Leserbriefe

Nicht aufgeben

Michaela Weinberger hat mir aus der Seele gesprochen (vgl. „Ich kleiner Zeh an Christi Leib“ in CIG Nr. 8, S. 5). Als pensionierte Religionslehrerin und Ehrenamtliche im Altenheim höre ich immer wieder, dass selbst gläubige Menschen mit der „Amtskirche“ nichts mehr zu tun haben wollen. Deshalb bin ich umso dankbarer, dass Frau Weinberger sagt: „Ich möchte nicht aufgeben!“ Ich hoffe auf viele Mitchristinnen und -christen, die genauso denken und mithelfen, die Kirche wieder zur lebendigen Nachfolgegemeinschaft Christi zu machen.

Jutta Wagner, Grabenstätt

Ergänzend möchte ich auf eine Passage aus einer Gottesdienstvorlage hinweisen: „Es war in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts eine brillante Intervention des Theologen Karl Rahners, als er einen bereits aufs Papier gebrachten Satz der Kirchenkonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils berichtigt hat. Dort hieß es ursprünglich: ‚Die Kirche ist das Licht der Völker.‘ Karl Rahner hat dies durchgestrichen und stattdessen richtiggestellt: ‚Christus ist das Licht der Völker.‘“

Benedikta Klinkhammer, Dahlem

Der religiöse Sinn

Die Empörung über kirchliches Fehlverhalten im Missbrauchsskandal ist berechtigt (vgl. „Verrat am Glauben“ in CIG Nr. 5, S. 3 und weitere Beiträge). Fatal wäre es allerdings, wenn damit zugleich die Wertschätzung von Religion als Kulturgut insgesamt verloren ginge. Schließlich ist sie – neben Philosophie und Wissenschaft – ein Grundpfeiler der abendländischen Kultur. Lange Zeit hat die Idee von der humanitas christiana unserem Selbst- und Weltverständnis Sinn und Orientierung gegeben. Und zurzeit scheint sich das Bedürfnis nach Orientierung in vielen Bereichen ja eher noch zu verstärken: Der Wissenschaft etwa wird bewusst, dass der technologische Fortschritt ohne eine humane Orientierung verheerende Folgen haben kann. Die Philosophie ist durch den lauter werdenden Ruf nach einer Revision unserer Lebensführung mit den großen Fragen der Anthropologie konfrontiert. Die Religion muss endlich zurückfinden zu der unabgegoltenen Frage des Menschen nach dem tragenden Sinngrund seines Daseins. Wissenschaft, Philosophie und Religion erschließen die Wirklichkeit auf je eigene Weise. Sie müssen ihr konkurrierendes Nebeneinander überwinden und zu einer koordinierten Vernünftigkeit zurückfinden. Daran mitzuwirken könnte ein gutes Motiv zum Verbleib in der Kirche sein.

Dr. Paul Fringes, Bad Sassendorf

Brennen für Gott

Die Überschrift auf der ersten Seite der CIG-Ausgabe Nr. 6 hat mich getroffen: „Brennen für Gott“. Das lässt mich an eine Stelle im Titus-Brief (2,14) denken, die ich immer mit Freude hörte, etwa in der Christmette. Gott bereitet sich ein Volk, „das darauf brennt, das Gute zu tun“, hieß es da. Seit geraumer Zeit wird diese Stelle leider anders zitiert. Jetzt wird gesagt, dass das Volk „mit Eifer danach strebt“. Da zucke ich innerlich zusammen. „Eifer“ hat für mich einen negativen Klang. Eiferer sind gefährlich, Diensteifer hat auch nichts mit Liebe zu tun. Und dass das Streben ebenfalls zweifelhaft ist, kennt man aus der Schule. Denjenigen, die für die „Modernisierung“ der Übersetzung verantwortlich sind, hätte ich mehr sprachliche Sensibilität gewünscht.

Maria Tschertner, München

Der Aufruf zur Heiligkeit

Im Zuge der Diskussion über eine mögliche Seligsprechung von Alfred Delp (vgl. CIG Nr. 6, S. 18) möchte ich ganz grundsätzlich fragen: Müssen Selige und Heilige wirklich vollkommene Menschen sein? Es gibt doch genügend Gegenbeispiele: Heilige, die große Konflikte mit der Kirche hatten. Genauso wie es Heiliggesprochene gibt, zu denen mit dem Wissen von heute keiner beten würde. Ich jedenfalls kann auch jetzt schon zu Alfred Delp beten. Er mag bisweilen laut gewesen sein. Aber entscheidend ist doch sein Lebensopfer, sein Gehorsam gegenüber seinem Provinzial Augustin Rösch, der ihn zum Kreisauer Kreis vermittelte, womit er auch zu einem Streiter für die Ökumene wurde... Genauso geht es mir übrigens mit einem anderen „Heiligen“, der für die Kirche unbequem war: Weihbischof Josef Maria Reuß (1906–1985), den ich in Mainz noch kennenlernen durfte und dem beim Konzil übel mitgespielt worden ist.

Helmut Bee, Bad Driburg

Über einen amerikanischen Freund, der als Promotor fidei, sozusagen als Kirchenanwalt, tätig ist, habe ich einen guten Einblick in solche Prozesse. Viele sind in der Durchführung und im Ergebnis zweifelhaft. Deshalb gilt für mich vor allem: Jeder Christ, ob Laie, Priester, Bischof oder Papst ist zur Heiligkeit berufen. Alles andere ist eigentlich unwichtig.

Hermann-Josef Bergner, Immenstadt im Allgäu


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