zu erkennen, in welche Richtung das Pendel jeweils ausschlug: Die erste Instruktion wurde 1969 vom Consilium, das für die Umsetzung der Liturgiereform zuständig war, auf Französisch unter dem Titel „Comme le prévoit“ veröffentlicht, nicht jedoch auf Latein. „Dynamische Äquivalenz“ lautete das ursprünglich für die Bibelübersetzung entwickelte Leitprinzip, das der Zielsprache bei der Übersetzung in die Muttersprache Priorität einräumte. Nicht die Nähe zum lateinischen Original, sondern die Übertragung der im ursprünglichen Text formulierten Botschaft in die Landessprache sollte ausschlaggebend sein.

Wie „Comme le prévoit“ auf ortskirchlicher Ebene ausgelegt werden konnte, zeigt etwa das amerikanische Messbuch von 1973. Darin wurden unter anderem zentrale Termini der lateinischen Vorlage, wie spiritus (Geist), anima (Seele) oder culpa (Schuld), ganz oder teilweise gestrichen. Von der „International Commission on English in the Liturgy“ (ICEL), der länderübergreifenden Übersetzungskommission der englischsprachigen Bischofskonferenzen, gingen immer wieder Innovationen bei liturgischen Übersetzungen aus. So legte ICEL 1984 ein Hochgebet mit mütterlichem Gottesbild vor und versuchte eine inklusive Liturgiesprache zu etablieren. Die Kommission kreierte aber auch liturgische Neuschöpfungen, die in der englischsprachigen Liturgie fest verankert werden sollten. Fast all diese Reformbemühungen wurden in den Achtziger- und Neunzigerjahren von der römischen Gottesdienstkongregation zurückgewiesen.

Im deutschsprachigen Raum arbeitete man seit 1988 an einer Revision des 1975 veröffentlichten deutschen Messbuchs. Diese Erneuerung sollte nicht nur Neuformulierungen von Gebetstexten umfassen. Es waren auch recht weitgehende strukturelle Eingriffe in die Riten der Messe geplant – etwa eine Verlegung des Friedensgrußes innerhalb der Eucharistiefeier.

Jenseits wie diesseits des Atlantiks fanden die Reformbemühungen 2001 mit der Veröffentlichung der zweiten römischen Übersetzunginstruktion „Liturgiam Authenticam“ (LA) ein jähes Ende. Statt „dynamischer Äquivalenz“ lautete das Leitprinzip jetzt „formale Äquivalenz“. Nun wurde der Quellsprache Latein bei der Übersetzungsarbeit der Vorrang eingeräumt. Der lateinische Originaltext müsse, so hieß es nun, „ganz vollständig und ganz genau übertragen werden, das heißt ohne Auslassung und Zusätze, was den Inhalt betrifft, und ohne Paraphrasen oder Erklärungen“ (LA 20).

Das neue Regelwerk sei kleinkariert, bürokratisch und hegemonial, so hieß es von vielen Seiten. Die Gottesdienstkongregation sicherte sich mit der Instruktion das letzte Wort über die liturgischen Übersetzungen und beschnitt damit die Rechte der Ortskirchen. Als 2009 im deutschen Sprachraum eine Neuübersetzung des Begräbnisrituales erschien, die nach den neuen Richtlinien angefertigt worden war, hagelte es Kritik. Selbst die Bischöfe erklärten das Buch für gescheitert.

Gleichzeitig wurde 2011 ein neues, ebenfalls nach den Maßgaben von „Liturgiam Authenticam“ erarbeitetes, englisches Messbuch veröffentlicht, das sich eng an die lateinische Vorlage anlehnt und heute in der ganzen englischsprachigen Welt in Benutzung ist.

Latinität zum Klingen bringen

Doch wie könnte liturgische Sprache heute aussehen, um sowohl der Tradition der Kirche als auch dem Empfinden der Gottesdienstgemeinden zu entsprechen? Eine zentrale Frage lautet, ob sich die Kirche eine „nichtlateinische lateinische“ Liturgie leisten will und kann. Nur wenige Theologen sind mit dem lateinischen Erbe noch so vertraut, dass sie die Texte in ihrer Tiefenstruktur erfassen. Das ist jedoch die Grundvoraussetzung, um die Latinität für heutige Menschen zum Klingen zu bringen. „Liturgiam Authenticam“ gibt einen Hinweis, worin das Zeitenüberdauernde der römischen Liturgie liegen könnte: „Denn der römische Ritus zeichnet sich durch seine bemerkenswerte Fähigkeit aus, Texte, Gesänge, Gesten und Riten aus den Gewohnheiten und der Eigenart verschiedener Völker und Teilkirchen des Ostens und des Westens aufzunehmen, um eine passende und angemessene Einheit zu bewirken, die die Grenzen eines jeden Gebietes übersteigt“ (LA 5). Der kürzlich verstorbene Kölner Theologe Alex Stock vergleicht die Geschichte des Gottesdienstes mit der einer alten Kathedrale und deutet die Liturgie als „Mehrzeitenraum“, der von der Vitalität einer „diachronen Multikulturalität“ geprägt ist. Sie fortzuführen heißt, ihr die Kultur unserer Tage einzuschreiben ohne sie einer vorschnellen Egalisierung preiszugeben.

Wenn über liturgische Übersetzungen gesprochen wird, fällt unweigerlich die Frage nach der Verständlichkeit. Zunächst muss man eine gewisse Fremdheit gegenüber der Liturgie und ihrer Sprache eingestehen. Erfahrene Übersetzer wie der in Vergessenheit geratene Liturgiker John Hennig (1911–1986) sehen gerade darin ihr größtes Potenzial: „Liturgische Texte (…) bestätigen nicht das, was wir schon an sich sind, sondern wollen gerade uns Fremdes mitteilen. Ihre Würde beruht in ihrem Gegenstand, der nicht auf primitivste Verständlichkeit, Anpassung an einer widerwilligen Zeit oder eine geographisch begrenzte Bewußtseinsform reduziert werden kann.“ Er schlägt vor, bei Übersetzungen von liturgischen Texten so behutsam vorzugehen wie bei fremdsprachiger Lyrik. Die poetischen Bilder, ihre Struktur, der Klang und Rhythmus, die meist biblisch geprägt sind, dürfen nicht vorschnell über Bord geworfen werden.

Eine poetisch motivierte Sprache in Bibel und Liturgie bedient sich Bilder und Metaphern, um die Spannung zwischen dem, was gesagt wird, und dem was nicht gesagt werden kann, aufrechtzuerhalten. Einerseits atmet sie eine zweitausendjährige Lebens- und Glaubenserfahrung der Menschen mit Gott.

Ein gewisses Maß an Fremdheit der liturgischen Texte wird daher Bestand haben, denn es handelt sich um fremde Erfahrungen, die das Wesen des Gottesdienstes ausmachen. Andererseits benötigt die Liturgie aber auch eine Sprache, die es den Feiernden heute ermöglicht, ihr Leben in den Texten und Ritualen lebendig wiederzuerkennen. Die Verbindung zur menschlichen Lebenswelt ist unentbehrlich – oder, wie es der Liturgiewissenschaftler Andreas Odenthal formuliert, die Sprache des Gottesdienstes muss „die Verflüssigung in aktuelles Lebenswissen“ möglich machen. Auch er plädiert auf dem Hintergrund von symboltheoretischen Überlegungen für eine liturgische Sprache der Bilder, Poesie und Kunst, um die Bilder der Bibel wieder zum Leuchten zu bringen.

Das Recht: Vielfalt und Einheit in Balance

Seitdem die römische Kirche das Latein als aktive Sprache des Gottesdienstes weitgehend aufgegeben hat, steht sie jedoch vor der Frage, wie sie den Umgang mit den Landessprachen innerhalb des römischen Ritus’ regeln soll. Die Kirche existiert seit 2000 Jahren, aber mit dem Umgang mit liturgischen Übersetzungen in weltweit Hunderte von Sprachen konnte sie erst seit wenigen Jahrzehnten Erfahrungen sammeln. Fliehkräfte und Zentralkräfte müssen ausgeglichen werden, Vielfalt und Einheit in Balance zueinander gebracht werden. Das ist die Aufgabe des Kirchenrechtes. Was sind nun aber die genauen rechtlichen Zuständigkeiten für die Liturgie, und welche Änderungen hat das Motu Proprio „Magnum Principium“ gebracht?

Gemäß dem alten Kirchenrecht, wie es im Codex Iuris Canonici (CIC) von 1917 festgehalten war, war es „allein Sache des Apostolischen Stuhls, die heilige Liturgie zu ordnen und liturgische Bücher zu approbieren“ (can. 1257 CIC/1917). Den Bischöfen kam gemäß can. 1261 CIC/1917 nur eine Wächterfunktion über die getreue Ausführung der liturgischen Normen zu. Die Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ des Zweiten Vatikanischen Konzils legte demgegenüber fest, dass die Gesetzgebungsbefugnis im Bereich der Liturgie nach SC Art 22 § 1 „beim Apostolischen Stuhl und nach Maßgabe des Rechtes beim Bischof“ liegt und gemäß SC Art. 22 § 2 „innerhalb festgelegter Grenzen“ den Bischofskonferenzen, die später ihre rechtliche Verankerung erfuhren. SC Art. 36 § 4 sprach den Bischofskonferenzen alleiniges Approbationsrecht für die Übersetzungen in die Muttersprache zu, während SC Art. 36 § 3 im Rahmen der Regelungen „über den Gebrauch und das Maß der Muttersprache“ eine Billigung und Bekräftigung (probatis seu confirmatis) der Beschlüsse der Bischofskonferenz durch den Apostolischen Stuhl vorsah. Im Lauf der Diskussion um diese Passage wurde bewusst der Ausdruck „confirmatio“ gewählt, die als Billigung und damit als Bestätigung des Beschlusses der Bischofskonferenz durch den Apostolischen Stuhls aufgefasst wurde, und nicht der zu unbestimmte Ausdruck der „recognitio“. Der Begriff der „approbatio“ wurde abgelehnt, da er die Bischofskonferenz schwächen würde.

Nachkonziliare Dokumente wie etwa das Motu Proprio „Sacram Liturgiam“ Pauls VI. vom 25. Januar 1964 (Nr. IX), die Konstitution „Inter Oecumenici“ vom 26. September 1964 (Nr. 21) und weitere Dokumente zeigen schließlich, dass das in der Liturgiekonstitution des Konzils verbürgte alleinige Approbationsrecht der Bischofskonferenzen aus dem Blick gerät und der Apostolische Stuhl sich die Bestätigung und Billigung der muttersprachlichen Übersetzungen vorbehält.

Was bislang galt

Wie sah nun die Rechtslage vor Erscheinen des Motu Proprio „Magnum Principium“ durch Papst Franziskus aus? Der Codex Iuris Canonici von 1983 sieht in c. 838 § 1 die Regelungskompetenz der Liturgie beim Apostolischen Stuhl und „nach Maßgabe des Rechts, beim Diözesanbischof“. Sachgemäß hätte hier auch die Bischofskonferenz als zuständige Autorität genannt werden müssen. Dem Apostolischen Stuhl kommt nach c. 838 § 2 unter anderem die Herausgabe der liturgischen Bücher und die recognitio der muttersprachlichen Übersetzungen zu. Die recognitio des Apostolischen Stuhls wird bezüglich der von der Bischofskonferenz besorgten (parare) und herausgegebenen (edere) muttersprachlichen Übersetzungen der liturgischen Bücher in c. 838 § 3 wieder aufgegriffen. Im Lauf der Codexrevisionsgeschichte wurde der ursprünglich vorgesehene Begriff der „approbatio“ in c. 838 §§ 2 und 3 bewusst durch den Begriff der „recognitio“ ersetzt. Dadurch sollte deutlicher werden, dass der Beschluss auf der Ebene der Bischofskonferenz verbleibt. Die geforderte recognitio verleiht dem Zulassungsdekret der Bischofskonferenz für ein liturgisches Buch die Wirksamkeit und stellt damit eine nachfolgende Mitwirkung der höheren Autorität dar. Die recognitio des Zulassungsdekrets wird in der Kurialpraxis bereits mit dem Begriff der „confirmatio“ bezeichnet, da der Begriff der „recognitio“ sich auf die Überprüfung der Übersetzung und der Begriff der „confirmatio“ sich auf das Wirksamwerden des Zulassungsdekrets bezieht. Bei der recognitio geht es folglich primär um die Rechtmäßigkeit und die Unbedenklichkeit des zu überprüfenden Sachverhalts. Recognitio ist damit als rechtsbekräftigender Akt der exekutiven Vollmacht eine conditio iuris für die Gültigkeit und kann auch an die Vorgabe inhaltlicher Änderungen gebunden werden. Dennoch ist der Ermessensspielraum für die höhere Autorität bei der recognitio geringer als bei einer approbatio.

Die muttersprachlichen Übersetzungen müssen seit 2001 gemäß den Vorgaben der Instruktion „Liturgiam Authenticam“ erstellt werden. Nach Nr. 71 und 79 von „Liturgiam Authenticam“ approbiert die Bischofskonferenz mit einem Dekret die erstellte Übersetzung und legt diese dem Apostolischen Stuhl zur Erteilung der recognitio vor. Art. 104 ermöglicht es dem Heiligen Stuhl, selbst Übersetzungen zu erstellen und diese selbst zu approbieren, was in Spannung zum bisherigen c. 838 § 3 steht, da dort die Zuständigkeit der Bischofskonferenz für die Übersetzung liturgischer Bücher normiert wird.

Was heute gilt

Das Motu Proprio „Magnum Principium“ von Papst Franziskus, das am 3. September 2017 veröffentlicht wurde, ist zum 1. Oktober 2017 in Kraft getreten und hat den Wortlaut der eben erläuterten Paragraphen 2 und 3 des c. 838 verändert. Franziskus erinnert an den wichtigen Grundsatz des Zweiten Vatikanischen Konzils, „gemäß dem das liturgische Beten dem Auffassungsvermögen des Volkes angepasst und verstanden werden soll“. Dies „machte die verantwortungsvolle, den Bischöfen anvertraute Aufgabe nötig, die Landessprache in die Liturgie einzuführen und Übersetzungen der liturgischen Bücher zu besorgen und zu approbieren“. Der Papst wünscht eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Bischofskonferenzen und der Gottesdienstkongregation und möchte die jeweilige Kompetenzverteilung insbesondere mit Bezug auf SC Art. 36 §§ 3–4, 40 und 63 deutlicher in der Rechtsordnung verankern.

C. 838 § 2 neuer Fassung – die Änderungen sind kursiv hervorgehoben – lautet: „Sache des Apostolischen Stuhles ist es, die heilige Liturgie der ganzen Kirche zu ordnen, die liturgischen Bücher herauszugeben, die von den Bischofskonferenzen nach Maßgabe des Rechts approbierten Anpassungen zu rekognoszieren sowie darüber zu wachen, dass die liturgischen Ordnungen überall getreu eingehalten werden.“ In c. 838 § 2 entfällt die recognitio des Apostolischen Stuhls für die von der Bischofskonferenz approbierten Übersetzungen liturgischer Bücher. Die recognitio wird im c. 838 § 2 neuer Fassung nur auf die von der Bischofskonferenz approbierten Anpassungen bezogen.

Der c. 838 § 3 neuer Fassung hat nun folgenden Wortlaut: „Die Bischofskonferenzen haben die innerhalb der festgesetzten Grenzen angepassten Übersetzungen der liturgischen Bücher in die Volkssprachen getreu und angemessen(fideliter et convenienter) zu besorgen und zu approbieren (approbare) sowie die liturgischen Bücher für die Regionen, für die sie zuständig sind, nach der Bestätigung(confirmationem) durch den Apostolischen Stuhl herauszugeben.“

Zum einen wird die Aufgabe der getreuen und angemessenen Übersetzung betont und zum anderen wird nicht mehr der Begriff der „recognitio“, sondern in Rezeption von in SC in Artikel 34 § 3 der Begriff der „confirmatio“ verwendet. Ebenso wird das in SC, Artikel 34 § 4, formulierte Approbationsrecht der Bischofskonferenzen explizit in den Normtext aufgenommen, sodass nicht mehr nur vom Besorgen der Übersetzung wie in der alten Fassung des c. 838 § 3 die Rede ist. Der Begriff der „confirmatio“ stellt als Akt des rechtsgeschäftlichen Handelns eine rechtliche Bekräftigung einer vorangehenden Rechtshandlung beziehungsweise Rechtstatsache dar. Während der Codexrevisionsgeschichte wurde für c. 838 § 3 bereits der Begriff der „confirmatio“ vorgeschlagen, die Entscheidung fiel aber zugunsten des Begriffs der „recognitio“.

Durch die Änderung des Begriffs „recognitio“ in „confirmatio“ in c. 838 § 3 neuer Fassung und dem Wegfall des Begriffs der „recognitio“ bezüglich der muttersprachlichen Übersetzungen in c. 838 § 2 neuer Fassung wird ausweislich des vom Sekretär der Gottesdienstkongregation Arthur Roche verfassten Leseschlüssels zum Motu Proprio „Magnum Principium“ die Approbation der Bischofskonferenz ratifiziert. Roche sieht in der confirmatio keinen weiteren aktiven „Eingriff in den Übersetzungsvorgang mittels alternativer Übersetzungen“ durch die Gottesdienstkongregation aber dennoch ein „positives Urteil über die Treue und Übereinstimmung der Texte mit dem Original“.

Der Papst hat im zu Beginn erwähnten Brief vom 15. Oktober 2017 an Kardinal Sarah geäußert, dass – anders als Sarah in dem von ihm veröffentlichten Kommentar zu „Magnum Principium“ nahelegt – die Begriffe „recognitio“ und „confirmatio“ nicht als Synonyme zu betrachten sind. Der Brief betont, dass es nicht mehr Aufgabe der Gottesdienstkongregation sei, Wort für Wort die getreue Übersetzung zu prüfen, da dies auf der Ebene der Bischofskonferenz geschehe, sondern nur bei offenkundigen Bedenken im Dialog mit der Bischofskonferenz eine Lösung zu finden sei.

Art. 64 § 3 der Apostolischen Konstitution „Pastor Bonus“ und andere Gesetze und damit auch die Instruktion „Liturgiam Authenticam“ sind nach Aussage des Motu Proprio „Magnum Principium“ nun gemäß der neuen Rechtslage zu interpretieren. Die Gottesdienstkongregation wird aufgefordert, ihr Regolamento entsprechend zu ändern. Im Brief von Franziskus vom 15. Oktober 2017 unterstreicht der Papst, dass die Artikel 79–84 von „Liturgiam Authenticam“ nun im neuen Licht zu lesen seien und weist darauf hin, dass einige Nummern von „Liturgiam Authenticam“ nun auch abrogiert seien oder in diesen Nummern Begriffe im Sinne des Motu Proprio „Magnum Principium“ zu ersetzen seien.

Es wäre um der Klarheit und Einheitlichkeit der Rechtsordnung geboten, die bisherigen Normen, nicht nur „im Licht“ von „Magnum Principium“ zu lesen, sondern auch beispielsweise und konsequenterweise die Instruktion „Liturgiam Authenticam“ in ihrem Wortlaut – zum Beispiel Nr. 80 über die recognitio – der neuen Rechtslage auf dem Weg der Gesetzesänderung anzupassen.

Es besteht Anlass zur Hoffnung, dass die Übersetzungsarbeit zukünftig wieder in ein ruhigeres Fahrwasser kommt. Liturgiewissenschaft und Kanonistik sind sich einig, dass die Übersetzungsprinzipien von „Liturgiam Authenticam“ prinzipiell in Kraft bleiben. Nun liegt es an den Bischöfen zu klären, wie die noch immer geforderte Verständlichkeit und Texttreue umgesetzt wird. Beide Prinzipen müssen jedenfalls auf die konziliare Grundnorm der actuosa participatio ausgerichtet sein, damit das Volk die Gebete der Liturgie auch versteht. Papst Franziskus gibt den Bischöfen mit „Magnum Principium“ jene Form der Selbstbestimmung über die liturgischen Übersetzungen zurück, die ihnen das Konzil ursprünglich zugestanden hatte.

Wie wird die römische Gottesdienstkongregation agieren?

Abzuwarten bleibt, wie die Gottesdienstkongregation mit der vom Papst verordneten Dezentralisierung umgehen wird. Im deutschsprachigen Raum müssen die Bischofskonferenzen als nächsten Schritt entscheiden, wie es mit der Arbeit an den Übersetzungen liturgischer Bücher weitergehen soll. Konkret heißt das, ob und wann ein neues deutsches Messbuch erscheinen soll. Denn im Jahr 2002 wurde eine dritte Auflage des lateinischen Missale (Editio Typica Tertia) veröffentlich, das seit nunmehr 15 Jahren auf seine deutsche Übersetzung wartet. Die erfolgreiche Veröffentlichung des neuen Gebet- und Gesangbuches „Gotteslob“ kann als ein positives Vorzeichen gewertet werden, dass solche Projekte auch zukünftig gelingen können.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat am Rande der Vollversammlung der Bischöfe im Herbst 2017 durchblicken lassen, dass die bisherige Übersetzung des Messbuches von 1975 nicht schlecht sei. Ein Stillstand bei der Überarbeitung liturgischer Bücher kann jedoch nicht wünschenswert sein. Mit dem Motu Proprio „Magnum Principium“ beschreitet Papst Franziskus jedenfalls einen rechtlichen Schritt auf dem von ihm in Nr. 16 des Schreibens „Evangelii Gaudium“ angekündigten Weg der „heilsamen ‚Dezentralisierung‘“, die den fruchtbaren Dialog zwischen der Bischofskonferenz und dem Apostolischen Stuhl zum Ziel hat.

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