30 Jahre MauerfallDie christliche Revolution

Dreißig Jahre Mauerfall – heute streitet das Feuilleton darüber, wer denn nun die „friedlichen Revolutionäre“ in der DDR waren und wie viele „Wir“ (sind das Volk) das waren? Der Kollaps des Imperiums von Lenin, Stalin und ihren willigen Epigonen kam nicht über Nacht. Die großen und kleinen Schritte haben vor allem zahlreiche christliche Vorarbeiter getan.

Februar 1982 in Dresden. Vor dem Trümmerhaufen der Frauenkirche, der nach den Bombenabwürfen auf die Elbmetropole 1945 geblieben war, standen im Dunkel – schwer zählbar – Hunderte meist junge Leute. Die DDR-Regierung hatte die Überreste der Barockkirche offiziell zum Mahnmal gegen den Krieg erklärt. Die SED-Propaganda nutzte schamlos den NS-Jargon der letzten Kriegsmonate und schrieb Medien und Schulbüchern die Lesart vor, Dresden und damit auch die Frauenkirche seien „anglo-amerikanischen Terrorangriffen“ zum Opfer gefallen, eine gegen den Westen gerichtete Formel im „Kalten Krieg“. Jedes Jahr, am 13. und 14. Februar, gedachten Bürger von Dresden der schrecklichen Bombennächte, die eine grausame Antwort auf den von Nazi-Deutschland angezettelten Krieg waren. Als akkreditierter ZDF-Korrespondent hatte ich mit meinem Kamerateam vorschriftsgemäß dem DDR-Außenministerium die Reise für Dreharbeiten in Dresden angezeigt. Der Antrag, dort im Sinne des Friedens und der Völkerverständigung Interviews zu machen, war jedoch ohne Begründung abgelehnt worden.

Vorbilder aus Polen

Das Aufgebot der Volkspolizei war unübersehbar, hielt sich aber im Hintergrund. Als die jungen Demonstranten, viele von ihnen mit dem Abzeichen „Schwerter zu Pflugscharen“ am Parka, leise den Kanon „Dona nobis pacem“ zu singen begannen, kamen aus dem Dunkel plötzlich zivile Greiftrupps und führten einzelne Personen ab. Einer der Stasi-Leute forderte meinen Kameramann und mich auf, die Dreharbeiten einzustellen. Wir sollten uns sofort vom Platz vor der Ruine entfernen. Also gingen wir mit vielen anderen jungen Leuten den knappen Kilometer Richtung Kreuzkirche. Sie zeigten uns ein Flugblatt, in dem zu diesem Treffen an der Frauenkirch-Ruine aufgerufen worden war.

Sehr viel später habe ich erfahren, dass eine knapp achtzehnjährige Frau, Johanna Ebischbach, angeregt durch Vorbilder aus Polen, wie sie schrieb, die Flugblattaktion gestartet hatte und noch vor dem Gedenkabend von der Staatssicherheit verhaftet worden war. „Vorbilder aus Polen“ waren für Johanna Ebischbach Hunderttausende Mitglieder der ersten freien Gewerkschaft im kommunistischen Machtbereich, der „Solidarność“ – Solidarität. Sicher standen die jungen Demonstranten von Dresden unter dem beängstigenden Eindruck, dass die polnischen Kommunisten gerade acht Wochen zuvor diese größte Freiheitsbewegung gegen die rote Diktatur seit Lenin verboten und unter Kriegsrecht gestellt hatten. In diesen Tagen für Frieden und Versöhnung und gegen Bewaffnung einzutreten, war in der DDR, dem Nachbarn Polens, mehr als eine Mutprobe.

Parallel zu der „illegalen“ Gedenkdemonstration an der Frauenkirch-Ruine hatten Jugendpfarrer Harald Bretschneider und Superintendent Christoph Ziemer von der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens zu einem „Forum Frieden“ eingeladen, um Johanna Ebischbach und den Aktivisten der nicht genehmigten Demo offiziellen kirchlichen Schutz zu gewähren. Drehen konnten wir die Dresdner Kundgebung nicht. Die Veranstalter baten uns sehr herzlich, die Kamera nicht in die Kirche zu bringen. Es hatte Drohungen der Staatssicherheit gegeben, die Versammlung sofort aufzulösen, wenn wir filmen würden. Berichtet habe ich draußen vor der Kirchentür dennoch, leider ohne Bilder und Originaltöne.

Wehrkunde zum „Friedenstag“

In der Kreuzkirche mit ihren 3000 Sitzplätzen drängten sich bis zu 5000 Menschen, während Superintendent Christoph Ziemer eine Predigt für Frieden und gegen die Angst vor einem Krieg hielt. Aber er wollte seinen Zuhörern auch die Furcht nehmen, in ihrem christlich motivierten Engagement vom Staat „missverstanden“ zu werden. Dieser Mahn-Gottesdienst wurde zur ersten kirchlichen Manifestation für einen anderen Frieden als den, den die SED propagierte. Die Einheitspartei hatte die durch und durch militarisierte DDR zum „ersten Friedensstaat auf deutschem Boden“ ernannt. Doch ausgerechnet am 1. September 1978, der in der DDR als „Weltfriedenstag“ begangen wurde, war in den Polytechnischen Oberschulen der Wehrkundeunterricht obligatorisch eingeführt worden. Die Schüler wurden fortan nach dem Freund-Feind-Schema indoktriniert. Die Welt war in sozialistisch, das hieß gut, und kapitalistisch-imperialistisch, das bedeutete böse, eingeteilt. Auch als Reaktion darauf entwickelte sich in der evangelischen Kirche und in deren Umfeld nach Dresden 1982 eine Gegenbewegung, die deutlich machte, dass es zwischen angeblich dem Frieden dienenden Waffen Ost und sogenannten kriegstreibenden Waffen West tatsächlich keinen Unterschied gebe, dass in der DDR stationierte sowjetische SS-20-Raketen ebenso ein atomares Inferno anrichten könnten wie amerikanische Pershing-Raketen von Abschussrampen der Bundesrepublik aus.

Diese radikale Bewegung war auch ein Gegenentwurf zu dem verbreiteten Kompromiss führender Protestanten, der „Kirche im Sozialismus“ hieß, der die Existenz von Kirche in der Diktatur sichern sollte und allzu oft als „sozialistische Kirche“ (miss)verstanden wurde. Hier in Dresden begann der lange Marsch aktiver Christen – beider Konfessionen – nicht durch die parteilichen Institutionen sondern gegen sie. Er mündete später in die Montagsdemonstrationen, die stets nach einem Montagsgebet von einer Kirche ihren Anfang nahmen, christlich inspiriert, aber auch von zahlreichen Nichtchristen unterstützt und weitergetragen wurden.

Die Friedensarbeit der ostdeutschen Christen hatte überkonfessionell schon in den sechziger Jahren begonnen. Damals gründete Lothar Kreyssig, Synodalpräses der Kirchenprovinz Sachsen, in Magdeburg die „Aktion Sühnezeichen – Friedensdienste“. Dem evangelischen Christen Kreyssig schloss sich der Katholik Günter Särchen an. 1964 wollten beide zu einer ersten Pilgerfahrt nach Polen aufbrechen. Doch der SED-Staat verweigerte solchem Bußgang die Reisegenehmigung. Als normale Touristen getarnt, besuchten sie mit einigen Freiwilligen ein Jahr später Polen, fuhren nach Auschwitz und Majdanek und leisteten dort Versöhnungsarbeit.

Bei einem Treffen evangelischer Kirchenführer begrüßte SED-Chef Erich Honecker im März 1978 „das gemeinsame Engagement für die humanitäre Sache der Erhaltung und Sicherung des Friedens“. Die Kirche kommentierte das Ergebnis des Spitzengesprächs, das eine gewisse Entspannung brachte, mit der Kurzformel: „Das Verhältnis von Staat und Kirche ist so gut, wie es der einzelne Christ in seiner gesellschaftlichen Situation vor Ort erlebt.“ Folgt man diesem Satz, so war die Beziehung von Staat und Kirche in der DDR nie befriedigend, fast immer gespannt und stets von gegenseitigem Misstrauen geprägt. Aktive Christen blieben weiterhin unter Beobachtung und „Bearbeitung“ durch die Staatssicherheit.

Listig gedruckte Stoffbilder

Einheitliches Kennzeichen der christlichen Friedensbewegung wurde die auf Stoff gedruckte Forderung des alttestamentarischen Propheten Micha, „Schwerter zu Pflugscharen und Spieße zu Sicheln“ zu machen, also aus Waffen produktives Werkzeug zu schmieden. Und Micha leitete daraus die Hoffnung ab: „Dann wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ Gerade das war für SED-Jugendfunktionäre unerträglich, denn sie sollten Schüler und Studenten während der vormilitärischen Ausbildung das Schießen und Zielwerfen von Handgranaten lehren. Dabei stellten sich für viele Jugendliche Fragen: Wie passen Atomstreitmacht, Hochrüstung, Militär an der verminten Grenze mit dem hohen Anspruch eines „Friedensstaates“ zusammen? Doch sie hatten gelernt, dass es gefährlich war, solche Fragen in Schule oder Universität zu stellen. So griffen viele Jugendliche, nicht nur Christen, zu dem Minitransparent „Schwerter zu Pflugscharen“.

Harald Bretschneider, evangelischer Landesjugendpfarrer in Dresden, hatte diese Abzeichen listig auf Stoff drucken lassen. Für Papier hätte er eine staatliche Druckerlaubnis einholen müssen. „Das aber galt als Textiloberflächenveredelung und bedurfte keiner Genehmigung“, erinnert sich Bretschneider. Die Stoffbilder zeigen den Prophetenspruch und eine Bronzeskulptur des sowjetischen Bildhauers Wutschetitsch. Dieses Standbild steht seit den fünfziger Jahren vor dem UNO-Hauptquartier in New York als Geschenk der „friedliebenden Sowjetunion“. Ein Muskelmann, der ein Schwert zu einem Pflug schmiedet. In zahlreichen Jugendbüchern der DDR war ein Foto des Heros, es war also „unangreifbar“: Die runden Stoffabzeichen hefteten sich Tausende junge Leute an ihre Anoraks oder Parkas. Die SED reagierte sofort und verbot dieses Bekenntnis zur allgemeinen Abrüstung als „westlichen Import eines undifferenzierten Pazifismus“. Wachsam eifernde Genossen und Volkspolizei forderten Träger des Abzeichens auf, den Aufnäher zu entfernen. Da wurden Pädagogen zu Polizisten, manche schnitten den Schülern oder Studenten den Sticker aus der Jacke. Also liefen viele junge Leute mit einem runden Loch im Ärmel herum, und jeder wusste, was das bedeutete. Das rigorose Verbot wurde zum Bumerang für den SED-Staat. Denn es mobilisierte auch zahlreiche kirchenferne Jugendliche und löste unter Erwachsenen Empörung aus.

Der Schmied im Lutherhof

Pfarrer Friedrich Schorlemmer setzte 1983 die Aktion „Schwerter zu Pflugscharen“ mit einem echten Schmied fort. Während des Evangelischen Kirchentags in Wittenberg versammelten sich mehr als zweitausend junge Christen in der Mitte des Lutherhofes. Dort stand ein Amboss und der Kunstschmied Stefan Nau hämmerte ein Schwert zu einer Pflugschar um (siehe Bild auf Seite 501). Die jungen Friedensaktivisten sangen dazu: „Ein jeder braucht sein Brot, sein’ Wein, / und Frieden ohne Furcht soll sein. / Pflugscharen schmelzt aus Gewehren und Kanonen, / dass wir in Frieden beisammen wohnen.“

Wir haben das in „Kennzeichen D“ des ZDF gesendet und es damit republikweit bekannt gemacht. Das Abzeichen wurde zum Ärger der SED sogar erfolgreich in die Friedensbewegung West exportiert. Der Kunstschmied Stefan Nau aber bekam die Folgen seiner Tat durch die Stasi zu spüren. Sein kleiner Betrieb war in kurzer Zeit ohne Aufträge pleite. In einem jahrelangen Gezerre mit den Behörden erreichte er mit seiner Familie die Ausreise in die Bundesrepublik.

Die Verdienste evangelischer Christen auf dem Weg zur „friedlichen Revolution“ sind unübersehbar. Die evangelische Kirche hat die herausragende Rolle beim Zusammenbruch des Sozialismus gespielt. Sie hat sich der Gesellschaft geöffnet und bot Protestanten und vor allem Protestierern unter ihrem Dach Schutz. Weil nicht nur Christen den Raum der Kirche suchten, wurden die Gotteshäuser zum Ende der DDR so voll wie nie. Die Kirche hat den lange Zeit stillen Protest der Menschen verstärkt und sich vor die Bedrängten gestellt. Dennoch scheint es übertrieben, von einer „protestantischen Revolution“ zu sprechen. Die Kirchen waren bald nach dem Mauerfall wieder leer. Die Menschen brauchten den Freiraum Kirche nicht mehr.

Katholiken lebten im religiös lutherisch, ideologisch kommunistisch geprägten Osten Deutschlands in einer doppelten Diaspora, kirchlich und auch staatlich. In ihren kleinen Gemeinden, die meistens erst durch die Flüchtlingswelle nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs entstanden waren, verhielten sie sich nach außen still. Die ganz überwiegend „zugereiste“ Minderheit verfügte nicht über die flächendeckenden Strukturen der evangelischen Landeskirchen. Sie nannten klug eine andere Rangordnung. Weil die Bischöfe das sozialistische System offen ablehnten, vermieden sie jeden Verdacht einer Zusammenarbeit mit dem SED-Staat. In Auseinandersetzungen mit der Partei verwiesen die Pfarrer auf den Bischof, die Bischöfe erklärten, sie müssten vor einer Stellungnahme erst in Rom – beim „Chef“ – nachfragen. Dass nicht unten vor Ort, sondern ganz oben von der „Nummer eins“, wie vom Generalsekretär der Partei, entschieden wurde, war Funktionären plausibel und bekannt.

Das Eichsfeld im Norden von Thüringen war im SED-Staat und Lutherland die katholische Ausnahme. Große Kruzifixe am Wegesrand oder Madonnen am Eingang von Häusern standen Transparenten mit SED-Parolen gegenüber. Aktive Katholiken verweigerten mehrheitlich die Teilnahme an sozialistischen Bekenntnissen wie Jugendweihe oder Mitgliedschaft in der SED. Jeden Sonntag eine Stunde Auszeit vom realsozialistischen Alltag und „Sitzstreik“ gegen das Regime, diese Haltung war riskant und daher hochpolitisch.

Seit den fünfziger Jahren hatten die Kommunisten mit einem eigenen „Eichsfeldplan“ versucht, die katholische Tradition in den Dörfern aufzubrechen. Gezielt wurden Industriebetriebe, zum Beispiel zur Textilproduktion, gegründet. Dazu wurden planmäßig kirchenferne Arbeiter aus anderen Bezirken der DDR angesiedelt. „Man wollte aus diesem widerspenstigen katholischen Milieu ein staatsloyales Industrieproletariat formen.“ Das gelang nur bei den neuen Großbetrieben.

Rosenkranzkommunismus

In seinem Buch mit dem kessen Titel „Rosenkranzkommunismus – Die SED-Diktatur und das katholische Milieu im Eichsfeld 1945–1989“, gerade erschienen im Berliner Christoph-Links-Verlag, hat der Autor Christian Stöber das Kräfteverhältnis Staat – Kirche bilanziert: „Trotz der administrativen Vormachtstellung blieb die SED sowohl innerparteilich als auch herrschaftspolitisch hinter ihren Ansprüchen und Vorstellungen zurück.“ Die katholische Widersetzlichkeit zeigt Stöber bei einer staatlichen Veranstaltung mit dem Titel „Darf man in der DDR seine Meinung frei äußern“? Merkwürdigerweise, so der Parteibericht, habe sich niemand in dieser Versammlung zu Wort gemeldet. Die „starke Stellung der katholischen Kirche konnte nicht durchbrochen werden“, so Stöger. Der Staat musste die katholische Mehrheit im Eichsfeld ertragen. Palmsonntag 1970 war dafür ein gutes Beispiel. Am Vormittag nahmen die Gläubigen an der Prozession in Heiligenstadt teil, danach gingen die meisten von ihnen zur Einheitswahl. Dass die hohe Wahlbeteiligung ein Bekenntnis zum Staat gewesen sei, nennt Stöger einen „fatalen Trugschluss“ der SED. Es habe sich eher um ein „strategisches Arrangement“ der Katholiken gehandelt. Eine Koalition von Rosenkranz und Kommunismus war das nicht.

Der Fotoreporter Uwe Gerig, damals SED-Genosse, berichtete 1979 für die DDR-Zeitschrift „Neue Berliner Illustrierte“. Er erinnert sich: „Am Palmsonntag fotografierte ich in Heiligenstadt die Prozession der Katholiken. Tausende Gläubige, unter ihnen sehr viele jüngere Menschen, zogen singend und betend langsam durch die Stadt. Das war eine beeindruckende Machtdemonstration, die ich in dieser Form bisher in der DDR noch nicht erlebt hatte. Im Eichsfeld waren solche Kirchendemonstrationen ein Ritual, an dem die angeblich allmächtige Partei nicht mehr zu rütteln versuchte. In der SED-Kreisleitung hatten mir die Genossen ganz offen erklärt, die ‚Schwarzen‘ machten hier, was sie wollten, sie tanzten der Partei auf der Nase herum.“ Auf Gerigs Fotos tragen Männer ein großes Kruzifix und eine Statue des leidenden Christus. Viele Ministranten und Priester ziehen an dem Transparent „In bewährter Einheit von Partei und Volk weiter voran auf dem Kurs des X. Parteitages der SED“ vorbei. Die propagierte „Einheit von Partei und Volk“ hat der Eichsfelder Priester Heinz Josef Kockelmann so beschrieben: „Der weltanschauliche Druck auf die Gläubigen war nicht gleichbleibend, sondern schwankte je nach der ‚Großwetterlage‘. Aber es war immer eine Mischung aus Indoktrination, Einschüchterung und Repressalien.“

Pilgerfahrt nach Polen

Die Wahl des Polen Karol Wojtyła zum Papst stärkte das Selbstbewusstsein der Katholiken in der DDR. Er war, wie der Erfurter Bischof Joachim Wanke sagte, „einer von uns“. Georg Sterzinsky, damals Pfarrer im thüringischen Jena, später Kardinal in Berlin, hat 1979 katholische Pilger auch aus dem Eichsfeld zu dem historischen Papstbesuch nach Krakau begleitet: „Viele aus den Gemeinden sagten: ‚Koste es, was es wolle, wir fahren rüber‘. Alle waren ganz begeistert und erzählten, was sie gesehen hatten. Über zwei Millionen Pilger aus den Ländern des Ostens, auch aus der DDR. Das war wie ein Siegeszug, als ob einer als Befreier heimkehrt. Unsere Katholiken konnten ja kein Polnisch. Sie haben fast nichts verstanden von dem, was er gesagt hat, aber die Leute kehrten ermutigt wieder heim.“

Junge Katholiken, die auch im Eichsfeld zur Jugendweihe genötigt wurden, lehnten das kommunistische Idol Ernst Thälmann ab. Sie bekannten sich zu Marcel Callo, einem jungen Franzosen, der von den Nazis als Zwangsarbeiter in das Außen-KZ Zella-Mehlis deportiert worden war. Dort hatte sich Callo um seine Leidensgefährten gekümmert, mit ihnen gebetet und sie als Krankenpfleger zu trösten versucht. Die SS brachte den 23-Jährigen ins KZ Mauthausen, wo Marcel Callo an den Folgen von Unterernährung und Misshandlungen im März 1945 starb. Das Gedenken an ihn duldete die Partei, denn in der Diktion der SED galt er als „Antifaschist“. Die Kirche, resümiert Autor Stöger, „leitete eine wirksame Gegenoffensive in der Jugendarbeit, Erwachsenenbildung und Seelsorge ein“. Und der Klerus übernahm eine „Schutzfunktion für bedrängte Katholiken“, bot ihnen „entscheidend Rückhalt“.

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