Der weltweite Kampf um den Corona-ImpfstoffSolidaritätszuschlag jetzt!

Der Mangel an Solidarität ist ein Skandal. Nicht nur ein moralischer, sondern auch ein medizinischer. Solange wir nicht dazu beitragen, das Corona-Virus in Kapstadt zu bekämpfen, wird es auch in Karlsruhe nicht vorbei sein.

Deutschland hat seine Impfkampagne so gestartet, wie es neue Projekte gern begleitet: kleingeistig, nörglerisch und besserwisserisch. Doch das Jammern über das Versagen der EU oder das lahme Impftempo geschieht auf hohem Niveau. Die wahren Probleme kommen erst noch.

Es ist eine Herausforderung, wenn die englische Freundin meiner Frau anruft und zum Thema AstraZeneca ins Telefon flötet: „I am really deeply sorry, aber wer zuerst kommt, mahlt zuerst! Ihr Europäer habt einfach zu spät bestellt. Warum sollten wir euch etwas abgeben, darling?“ Natürlich tun wir uns schwer, wenn wir erfahren, dass die EU-Bürokratie uns bei der Impfstoff-Bestellung um Monate zurückgeworfen hat. Und es ist nicht schön, dass wir im Impfranking zurückliegen: Zwei von drei Israelis sind laut Statistischem Bundesamt vom 7. Februar schon geimpft, die Vereinigten Arabischen Emirate nähern sich der Hälfte geimpfter Einwohner. Die Quote in Großbritannien liegt bei 18,5 Prozent (weltweit Platz 3). Wir dagegen haben erst 3,9 Prozent der Deutschen geimpft. Was wir gut können: Exportweltmeister sein, viele und gute Autos bauen, Champions League gewinnen. Was wir nicht gut können: damit klarkommen, wenn andere besser sind als wir.

Dabei geht es gar nicht darum, ob wir schneller impfen als Israel oder Großbritannien, sondern dass wir die Pandemie weltweit in den Griff bekommen. Und da ist die Nachricht, über die man sich empören sollte, die, dass Anfang Februar in 128 Staaten noch überhaupt keine Impfung verabreicht worden sei, wie Martin Selmayr, Vertreter der Europäischen Kommission in Österreich, vorrechnete. Und der Beratungsdienst Economist Intelligence Unit prognostiziert, dass ein Großteil der Bevölkerungen Afrikas und Asiens erst im nächsten oder sogar erst übernächsten Jahr geimpft sein soll. Das liegt hauptsächlich daran, dass bis Mitte Januar reiche Länder mit ihren rund 16 Prozent der Weltbevölkerung über 60 Prozent aller verfügbaren Impfdosen gekauft oder sich vertraglich gesichert haben – „manche viermal so viel, wie sie für ihre Bevölkerung brauchen“, beklagte sich der südafrikanische Präsident Cyril Ramaphosa beim Weltwirtschaftsforum Davos.

Das geht unter anderem auf Kosten der WHO-Initiative Covax, in der sich 190 Staaten, Stiftungen, NGOs und Pharmaunternehmen zusammengeschlossen haben mit dem Ziel, bis Ende des Jahres 20 Prozent der Bevölkerungen aus den teilnehmenden Staaten zu impfen. Dafür sollten fünf Milliarden Dollar eingesammelt werden. Aber: Es kam nicht so viel zusammen wie erwartet, und die knappen Vakzine sind schon an die reichen Länder vergeben. Die ärmeren Länder müssen weiter warten, überhaupt mit dem Impfen beginnen zu können.

Der Mangel an Solidarität ist ein Skandal. Nicht nur ein moralischer, sondern auch ein medizinischer. Solange wir nicht dazu beitragen, das Corona-Virus in Kapstadt zu bekämpfen, wird es auch in Karlsruhe nicht vorbei sein.

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