Tür- und Angelgespräch mit Andreas Brand„Ich komme nicht dazu, Konflikte unter den Kindern aufzuarbeiten“

Ein kurzer Austausch am Eingang: Wie war der Tag? Was gibt es Neues? Uns interessiert, wie es Ihnen geht und was Sie in der Kita beschäftigt.

„Ich komme nicht dazu, Konflikte unter den Kindern aufzuarbeiten“
© privat

Hallo Herr Brand, wie geht es Ihnen?

Im Moment gut. In der vergangenen Woche waren viele Kinder krank. Da hatte ich endlich mal Zeit, mit den übrigen Kindern zu spielen oder etwas zu basteln. Kommende Woche wird das wieder deutlich anders werden. Wir sind zwei Erzieher*innen für 19 Kinder, plus eine Fachkraft für ein 20. Kind mit besonderem Förderbedarf. Oft sind wir nur zu zweit.

Wie wirkt sich diese Situation auf Ihren Alltag aus?

Die meiste Zeit besteht aus Aufsicht. Das gemeinsame Weltentdecken oder auch altersgerechte Bildungsangebote kommen oft zu kurz. Somit langweilen sich Kinder, die ihrem Alter voraus sind, andere sind überfordert. Was mich am meisten schmerzt: Ich komme nicht dazu, Konflikte unter den Kindern aufzuarbeiten, damit sie ihre eigenen Lösungsstrategien entwickeln können. Es heißt immer, „die Gruppe muss laufen“. Gerade in Situationen, in denen es zu Streit kommt, wäre es aber wichtig, gemeinsam Ideen zu entwickeln, welche Reaktion besser wäre als die Faust im Gesicht des anderen. Gerade dann, wenn Kinder sich sprachlich noch nicht mitteilen können und sie daheim Gewalt erleben, kommt es auch in der Kita schnell zu körperlichen Auseinandersetzungen. 

Thematisieren Sie diese Gewalt in Gesprächen mit den Eltern?

Ja, aber einige Eltern sind immer noch der Meinung, dass ein Klaps auf den Po ihrem Kind nicht schadet, oder lassen es weinen, um das Kind nicht zu sehr zu verwöhnen. Jede Familie hat ihre eigene Art, mit Konflikten umzugehen. Kinderschutz ist deshalb ein großes Thema. Dieses Jahr ging es an unserem pädagogischen Tag im Team um Kinderschutz in der Einrichtung, insbesondere um das Thema „Gewalt an Kindern durch pädagogische Fachkräfte“.

Welche drei Maßnahmen oder Veränderungen wünschen Sie sich für Fachkräfte?

Erstens eine kindgerechte Fachkraft-Kind-Relation, die auch Vorbereitungs-, Urlaubs- und Krankheitszeiten berücksichtigt. Zweitens gut ausgebildete Fachleute, denn die Erzieher*innenausbildung lässt meiner Meinung nach wichtige Themen wie das Windelwechseln oder Konfliktelösen außer Acht, zumindest habe ich oft den Eindruck. Nicht zuletzt wünsche ich mir mehr Platz. Es hilft nichts, wenn viele Kinder und Fachkräfte in einem Raum sind, der unter der Empfehlung von 2,5 Quadratmetern pro Kita-Kind liegt, und selbst das ist viel zu klein. Kinder brauchen Rückzugsmöglichkeiten.

Die Fragen stellte Susanne Weiss, Redaktion kindergarten heute.

Andreas Brand arbeitet als Erzieher in einer Kindertagesstätte im Großraum Chemnitz (Sachsen). „Mir blutet das Herz, wenn ich in kindergarten heute Ideen und Inspirationen für den pädagogischen Alltag lese und dann in meinen Alltag blicke“, schrieb er an die Redaktion, worauf kindergarten heute nachgefragt hat.

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