Entspannungstechniken & -übungen gegen Angst und Stress

Zu viele E-Mails, zu viele Informationen, zu viele Auswahlmöglichkeiten: Der moderne Berufsalltag verlangt uns einiges ab. Wir antworten mit Multitasking, um mithalten zu können. Das führt jedoch dazu, dass wir keine innere Ruhe finden, erschöpft sind und uns immer leerer fühlen. Höchste Zeit zu entschleunigen!

Entspannungstechniken
Gezieltes Entspannen lässt sich lernen. Mit den richtigen Techniken gelingt das sogar im betriebsamen Arbeitsalltag.© Pixabay

Erste Hilfe zur Entschleunigung

Wir alle wissen: Das moderne Berufsleben ist oft mit einem schleichenden Raubbau an Körper, Geist und Seele verbunden. Unser Alltag mit seiner schleichenden Dynamik und seinem Aktionismus macht es uns leicht, sich in einem Teufelskreis aus Gehetztsein, Reaktionszwang und Erfolgsdruck zu verlieren, um schließlich im Hamsterrad zu enden, aus dem es scheinbar kein Entrinnen gibt.

Yoga-Experte Sébastien Martin bezeichnet in seinem Buch Office Yoga diese Flut als „Zuvielisation“, die überall lauert: Es prasseln zu viele E-Mails auf uns ein, zu viele Informationen, wir haben zu viele Auswahlmöglichkeiten und dennoch das Gefühl und die Angst, etwas zu verpassen. Wir erstarren meist vor dieser Vielfalt.

Überblick über Entspannungstechniken

Körper und Seele bilden eine Einheit. Deshalb kann man, um sich zu entspannen, entweder den Geist oder den Körper entspannen. Der „Gegenpart“ profitiert jeweils mit. Entspannungstechniken kann man in Kursen und über Videos oder CDs lernen. Körperliche Entspannung erreichen Sie beispielsweise durch

  • Massagen
  • Stretching und Yoga
  • Muskelentspannung nach Jacobsen: Indem Sie Muskelpartien jeweils kurz anspannen und dann wieder lösen, kann Ihr Körper Schmerzen, Verspannungen, Angst und Stress loslassen.

Den Geist entspannen Sie beispielsweise durch

  • Meditation
  • Atemübungen
  • Autogenes Training

Entspannungstechniken gegen Angst

Zusätzlich zu den äußeren Reizen kommt noch unsere innere Stimme des Egos. Dieses tritt in verschiedenen Formen auf. Sehr gern schlüpft es in die Rolle des

  • Inneren Kritikers („Das bekommst du nie hin!“)
  • Inneren Antreibers („Jetzt musst du dich mal anstrengen, damit du deinen Job behältst!“)
  • Everybody’s darling („Ich sage besser Ja zu dem neuen Projekt, auch wenn mir eigentlich schon das Wasser bis zum Hals mit Aufgaben steht.“)

Hinter all diesen Phänomenen steckt die Angst, abgelehnt zu werden. Manchmal stecken wir in Angstschleifen fest und kommen nicht zur Ruhe. Hier hilft es schon, öfter innezuhalten. Atmen Sie ruhig ein und aus – und das mehrmals hintereinander. Indem Sie sich auf Ihren Atemrhythmus konzentrieren, entspannen Sie sich. Mit klarem Kopf können Sie nun weiter an die Sache herangehen, unaufgeregt und ruhig.

Multitasking fördert Stress

Wir antworten mit Multitasking, um mit dem beschleunigten Umfeld mithalten zu können. In den Neurowissenschaften gilt es jedoch als belegt, dass dauerhaftes Multitasking schädlich für die Konzentrationsfähigkeit ist. Unser Gehirn ist einfach nicht für die gleichzeitige Verrichtung von komplexen Aufgaben geschaffen.

Was wir mit Multitasking in Wirklichkeit versuchen, ist, viele einzelne Tätigkeiten möglichst schnell abzuarbeiten. Dabei hüpfen wir zwischen diesen verschiedenen Gedanken/ Tätigkeiten schnell hin und her. Das Ganze endet in Verzettelung und Orientierungslosigkeit – wir machen scheinbar vieles und doch nichts wirklich richtig.

 Aus yogischer Sicht verschwenden wir mit Multitasking unsere Energie und behindern uns selber daran, unser Potenzial zu entfalten. In dieser bewegten Erstarrung leiden

  • unser Geist: Wir finden keine innere Ruhe, sind leicht gereizt und orientierungslos,
  • unser Körper: Wir spüren den Stress in Form von Nacken- und Rückenschmerzen, Antriebslosigkeit und dauerhafter Müdigkeit,
  • unsere Seele: Wir finden nicht zu unserem Ausdruck, der uns lebendig macht, sind zunehmend desinteressiert und fühlen uns immer leerer.

Entspannungstechniken gegen Stress

Zum Abschluss noch ein kleines Erste-Hilfe-Set gegen Stress. Es beinhaltet wichtige Grundregeln zur Entschleunigung und sorgt dafür, dass sich Ihr Hamsterrad gleich schon mal etwas langsamer dreht:

  • Beginnen Sie jeden Tag mit einer Intention und der Frage: Was ist heute wichtig?
  • Beginnen Sie danach mit der wichtigsten Aufgabe des Tages. Lesen und beantworten Sie erst dann Ihre E-Mails.
  • Vermeiden Sie konsequent jedwedes Multitasking.
  • Achten Sie auf Ihren Atem und atmen Sie immer wieder tief durch.
  • Bewegen und lockern Sie sich zwischendurch, besonders dann, wenn Stress und Hektik überhandzunehmen scheinen.
  • Bauen Sie in Ihren Tagesablauf immer wieder eine kleine Ruheinsel ein, zum Beispiel vor einer neuen Aufgabe, nach einer abgeschlossenen Aufgabe, wenn Sie unter Strom stehen, wenn Sie nicht mehr wissen, wo Ihnen der Kopf steht: Schließen Sie für einen Augenblick die Augen, atmen Sie bewusst in den Bauch, durch die Nase, ruhig, lang und gleichmäßig, atmen Sie dabei etwas länger aus, als Sie einatmen.
  • Pflegen Sie vor dem Einschlafen ein kleines Ritual und fragen Sie sich, wofür Sie heute dankbar sind Was haben Sie heute gelernt? Was ist Ihnen heute gut gelungen? Was nicht und was können Sie daraus lernen?

Entspannungsübungen

Hier stellen wir Ihnen konkrete Entspannungsübungen vor, die Sie leicht in Ihren Alltag integrieren können.

Entspannende Mini-Massage

Die Autorin Sigrid Engelbrecht empfiehlt eine Mini-Massage, denn: Die Haut ist für uns Schutzhülle und Sinnesorgan zugleich – und überdies wegen ihrer ausgedehnten Oberfläche auch eines der größten Organe unseres Körpers. Berührung und Körperkontakt sind ein Grundbedürfnis. Unser Tastsinn ist immer „angeschaltet“ – als einzigen unserer Sinne können wir ihn nicht mit unserem Willen ausblenden. Wir können die Augen und den Mund schließen, uns die Ohren und die Nase zuhalten, doch fühlen tun wir immer. Unsere Haut ist mit bis zu zwanzig Millionen Tastkörperchen ausgestattet, die unsere Haut zur fühlenden Hülle machen, sodass wir ganz unmittelbar auf Wärme und Kälte reagieren und auf Verletzungen ebenso rasch wie auf wohltuende Berührungen.

Beim Begriff „Wellness“ denken die meisten sofort an Massage. Wohltuende Berührungen, die uns rasch helfen, Verspannungen aufzulösen und ein Gefühl des Wohlbehagens hervorzurufen. Natürlich ist es am behaglichsten, von jemand anderem massiert zu werden. Manchmal lässt sich das aber nicht einrichten und dann ist es gut, sich selbst zu massieren.

Verspannte Muskeln lockern

Haben Sie sich schon einmal den Kopf massiert? Massagen des Kopfes – mit sanften, streichenden und klopfenden Bewegungen die einzelnen Partien von der Stirn über die geschlossenen Augen, die Jochbögen, die Wangen und die Mundpartie bis hin zum Kinn und zum Hals berührend – lockern verspannte Muskeln auf und helfen dabei, Verspannungen loszulassen. Die Berührungen bringen uns in Kontakt zu uns selbst. Ausgesprochen wohltuend ist auch eine Massage des Hinterkopfes vom Schädelansatz bis hinauf zum Schädeldach.

Solch eine Mini-Massage können Sie sich gut in kleinen Pausen gönnen. Wenn Sie täglich daran denken, vielleicht sogar mehrmals, dann sind das große Schritte auf einem Weg zu mehr Entspannung im Alltag.

Entspannungsübungen als Urlaub zwischendurch

Auch wenn der Urlaub noch weit entfernt oder womöglich schon vorbei ist - wir können uns auch im Alltag Entspannungsinseln schaffen. Alles, was wir dazu brauchen: eine kleine Portion Stille.

Oftmals ist der Terminkalender so voll gepackt, dass uns schon beim Zusammenstellen aller Aufgaben schwindelig wird. Häufig überschätzen wir das Zeitbudget und bedenken nicht, dass es immer mal wieder zu Verzögerungen und Pannen kommen kann. Unterbrechungen, Gesprächslärm, E-Mails und Telefonklingeln: Da sehnt man sich an einen fernen weißen Sandstrand, an dem nur das beruhigende Rauschen der Wellen zu hören ist.

Nach Energiephasen entspannen

Doch auch ohne Hängematte, Palmen und Strand können wir Phasen der Entspannung und Erholung in unseren Alltag integrieren. „Auf eine Phase der Aktivität und Anspannung, in der wir viel Energie verbrauchen, muss eine Phase der Ruhe und Entspannung folgen, um den Energietank wieder aufzufüllen“, so Mentaltrainerin Sigrid Engelbrecht. Hier stellen wir Ihnen vier Entspannungsübungen der Expertin vor, mit denen wir uns kleine, aber feine Entspannungsinseln im Alltag schaffen können.

1. Entspannungsübung: Ausgleichende Pausen

Kurze Pausen unterstützen uns dabei, unsere Konzentration und Leistungsfähigkeit über längere Zeitspannen hinweg zu erhalten und Stress abzubauen. Ob eine Pause uns tatsächlich Erholung bringt, hängt davon ab, ob wir einen Ausgleich herstellen. Stellen Sie in Ihrer Pause also einen deutlichen Kontrast zu Ihrer vorherigen Arbeit her.

  • Wenn Sie lange gesprochen oder viel zugehört haben, suchen Sie die Stille.
  • Wenn Sie viel stillsitzen, bedeutet Bewegung für Ihren Körper eine Erholung.
  • Wenn Sie mit etwas Gleichförmigem, Schematischen beschäftigt waren, suchen Sie sich etwas, was Sie anregt und Ihnen neue Impulse gibt.
  • Wenn Sie bei Ihrer Arbeit viele verschiedene Reize in kurzer Zeit verarbeiten müssen, verbringen Sie die Pause mit reinem Nichtstun.

2. Entspannungsübung: Absolute Stille

Gönnen Sie sich mindestens zehn Minuten tatsächlicher Stille. Dies bedeutet: Es gibt keine Beschäftigung, die Sie ablenkt, keine Musik, keine Gespräche, kein Radio, kein Handy, keine Computer – generell keine Geräusche. Dies funktioniert sehr gut draußen in der Natur oder in einem abgeschiedenen Raum. Nach etwa zehn Minuten sind wir nicht mehr auf das gerichtet, was in unserer Umgebung gerade geschieht, sondern wir wenden uns mit unserer Aufmerksamkeit nach innen und werden ruhiger und gelassener.

3. Entspannungsübung: Eine-Minute-Meditation

Nehmen Sie sich fünfmal täglich eine Auszeit, die jeweils nur eine Minute andauert. Dabei tun Sie – gar nichts. Sie nehmen nur wahr, was gerade ist. Was Sie sehen, hören, fühlen, vielleicht auch riechen oder schmecken. Stellen Sie sich zuvor einen Timer auf eine Minute Dauer ein, so brauchen Sie sich innerlich nicht mit der Zeit zu beschäftigen und können sich ganz auf das Dasein und Wahrnehmen konzentrieren. Die Wirkung ist erstaunlich – und nimmt insgesamt nur ganze fünf Minuten Ihres Arbeitstages in Anspruch.

4. Entspannungsübung: Lieblingslandschaft

Setzen Sie sich in einen bequemen Sessel oder Stuhl und schließen Sie die Augen. Folgen Sie Ihrem Atem, spüren Sie, wie sich Brustkorb und Bauch beim Einatmen heben und beim Ausatmen wieder senken. Stellen Sie sich nun vor, dass Sie in eine Landschaft hineingehen, die Sie sehr mögen. Was nehmen Sie wahr? Wie sieht es dort aus? Gibt es Berge, Bäume, einen Wald? Ist es eine Ebene, die einen weiten Blick ermöglicht? Oder befinden Sie sich am Meer? Stellen Sie sich einzelne Elemente Ihrer Lieblingslandschaft genau vor. Wie ist das Licht? Das Wetter? Die Jahreszeit? Ist es Morgen, Mittag, Abend, Nacht?

Lassen Sie sich Zeit, bis sich entsprechende sinnliche Eindrücke vor Ihrem inneren Auge zeigen und genießen Sie, was Sie wahrnehmen. Wenn Sie ein Meer vor sich haben, sehen Sie, wie die Sonnenstrahlen auf dem Wasser tanzen, riechen Sie die salzige Luft und lauschen Sie den Rufen der Seevögel. Wenn Sie auf einem Berg stehen, genießen Sie den Blick in die Weite.

Lösen Sie sich dann langsam aus Ihrer Vorstellungswelt und bewahren Sie das Bild der Landschaft in dem Wissen, dass Sie jederzeit wieder eine mentale Reise dorthin machen können.

Probieren Sie es doch einfach mal aus. Auch wenn Sie gerade keinen Urlaub haben und am Strand entspannen – in Ihren Gedanken können Sie es jederzeit tun.

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