Drama an der Grenze zwischen Marokko und CeutaFlüchtlinge als Druckmittel

Tausende Afrikaner werden mit falschen Versprechungen über die spanische Grenze gelockt. Unterwegs werden Familien auseinandergerissen, einige überleben die Reise nicht. Über menschenverachtende politische Strategien.

Als einzige Stelle, an der sich Afrika und die Europäische Union direkt berühren, könnte die Landgrenze zwischen Marokko und der spanischen Exklave Ceuta ein Musterbeispiel für gute Nachbarschaft sein. Stattdessen war das Gebiet in den letzten Wochen Schauplatz einer humanitären Katastrophe. Seit Mitte Mai haben mehrere tausend Flüchtlinge die Grenze überquert, um in Europa Asyl zu beantragen.

Viele umschifften die Grenzanlagen in Schlauchbooten oder in Schwimmwesten oder wateten bei Ebbe über die Küste. Unter den Geflüchteten sind auffällig viele unbegleitete Kinder – manche wurden allein auf die gefährliche Reise geschickt, andere auf der Flucht oder nach der Ankuft von ihren Eltern getrennt. Wie die „Frankfurter Allgemeine“ berichtet, gab es bei der Massenflucht bereits mehrere Todesopfer.

Mit Fußballstars gelockt

Diese Zustände machen fassungslos, betroffen. Beschäftigt man sich mit den politischen Hintergründen, kommt jedoch schnell noch ein anderes Gefühl dazu: Wut. Die Ereignisse in Ceuta sind ein strategischer Schachzug im Kräfteringen um die Vorherrschaft in der Westsahara, auf die Marokko Ansprüche erhebt. Weil Spanien den Anführer einer dortigen Unabhängigkeitsbewegung medizinisch versorgt, öffnete die marokkanische Regierung „zur Strafe“ ihre Grenzanlagen oder ermunterte Menschen sogar direkt, in Europa ein besseres Leben zu suchen. Mehrere Jugendliche berichteten in der „Zeit“, dass ihnen nicht nur offene Grenzen, sondern auch Auftritte von namhaften Fußballstars in Ceuta zugesagt worden waren. Für solche falschen Versprechungen setzen tausende ihr Leben aufs Spiel – und das nur, weil eine Regierung einer anderen eine Lektion erteilen will.

Träume platzen, Traumata bleiben

Es ist nicht das erste Mal, dass so mit den Träumen und Hoffnungen – ja mit dem Leben – von Flüchtlingen geschachert wird. Auch am anderen Ende der Europäischen Union, an der Grenze zur Türkei, kam es immer wieder zu Erpressungsversuchen mit der Drohung, syrische Flüchtlinge nach Europa zu lassen. Als die – traditionell frostigen – Beziehungen zwischen Ankara und Athen im letzten Jahr auf einem neuen Tiefpunkt waren, sollen die Bewohner von türkischen Notunterkünften sogar aufgefordert worden sein, die griechische Grenze zu stürmen.

Die Träume vom schnellen Asyl und vom neuen Leben im reichen Europa erfüllen sich fast nie. Auch aus Ceuta sind die meisten Flüchtlinge wieder zurück geschickt worden. Politisch ist bei der Aktion nicht viel herausgekommen. Was bleibt, sind die dramatischen Bilder, die Traumata, die Toten. Und die Gewissheit, welche katastrophalen Folgen es hat, das Leid von Menschen als strategisches Druckmittel einzusetzen.

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