Gedenkkreuze für Stalins Opfer – entfernt

Im Wald von Kurapaty nahe Minsk sind bei einer von der Regierung angeordneten Säuberung alle siebzig Holzkreuze entfernt worden, die dort an die Opfer der stalinistischen Verbrechen erinnerten. Der autokratisch-diktatorisch herrschende Staatspräsident Alexander Lukaschenko soll vor der Aktion angekündigt haben: „Wir werden Kurapaty aufräumen, egal ob es jemand mag oder nicht.“ Über das brutale Vorgehen mit Baggern, noch dazu am letzten Tag der orthodoxen Fastenwoche für das Kreuz, gibt es in Weißrussland eine heftige Debatte und zahlreiche Proteste. Ein Oppositionspolitiker sprach von Blasphemie.

In Kurapaty waren von 1937 bis 1941 vom Geheimdienst „Volkskommissariat für innere Angelegenheiten“ (NKWD) zehntausende Menschen ermordet worden, möglicherweise bis zu 250 000. Die sowjetischen Behörden vertuschten das jahrzehntelang. Erst in der Zeit von „Glasnost“ und „Perestroika“ kam die Wahrheit ans Licht. In den späten achtziger Jahren wurden mehr als 500 Massengräber entdeckt. 1988 kamen zehntausende Menschen nach Kurapaty, um der Opfer zu gedenken. Damals wurden im Wald erste Kreuze errichtet, etliche waren mehr als fünf Meter hoch. Zeitweise wurde das Gedenken an Kurapaty von der weißrussischen Nationalbewegung, insbesondere der Bewegung „Wiedergeburt“, für eigene Zwecke vereinnahmt, obwohl unter den Opfern des Stalinismus nicht nur Weißrussen, sondern auch Polen, Russen, Juden und Litauer waren. Schon einmal – 2001 – waren viele Kreuze zerstört worden.

Lukaschenko ist grundsätzlich gegen eine Gedenkstätte an dem Ort. Er plant angeblich bloß ein bescheidenes Denkmal. Gegen die Entfernung hielten etwa 200 Personen eine Mahnwache. Mehrere wurden von der Polizei festgenommen, weil sie die Arbeiter der Forstverwaltung behinderten. Orthodoxe Priester beteten demonstrativ mit Gläubigen am Ort des Geschehens. Der Schriftstellerverband PEN, Menschenrechtsorganisationen und der unabhängige Journalistenverband sprachen in einer gemeinsamen Erklärung von einem „Akt des Vandalismus“ und verlangten, die Kreuze zurückzubringen. Die Literatur-Nobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch protestierte ebenfalls. Der katholische Erzbischof Tadeusz Kondrusiewicz von Minsk sagte: „Das Kreuz ist ein Symbol der unendlichen Liebe Gottes für die Menschheit.“

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