Olympische Spiele in PekingDabeisein verdrängt alles

Vor Beginn der Olympischen Spiele war die Empörung über den Austragungsort Peking groß. Sie hat nicht lange angehalten.

Was haben wir uns aufgeregt! Die Empörung ist richtiggehend hochgekocht in den Tagen vor Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking. Wie kann man die Spiele nach China vergeben, in ein weltmächtiges Land, das die Menschenrechte mit Füßen tritt, Andersdenkende wegsperrt und universale Regeln internationaler Zusammenarbeit zum eigenen Vorteil permanent bricht? Dieses autoritäre Regime trifft nun auf die Bewegung des Olympismus, deren Ziel es ist, „den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung der Menschheit zu stellen, um eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist“, wie es in der Olympischen Charta heißt.

Die Welt im Goldrausch

Aus heutiger Sicht ist das zynisch, mindestens. Längst ist die olympische Idee korrumpiert von Politik und Kommerz. Die Winterspiele in China zu veranstalten, ist ein größenwahnsinniges Unding und ökologisches Desaster, unter anderem. Wer meint, durch die Olympia-Invasion im Reich der Mitte etwas zum Positiven verändern zu können, ist naiv. Das Gegenteil ist richtig: Die chinesische Führung reibt sich wahrscheinlich täglich die Hände, weil sie durch das Weltereignis in die globale Mitte rückt.

Die Empörung dauerte bis zum zweiten Tag der Spiele, als Rodler Johannes Ludwig die erste deutsche Goldmedaille holte. Da war es wieder, das Zittern und Daumendrücken und Mitfiebern und Jubeln! Seitdem werden wir täglich von Emotionen durchgeschüttelt, lernen neue Sportarten kennen (Ski Freestyle Big Air) und analysieren den Medaillenspiegel. Politik ist jetzt, wenn beim Mixed-Wettbewerb im Skispringen fünf Athletinnen wegen zu großer Anzüge disqualifiziert werden. Ungerecht ist es, wenn eine Skilangläuferin im wichtigsten Rennen ihres Lebens von einer Konkurrentin versehentlich zu Fall gebracht wird. Brutal ist es, wenn die finnische Eishockeyspielerin Ronja Savolainen nach einer Kollision auf die US-Spielerin Brianna Decker stürzt und ihr Bein fürchterlich verdreht. Es lebe der Sport!

Wie wird aus Empörung Aktion?

Im Verdrängen sind wir sehr gut. Das ist menschlich. Sonst würden wir wahrscheinlich wahnsinnig werden. Und wir machen diese Erfahrung ja auch oft: bei Afghanistan, dem Klimawandel, der Missbrauchskrise in der katholischen Kirche. Nur wenn wir unmittelbar emotional getroffen sind, wenn wir betroffen sind, wird aus kurzfristiger Empörung nachhaltige Aktion, um gegen Missstände aufzustehen und dazu beizutragen, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. China wird es in näherer Zukunft erstmal nicht sein.

Während ich dies schreibe, läuft nebenbei Olympia im Fernsehen. Slalom der Frauen. Die nach dem ersten Durchgang führende Deutsche Lena Dürr wird nach einem zaghaften zweiten Lauf nur Vierte. Wie ungerecht! Was habe ich mich aufgeregt! 

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